Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Leg dein Herz in meine Haende

Titel: Leg dein Herz in meine Haende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Garwood
Vom Netzwerk:
der ruhelos vor dem Fenster auf und ab ging. Sie wusste nicht, was sie ihm sagen sollte, und das Einzige, was ihr jetzt einfiel, war, dass sie nicht vor ihm weinen durfte, weil sie wusste, dass es ihn verärgert hätte.
    Beide sagten lange Zeit nichts. Dann brach Grace das Schweigen. »Geben Sie sich die Schuld daran?«
    »Ja.«
    »Warum?«
    »Weil ich nicht da war, um sie zu beschützen«, murmelte er.
    »Ich verstehe.«
    »Sie widersprechen nicht?«
    Sie nahm das feuchte Tuch aus der Wasserschüssel, wrang es aus und legte es sanft auf Coopers Stirn.
    »Was könnte ich schon dazu sagen, Daniel? Sie haben doch längst beschlossen, dass es Ihre Schuld war, und sich verurteilt, weil Sie es nicht verhindern konnten. So ist es doch, nicht wahr?«
    »Ich war nicht einmal in der Stadt, als es geschah.«
    »Sie waren bei Ihrer Arbeit?«
    »Ja.«
    »Aber angenommen, Sie wären in der Stadt gewesen -hätten Sie dann Ihre Frau zur Bank begleitet? Hätten Sie das getan, Daniel?«
    »Ich weiß es nicht. Ich will nicht darüber reden.«
    Er setzte sich in einen Sessel auf der anderen Seite des Bettes. »Ich hätte bei ihr sein sollen, aber ich war es nicht. So einfach ist das.«
    »Sind Sie immer mit Ihrer Frau zur Bank gegangen?«
    Er schüttelte den Kopf. »Nein.«
    »Haben Sie andere Dinge für sie erledigt?«
    »Was zum Beispiel?«
    Sie zuckte die Schultern. »Wie die Einkäufe im Warenhaus oder ...«
    Er unterbrach sie ungeduldig. »Nein, natürlich nicht. Kathleen hat die Einkäufe erledigt.«
    »Ich verstehe.«
    »Was verstehen Sie, Grace? Erklären Sie es mir doch bitte.«
    Sie ignorierte seinen schroffen Ton. »Wenn Ihre Frau und Ihre Tochter getötet worden wären, während sie einkauften oder über die Straße gingen, würden Sie sich auch die Schuld daran geben. Und ich glaube, ich kenne auch den Grund dafür. Es ist, weil Sie ein Hüter des Gesetzes sind und es Ihre Pflicht ist, unschuldige Menschen zu beschützen.«
    »Ja. Ich hätte es verhindern müssen.«
    »Indem Sie Tag und Nacht bei Ihrer Familie blieben und sie keine Minute aus den Augen ließen?«
    »Das habe ich nicht gesagt.«
    »Doch, das haben Sie.«
    Er senkte den Kopf. Seine Augen brannten, und er strich mit einer Hand darüber. Dann beugte er sich zu der Lampe vor und drehte ihren Docht herunter. Das orangefarbene Licht der Flamme irritierte ihn. »Sie brauchen nicht so viel Licht, nicht wahr?«
    »Nein.«
    Sie streichelte Coopers Stirn, während sie über das Gesagte nachdachte. Sie hatte sich noch immer nicht ganz von dem Schock erholt, dass seine Angehörigen ermordet worden waren.
    »Es überrascht mich, dass Sie Ihren Marshalstern nicht zurückgegeben haben«, bemerkte sie schließlich. »Oder sich nicht zu Tode getrunken haben, als Ihre Frau gestorben ist. Viele Männern hätten das getan.«
    »Ich nicht. Ich wäre gern gestorben, dachte aber, dass es viel zu lange dauern würde, wenn ich versuchte, mich zu Tode zu trinken. Eines Nachts stand ich auf, nahm meine Waffe und hielt sie an die Schläfe ...«
    »Hören Sie auf! Ich will es nicht hören.«
    Er begriff nicht, dass es ihr das Herz brach, zu hören, dass er versucht hatte, sich das Leben zu nehmen. Er wusste nicht, wie viel er ihr bedeutete. Wie konnte er auch? Schließlich hatte sie sich immer kühl und distanziert gegeben, seit sie sich begegnet waren. Damen zeigten ihre wahren Emotionen nicht. Es galt als unschicklich, sich Zorn, Leidenschaft oder Freude anmerken zu lassen. Grace hatte gute Lehrmeister gehabt, und es gab Momente, in denen sie selbst nicht wusste, was sie wirklich fühlte.
    »Wie Sie sehen, hatte ich nicht den Mut, mich umzubringen«, sagte er trocken. »Denn immerhin bin ich noch hier, nicht wahr?«
    »Mut hat nichts damit zu tun«, erwiderte sie brüsk. »Selbstmord ist ein feiger Ausweg. Es erfordert Mut, zu leben.«
    »Mag sein«, räumte er ein. »Ich dachte sogar daran, Cole so in Rage zu versetzen, dass er mich erschießt, aber das war, bevor ich all die Geschichten über ihn hörte. Er ist viel moralischer als ich.«
    »Sheriff Sloan sagte mir, Cole hätte in Abilene auf eine Frau geschossen. Ist das wahr?«
    »Es war nur ein Streifschuss«, erwiderte Daniel kurz.
    Grace schaute ihn aus großen Augen an.
    »Es war die einzige Möglichkeit, den Mann zu treffen, der sie umbringen wollte«, sagte er.
    »Dann war es also unumgänglich?«
    »Ja.«
    »Daniel, denken Sie noch oft... daran?«
    Er wusste, was sie meinte. »Nein. Ich denke überhaupt nicht mehr daran.

Weitere Kostenlose Bücher