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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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»Irgendein Kolonien-Mädchen.«
    Day sucht verwundert die Straße ab, dann zuckt er mit den Schultern. Es würde mich nicht überraschen, wenn er tatsächlich anfangen würde, sich solche Sachen einzubilden, besonders inmitten all dieser blinkenden Lichter und leuchtenden Reklametafeln.
    Gerade als wir uns wieder zur Straße umdrehen, kommt eine Frau auf uns zu. Etwa einseinundsiebzig, schlaffe Wangen, rötlich brauner Teint. Unter ihrer dicken Wintermütze lugen schwarze Haarsträhnen hervor und sie hält einen Tablet-Computer in der Hand. Sie hat sich ihren Schal (der gleichmäßigen Struktur nach zu urteilen, aus Synthetikwolle) fest um den Hals gewickelt und in dem Stoff direkt unter ihrem Kinn glitzern winzige Eiskristalle, dort, wo ihr Atem gefroren ist. Auf ihrem Ärmel prangt das Wort Straßenaufsicht, direkt über einem anderen fremden Symbol.
    »Sie sind nicht sichtbar. AG?«, brummt sie uns zu. Ihre Augen bleiben auf ihr Tablet gerichtet, auf dem eine Art Stadtplan und sich bewegende Blasen zu sehen sind. Jede Blase scheint einer der Personen auf dieser Straße zu entsprechen. Sie muss meinen, dass wir darauf nicht zu sehen sind. Dann erst fällt mir auf, dass eine ganze Menge Leute auf der Straße unterwegs sind, die alle die gleiche Art von dunkelblauen Mänteln tragen wie sie.
    »AG?«, wiederholt sie ungeduldig.
    Day will gerade etwas antworten, doch ich komme ihm zuvor. »Meditech«, platze ich heraus, als mir die vier Namen von dem Logo wieder einfallen, das wir gesehen haben.
    Die Frau hebt den Kopf und wirft einen missbilligenden Blick auf unsere Kleider (schmutzige Hemden, schwarze Hosen und Stiefel). »Wohl neu hier, was?«, sagt sie dann mehr zu sich selbst und tippt etwas in ihr Tablet ein. »Zumindest sind Sie ziemlich weit weg vom Standort. Ich weiß ja nicht, ob Sie schon Ihre Einführung hatten, aber Meditech wird Ihnen ordentlich den Lohn kürzen, wenn Sie zu spät kommen.« Dann schenkt sie uns plötzlich ein gekünsteltes Lächeln und verfällt in einen seltsam eingeübten Singsang. »Ich werde von Cloud gesponsert. Kommen Sie zum Tribune Central Square und testen Sie unsere neue Gebäcklinie!« Dann presst sich ihr Mund wieder zu derselben missmutigen Linie wie vorher zusammen und sie eilt davon. Ich sehe, wie sie ein Stück die Straße hinunter den nächsten Passanten anhält und dieselbe Leier herunterspult.
    »Irgendwas ist komisch an dieser Stadt«, flüstere ich Day zu, während wir weiterhumpeln.
    Days Griff um mich ist fest. »Darum habe ich sie auch nicht gefragt, wie wir zum nächsten Krankenhaus kommen«, entgegnet er. Wieder überkommt mich ein Schwindelanfall. »Halt durch. Uns fällt schon was ein.«
    Ich versuche zu antworten, aber ich kann kaum mehr sehen, wohin ich laufe. Day sagt etwas zu mir, aber ich verstehe kein Wort – seine Stimme klingt, als befände er sich unter Wasser. »Was hast du gesagt?« Plötzlich dreht sich alles vor meinen Augen. Meine Knie geben unter mir nach.
    »Ich habe gesagt, vielleicht … anhalten … Krankenhaus …«
    Ich fühle, wie ich zusammenbreche. Meine Arme und Beine umschließen meinen Körper wie ein schützender Kokon, während irgendwo über mir Days wunderschöne blaue Augen meinen Blick gefangen halten. Er legt mir die Hände auf die Schultern, aber es ist, als wäre er meilenweit weg. Ich versuche, etwas zu sagen, aber mein Mund fühlt sich an, als wäre er voller Sand. Dann sinke ich in die Dunkelheit.
    Ein graugoldener Blitz. Eine kühle Hand auf meiner Stirn. Ich hebe den Arm, um sie zu berühren, doch in dem Moment, als meine Finger die Haut streifen, verschwindet die Hand. Ich kann nicht aufhören zu zittern – es ist unfassbar kalt hier drin.
    Als es mir endlich gelingt, die Augen zu öffnen, erkenne ich, dass ich auf einer einfachen weißen Pritsche liege, den Kopf in Days Schoß, und dass Days Arm über meiner Taille liegt. Einen Moment später wird mir klar, dass er zu einer anderen Person, nein, zu drei anderen Personen sieht, die mit uns im Raum sind. (Sie tragen die typische Soldatenuniform der Kolonien: marineblaue Cabanjacken mit goldenen Knöpfen und Schulterklappen; entlang des unteren Saums verlaufen goldene und weiße Streifen und auf jedem Ärmel prangt ein aufgesticktes goldenes Falkensymbol.) Ich schüttele den Kopf. Ein klassischer Kreislaufzusammenbruch. Ich fühle mich so schwach.
    »Durch die Tunnel«, sagt Day. Das Deckenlicht blendet mich. Es war mir vorher noch gar nicht aufgefallen.
    »Wie lange

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