Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
rücken und der Qualm verhüllt alles bis auf mich und Kaedes noch immer an den Pilotensitz geschnallte Leiche. Dann hallt eine leise Stimme durch mein Bewusstsein und durchdringt den schwarz-weißen Nebel, der mein Bewusstsein betäubt. Ein vertrautes, pulsierendes Licht, das mich in die Wirklichkeit zurückholt.
Beweg dich, befiehlt die Stimme. Los.
Ich reiße meinen Blick von Kaede los und suche panisch nach Day. Sein Sitz ist leer. Ich krabbele zum Ende der Tragfläche und lasse mich blindlings durch den Qualm an unserem Flugzeugwrack nach unten gleiten, bis ich auf Händen und Knien auf dem Asphalt lande. Ich kann nichts sehen.
Dann erkenne ich Day, der durch die Rauchschwaden auf mich zugerannt kommt. Er zieht mich auf die Füße. Plötzlich muss ich an den Moment denken, als ich ihm zum ersten Mal begegnet bin, an seine blauen Augen und sein rußverschmiertes Gesicht, als er wie aus dem Nichts auftauchte und mir die Hand hinstreckte. Sein Blick ist schmerzerfüllt. Er muss Kaede auch gesehen haben .
»Da bist du ja. Ich dachte, du wärst schon draußen«, flüstert er, als wir uns durch die Trümmer des Flugzeugs kämpfen. »Wir müssen es in die Menge schaffen.«
Meine Beine tun weh. Nach der Bruchlandung muss mein Körper von Kopf bis Fuß voller Prellungen sein.
Wir ducken uns unter eine der ramponierten Tragflächen, als die ersten Soldaten das Flugzeug erreichen. Die Hälfte von ihnen bildet mit dem Rücken zu uns eine Kette, um die Zivilisten von dem Wrack fernzuhalten. Die anderen richten ihre Taschenlampen auf den Qualm und das verbogene Metall auf der Suche nach Überlebenden. Einer von ihnen muss Kaede entdeckt haben, denn er ruft seinen Kameraden etwas zu und winkt sie herüber. »Das ist ein Kolonienjet«, sagt er ungläubig. »Der hat es über den Wall geschafft.« Für den Moment schirmt uns zwar die Tragfläche vor ihren Blicken ab, doch es ist nur eine Frage von Sekunden, bis sie uns sehen. Und die Soldatenkette trennt uns von der Menschenmenge.
Aus der Stadt ringsum dringt der Lärm berstenden Glases, tosenden Feuers und schreiender, aufgebrachter Menschen zu uns herüber – außer den Leuten in unserer unmittelbaren Umgebung scheint niemand bemerkt zu haben, dass hier gerade ein Kolonienjet abgestürzt ist.
Ich werfe einen Blick zum Capitol Tower hinüber. Andens Stimme schallt aus jedem Lautsprecher an jedem Häuserblock – sein Bild muss live auf jedem JumboTron in der Stadt zu sehen sein … und im ganzen Land. Ich erblicke ein paar wütende Rebellen, die den Soldaten Molotovcocktails entgegenschleudern. Die Leute haben ja keine Ahnung, dass sich der Kongress gerade voller Zufriedenheit zurücklehnt und darauf vertraut, dass die Wut der Bevölkerung Razor auf Andens Position befördern wird. Diese Menschenmenge kann Anden niemals allein beschwichtigen. Ich stelle mir vor, wie gerade im ganzen Land solche Aufstände aufflammen, in jeder Stadt, jeder Straße. Wenn es den Patrioten gelungen wäre, die Ermordung des Elektors über die Lautsprecher des Capitol Tower zu verkünden, wäre schon längst eine Revolution ausgebrochen.
»Jetzt«, zischt Day.
Wir huschen unter der Tragfläche hervor und überrumpeln die Soldaten, die die Kette bilden. Bevor einer von ihnen uns festhalten oder auf uns schießen kann, sind wir schon durch die Absperrung, verschwinden in der Menge und tauchen unter. Day zieht sofort den Kopf ein und dirigiert uns durch das dichte Gewirr von Armen und Beinen. Seine Hand hält meine fest umklammert. Mein Atem geht stoßweise und keuchend, aber ich weigere mich, unsere Flucht zu verlangsamen. Ich kämpfe mich weiter. Die Menschen schreien erschrocken auf, als wir uns an ihnen vorbeidrängen.
Hinter uns schlagen die Soldaten Alarm. »Da!«, brüllt einer von ihnen. Mehrere Schüsse ertönen. Sie sind uns auf den Fersen.
Wir bahnen uns weiter einen Weg durch die Menge. Hin und wieder höre ich Leute rufen: »Ist das nicht Day?« und »Ist Day in einem Kolonienjet zurückgekommen?«
Als ich einen Blick über die Schulter werfe, sehe ich, dass die Hälfte der Soldaten nicht weiß, wo wir sind, und in die falsche Richtung läuft. Ein paar jedoch sind noch immer hinter uns her. Wir sind nur noch einen Block vom Capitol Tower entfernt, doch mir kommt es vor, als wären es Meilen. Immer mal wieder erhasche ich zwischen all den drängelnden, rempelnden Leibern einen Blick darauf. Die JumboTrons zeigen Anden auf dem Balkon, eine kleine, einsame Gestalt, in Rot und
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