Leg los alter Sack
300 Kilo schwerer, über zwei Meter großer Bär hervor, betritt den Wanderweg und bewegt sich auf Sie zu. Was tun Sie? Weglaufen? Tja, dann gute Nacht. Denn in der Sprache dieser Tiere heißt das: »Hey, ich bin lecker Mittagessen. Follow me!« Und eines ist klar: Der Bär ist immer schneller als Sie. Wenn er will, kann er Sie stellen, tothauen und essen. Was also tun?
Tja, da gibt es viele nützliche Tipps, die recht einfach umzusetzen sind, wenn man etwa eine Flasche Whisky oder eine Packung Valium intus hat. Allerdings müssen Sie dafür erst einmal eine kleine Artbestimmung durchführen. Die Frage ist nämlich: Welcher Petz steht da vor mir? Habe ich Ärger mit einem Braunbären? Oder ist ein Schwarzbär uncool drauf? Ein Schwarzbär (überraschenderweise meist schwarz, mit einem länglichen Kopf und ohne Buckel) ist nämlich nicht ganz so ätzend wie der größere, kräftigere Braunbär. Man erkennt Braunbären an ihrem obligatorischen Schulterhöcker, einer eher stumpfen Schnauze und der braunen Farbe. Es gibt aber auch Braunbären, die fast schwarz sind, und Schwarzbären, die eher braun rüberkommen. Aber nicht so oft.
Am besten, Sie bitten den Bären, mal kurz zu warten, und schlagen in einem Bestimmungsbuch nach, wer Ihnen da gleich eine tatzen will.
Steht die Art des Gegners fest, kann gehandelt werden. Vom Wegrennen hatte ich Ihnen ja schon eindringlich abgeraten. Ist aber ein Baum in der Nähe, kann diesem Impuls durchaus mal nachgegeben werden. Wenn Sie es bis zu einem schaffen und schnell genug hochklettern, sind Sie in Sicherheit. Aber nur bei Braunbären. Schwarzbären können astrein klettern und holen einen gleich wieder runter. Kann man nun also einem Braunbären auf einer Eiche hockend den Stinkefinger zeigen?
Ein klares Jein ist die Antwort. Denn nur große, schwere Braunbären klettern nicht. Die »kleineren« schon, wie ich in einem Bericht über eine Joggerin namens Isabelle Dubé las. Diese Dame floh vor einem 90 Kilo schweren, angreifenden Grizzly (gehört auch zu den Braunbären) auf einen Baum. Der Bär stieg hinterher, holte sie wieder zur Erde und beendete ihr 36-jähriges Leben auf unangenehme Weise. Im Übrigen sollte der Fluchtbaum auch einen ausreichend dicken Stamm haben. Manche Grizzlys schütteln sich sozusagen gern einen von der Palme. Also: Bestimme die Art und das Gewicht des Bären, so du ihm begegnest.
Wenn nun kein geeigneter Baum in der Nähe oder der Bär nicht fett ist, muss gehandelt werden.
Und zwar müssen Sie das Tier nun vollquatschen.
»Sprechen Sie mit dem Bären«, sagt der Alaskaexperte Walter Steinberg. »Zeigen Sie ihm, dass Sie ein Mensch sind.« Und der Text? Egal! Hauptsache, Sie sprechen mit lauter, fester Stimme. Singen ist auch gut. (»She Loves Me, Bäär, Bäär, Bäär!« könnte gut kommen.) Aber damit nicht genug. Während Sie das stattliche Raubtier besingen, müssen Sie sich nun auch größer machen, als Sie sind. Heben Sie die Arme und winken Sie. Die Macher der Internetseite » Bikefreaks.de « raten zudem, die Hände auf die Hüften zu legen (die eigenen, versteht sich) und die Ellbogen nach vorn zu strecken. Dies suggeriere dem Bären, sein Gegenüber sei breiter als er selbst. Die »Bikefreaks« raten aber davon ab, »andere Tiere zu imitieren«. Dies würde den Bären irritieren. Ich halte dies für einen wichtigen Hinweis, auch ich würde bei einer Bärenbegegnung womöglich den sofortigen Impuls verspüren, einen Flamingo oder Schwarzstorch pantomimisch darzustellen.
Okay, also Singen und Größermachen. Und nach allem, was die Experten wissen, müssten nun – egal, ob brauner oder schwarzer – fast alle Bären das Weite suchen, weil sie nämlich eigentlich überhaupt keinen Bock auf Menschen haben. Wie gesagt: fast alle! Einige Bären greifen trotz der humanen Performance an. Und nun hilft uns wieder unser Bestimmungsbuch. Greift ein Schwarzbär an, heißt es: zurückschlagen. »Leisten Sie Widerstand«, rät die kanadische Internetseite »Yukonjack«. »Gebrauchen Sie alles, was Sie besitzen, als Waffe: Stöcke, Steine, Hände, Füße. Entschlossene Verteidigung ist die beste Methode, einen Schwarzbären in die Flucht zu schlagen.«
Auch der Einsatz von Pfefferspray hat schon bärenstark geholfen. »Wobei«, so raten die mit allen Wassern gewaschenen »Bikefreaks«, »darauf zu achten ist, dass kein Wind von vorne weht.«
Gut, der Schwarzbär kriegt also auf die Fresse! Und was ist, wenn ein Braunbär angreift? Gar ein
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