Leg los alter Sack
riesiger Grizzly? Nun ja, hier hilft nur eines – tot stellen. »Lassen Sie sich auf den Boden fallen«, rät Walter Steinberg, »legen Sie sich flach auf den Bauch, oder rollen Sie sich zur Kugel. Legen Sie die Hände zum Schutz in den Nacken. Bleiben Sie passiv, bewegen Sie sich nicht. Wenn der Bär sich nicht mehr bedroht fühlt, lässt er normalerweise von Ihnen ab.« Normalerweise? »In extrem seltenen Fällen«, schränkt Steinberg zerknirscht ein, »kann ein Bär Sie als Beute betrachten.«
Weiter wollen wir uns das hier nicht ausmalen. Und wenn es doch mal zum Äußersten kommt und Sie das Ganze überleben – dann soll Ihnen das Schicksal des russischen Försters Jewgenij Sewerin Mut machen. Der hat nach einer Bärenattacke und einigen unerfreulichen Jahren schließlich in einer Schweizer Klinik ein neues Gesicht bekommen. Geht doch!
So weit die Füße tragen
DER WILDNISTRAIL IN DER EIFEL
Ich habe in meinem ganzen Leben nie eine Urkunde bei den Bundesjugendspielen bekommen, keine große und auch leider keine kleine. Jetzt aber habe ich so was Ähnliches. Ich habe ein schönes Dokument, das bestätigt, dass ich den so genannten »Wildnistrail« im Nationalpark Eifel geschafft habe, eine richtig schöne Urkunde mit Stempel und einem lustigen Tierkopf drauf. Mann, bin ich ein stolzer Sack! Dieser Wildnistrail ist eine Vier-Tages-Wanderung mit zu bewältigenden Entfernungen zwischen 18 und 25 Kilometern. Meine Frau und ich hatten uns dazu entschlossen, weil uns das Wandern auf La Palma so viel Spaß gemacht hatte.
Wir begannen, im eigenen Land nach guten Wandertouren zu suchen.
Der Wildnistrail klang recht pittoresk, ein bisschen abenteuerlich und irgendwie ganz nett, und in der Eifel waren wir außerdem noch nie gewesen, die kannten wir nur als düstere, mysteriöse und gewalttätige Gegend aus den Eifelkrimis von Jacques Berndorf. Mit Axt-Morden und so.
Wir buchten also bei der Rursee-Touristik-GmbH den Wildnistrail – mit Gepäckservice! Total klasse. Man sucht sich Hotels oder Gasthäuser auf den verschiedenen Etappen vorab aus, und das Gepäck wird dann morgens abgeholt und schon mal ins nächste Gasthaus geschafft, so dass man abends, wenn man erschöpft ins Hotel torkelt, all sein Zeug schon auf seinem Zimmer hat.
Unser Startpunkt war das Nationalparktor in Höfen, dort gibt man sein Gepäck ab und wandert los.
Am ersten Tag muss man fast 25 Kilometer wuppen. Im Sackalter braucht man dazu etwa sieben Stunden und kommt dann abends ziemlich kaputt in seinem ersten Quartier in dem wunderbar klingenden Ort Einruhr an.
Die Tour ist schon recht nett, man spaziert durch Wälder und Auen, aber ein bisschen ist das Ganze auch eine Mogelpackung, denn Wildnis ist beim Wildnistrail tatsächlich eher selten. Man sieht immer mal eine Straße, einen Bauernhof und latscht auch mal auf asphaltierten Wegen – kurz: Es klingt abenteuerlicher, als es wirklich ist. Aber am dritten Tag ging es ordentlich hoch auf schöne Bergwiesen, und das war doch recht malerisch. Allerdings habe ich mich dabei eine Terz übernommen und lag irgendwann japsend und mit Muskelschmerzen auf einer Wiese. Ich dachte: »Jetzt komme ich nicht mehr zurück.« Das musste ich aber, denn da oben gab es keinen Bus und auch kein Taxi. Ich bin dann eine ganze Zeit lang wegen akuter Muskelverhärtung in den Oberschenkeln rückwärts gegangen, was meine Frau fast in den Wahnsinn getrieben hat, wohl auch ziemlich bescheuert aussah und mir im Übrigen auch noch eine Achillesfersenreizung eingebracht hat. Irgendwie habe ich es aber ins nächste Quartier geschafft, mich da in die Badewanne gelegt, und dann ging es allmählich auch wieder.
So ein alter Sack regeneriert ja doch schneller, als man gemeinhin denkt.
Das Schöne an dieser Form von Urlaub ist, dass man ja nicht so recht weiß, was bei diesen Wanderungen auf einen zukommt, es ist irgendwie dezent abenteuerlich, aber eines ist ja sicher: Abends, wenn man an seinem Ziel ankommt, hat man sein Zimmer und sein Gepäck, kann duschen und essen und sich einen schütten, wenn man möchte.
Herrlich! Man reist halt so wie vor vielen hundert Jahren die Menschen in diesem Land, zu Fuß, hat viel Zeit zu reden und ist in der Natur.
Mir hat das alles in allem sehr gut gefallen. Und etwa 20 Kilometer am Tag zu gehen, das ist auch schon für jeden alten Sack eine echte Herausforderung, es sei denn, er ist wahnsinnig fit. Was man auf diesem Weg ja prima werden kann!
Ein Erlebnis – ich glaube, es
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