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Leg los alter Sack

Leg los alter Sack

Titel: Leg los alter Sack Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kester Schlenz
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war in dem Ort Gemünd – ist mir auf dieser Tour ganz besonders im Gedächtnis geblieben. Ich saß mit meiner Frau in einem Restaurant, und wir konnten auf den Parkplatz eines Hotels hinabblicken. Dort kam gerade ein Reisebus an, gefüllt mit Rentnern. Er hielt etwa zehn Meter vor dem Eingang, und dann geschah nichts, niemand stieg aus. Wundersam! Aber immerhin bewegte sich drinnen etwas. Die freundlichen alten Leute waren alle dabei, aus den Gepäckfächern ihr Zeug runterzuholen, wuselten rum,
wühlten in ihren Koffern, durften aber offensichtlich noch nicht aussteigen.

    Dann öffnete sich die Tür, und der Beifahrer, vermutlich der Reiseleiter, stieg aus. Aus dem Hotel kam ein Mann herbeigeeilt, ganz offenbar der Hotelbesitzer, umarmte den Beifahrer, es wurde diskutiert und gestikuliert, und beide freuten sich. Die alten Leute blieben brav sitzen. Der Hotelbesitzer stieg dann mit dem Reiseleiter in den Bus, sie stellten sich vorne neben den Fahrer, der gab dem Hotelbesitzer ein Mikro, und der hielt ganz offenbar eine Willkommensansprache, nach der die Rentner auch brav klatschten.
    Immer noch stieg niemand aus. Im Bus mussten jetzt etwa 40 Grad sein.

    Dann eilte ein Hotelbediensteter mit einem großen Korb herbei, in dem die Zimmerschlüssel der armen Alten lagen. Die wurden dann im Bus vom Hotelbesitzer und dem Reiseleiter an die alten Menschen verteilt, die es sich erneut auf ihren Plätzen »gemütlich machten«. Immer noch stieg niemand aus. Es wurde immer bizarrer. Das Personal des Hotels hatte ganz offensichtlich keine Lust, dass sich die alten Leute in der Lobby herumdrängelten oder vielleicht auch mal ausbüxten. Also mussten sie wie in einem Gefangenentransport im Bus sitzen bleiben und warten, bis alle ihren Zimmerschlüssel hatten, und erst dann öffneten sich die Türen, die Rentner stiegen aus, bildeten einen Halbkreis, warteten brav, bis der Busfahrer ihr Gepäck ausgeladen und verteilt hatte, und gingen erst dann in Richtung Hotellobby. Ein wirklich sonderbarer, mich nachdenklich stimmender Anblick. Ich beschloss, niemals im Leben so eine Bustour zu machen, wo schon allein die Ankunft in einem Hotel brutaler Freiheitsberaubung gleichkommt.
    Ein Wort noch zur Eifel. Es ist schon ganz nett da, es gibt wunderbare malerische Örtchen und schöne Natur. Insgesamt hat aber die Eifel, so wie wir sie erlebt haben, etwas Verknorztes, Verdruckstes. In den Städten ging nicht so richtig der Bär ab, holzgetäfelte Restaurants, Gelsenkirchener Barock, Schwarzwälder Kirsch und überaus reichhaltige Verpflegung à la: »Käseschnitzel mit Sauce béarnaise und Pommes frites«, einer Kalorien- und Fettbombe, die unsere gesamte Familie etwa vier Wochen hätte ernähren können.

    Trotzdem kann ich diesen Wildnistrail durch den Nationalpark Eifel allen alten Säcken empfehlen, denn es hat einfach total Spaß gemacht, ohne großes Gepäck durch diese Landschaft zu wandern.
    Es fordert, aber überfordert nicht. Und das ist ja – sacktechnisch gesehen – genau das Richtige für uns.
    Und manchmal, wenn wir Gäste haben, hole ich meine Urkunde aus dem Schreibtisch, zeige sie allen und sage: »Schaut mal, Leute, da haben Gesa und ich dieses Überlebenstraining gemacht, wir beide nur mit leichtem Gepäck allein zu Fuß durch die Wildnis. Das war schon hart, aber hinterher ist man ja doch stolz.«

Urwald satt
    SACKSTARK: DAS ELBSANDSTEINGEBIRGE
    Sie werden es schon bemerkt haben: Ich bin ein Fan von Nationalparks. Und das mit vollem Recht, wie ich finde. Denn in der Natur können wir Säcke zur Ruhe kommen. Bäume, Seen und Wälder und das Beobachten balzender Bartmeisen erfüllen uns mit tiefer Gelassenheit und erden uns. Überzeugen Sie sich selbst, falls Sie mich für einen Stuss labernden, fusseligen Ökospinner halten (der ich zweifellos bin!). Das eigene Land hält ja viele solcher natürlicher Ruhepunkte bereit. Darunter auch exotisch anmutende.
    Ich habe in einem anderen Kapitel von der malerischen Insel La Palma geschwärmt. Die Gegend in Deutschland, die der wirklich einmaligen Landschaft dort am nächsten kommt, ist für mich das Elbsandsteingebirge in der Sächsischen Schweiz. Meine Frau und ich sind dort ausgiebig gewandert und waren hin und weg.
    Bizarre Felslandschaften, verwunschene Wälder, erhabene Tafelberge und das malerische Elbtal, das nur 30 Kilometer von Dresden entfernt liegt, haben uns echt umgehauen.
    Ich rate zu einer Wanderung zur so genannten »Bastei« mit atemberaubendem Ausblick auf

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