Leg dein Herz in meine Haende
zu sehen, der sich in seinen Augen spiegelte. Sie hatte ihn noch nie so aufgebracht erlebt, und das erschreckte sie.
»Verstehst du jetzt, warum ich so verblüfft war, als du sagtest, Rebecca hätte dir genaue Einzelheiten genannt?«
»Ach, Grace«, brummte er und versuchte, seinen Ärger zu bezähmen.
»Daniel...«
Unwirsch schnitt er ihr das Wort ab. »Sag mir, woher du weißt, dass Jessica in der Bank war«, verlangte er.
»Sie bat mich, auf Caleb aufzupassen«, erklärte sie. »Sie hatte ihn etwas früher an jenem Nachmittag mitgenommen, als sie zur Bank ging, und danach war er schlecht gelaunt und müde. Sie brachte ihn zu seinem Mittagsschlaf ins Bett und ging dann noch einmal hin.«
»Warum?«
»Sie hatte das Konto ihrer Tante schließen wollen, aber beim ersten Mal die Unterzeichneten Papiere in der Küche liegen lassen. Deshalb ging sie noch einmal zurück.«
»Und dann?«
»Es war schrecklich«, flüsterte Grace. »Sie war den ganzen Weg gerannt, und als sie durch die Küchentür hereinkam, fing sie an, sich zu erbrechen. Sie war vollkommen durcheinander und verwirrt«, erklärte sie. »Ich versuchte, sie zu beruhigen, aber sie war völlig außer sich vor Angst. Deshalb brachte ich sie ins Bett und bin bei ihr geblieben, bis Caleb aufwachte.«
»War Tilly auch da?«
»Nein. Sie hatte wegen irgendwelcher Besorgungen das Haus verlassen. Ich sagte ihr, Jessica habe sich mit der Grippe angesteckt und müsse für ein paar Tage das Bett hüten.«
Eine Träne rollte über ihre Wange, die sie ungeduldig abwischte. »Für den Rest des Tages kümmerte ich mich um Caleb, und als ich ihn abends hinaufbrachte, um ihn ins Bett zu bringen, sah ich, dass Jessica ihre Sachen packte. Sie wollte Rockford Falls noch in derselben Nacht verlassen, aber es gelang mir, sie zum Bleiben zu überreden.«
»Hat sie dir erzählt, was in der Bank geschah?«
»Ja. Als Caleb eingeschlafen war, gingen wir auf die Veranda, und dort erzählte sie mir alles - bis auf die Namen der Täter.«
Daniel konnte seinen Zorn nicht mehr beherrschen. »Soll das etwa heißen, dass sie ihre Namen kennt?«
Grace umklammerte ihre Hände. Sie wusste, dass es falsch
gewesen war zu schweigen, dass sie ihre Schuld durch die Behauptung, sie sei die Zeugin, nur noch vergrößert hatte. Daniel würde ihr nie verzeihen. Er hätte sie jetzt verhaften und ins Gefängnis sperren können, aber sie glaubte nicht, dass das schlimmer gewesen wäre als die Gewissensbisse, die sie quälten.
»Sie hörte, wie der Anführer der Bande einige der anderen mit ihren Namen ansprach. Sie hat aber nicht alle gesehen ... oder alle Namen gehört.«
»Warum, in Gottes Namen, hat sie uns nichts davon erzählt?«
Grace schüttelte den Kopf. »Sie konnte niemandem vertrauen.«
»Aber dir hat sie sich anvertraut.«
»Ja, das stimmt. Ich weiß allerdings nicht, ob sie es getan hätte, wenn ich nicht in der Küche gewesen wäre, als sie zurückkam. Sie war außer sich vor Panik, und der einzige klare Gedanke, den sie fassen konnte, war, dass sie ihren Sohn beschützen musste. Kannst du ihr das verdenken? Ich hätte nicht anders gehandelt, wenn ich an ihrer Stelle gewesen wäre.«
Daniel nickte, weil er es verstand. »Und was geschah dann?«
»Jessica war sicher, dass die Behörden ... dass ihr die Männer fassen würdet und keine Zeugin brauchen würdet. Sie klammerte sich mit aller Kraft an diese Hoffnung.«
»Als sie die Stadt verlassen wollte - hast du ihr da vorgeschlagen, dich nach Denver zu begleiten?«
»Ja.«
»Wann fiel ihr ein, dass sie ihr Retikül vergessen hatte?«
»Erst als wir hörten, dass eine solche Tasche in der Bank gefunden worden war.«
»Warum war der Beutel leer?« »Als die Banditen hereinkamen, versteckte Jessica das Geld in ihrem Mieder. Sie hatte Angst, sie würden es ihr abnehmen. Sie wusste nicht, dass sie die Leute ...«
»... töten würden?«
»Ja.«
Daniel schloss für einen Moment die Augen. »Wenn Jessica ihre Tasche nicht vergessen hätte, hätten Cole und ich nie erfahren, dass es eine Augenzeugin gab.«
»Ich weiß nicht, ob sie sich irgendwann gemeldet hätte oder nicht«, murmelte Grace. »Es war allerdings nicht ihre Tasche, sondern meine. Sie hatte sie sich ausgeliehen, um das Geld darin aufzubewahren.«
»Es war deine Tasche?« Er verstand nicht, warum ihn dieses unwichtige Detail so wütend stimmte. »Herrgott, Grace, ist dir eigentlich klar, wie sehr ihr beide von Anfang an unsere Ermittlungen behindert habt?
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