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Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)

Titel: Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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beruhigt hat. Ich schließe die Augen, atme tief ein und öffne sie wieder. »Ja. Meine Loyalität gilt der Republik.«
    Ich warte darauf, dass der Detektor rot aufleuchtet oder piepst, um zu verkünden, dass ich gelogen habe. Doch das Gerät bleibt still. Dr.   Sadhwani hält den Kopf gesenkt und tippt auf ihr Notepad ein.
    »Sie sagt die Wahrheit«, erklärt sie nach einer Weile.
    Ich habe es geschafft. Ich kann es nicht glauben. Der Lügendetektor ist der Meinung, dass ich die Wahrheit gesagt habe. Aber schließlich ist er nur eine Maschine.
    Später am Abend sitze ich auf meiner Bettkante und vergrabe den Kopf in den Händen. Meine Handgelenke sind noch immer gefesselt, abgesehen davon kann ich mich jedoch frei bewegen. Vor meinem Zimmer höre ich allerdings weiterhin vereinzelte gedämpfte Stimmen. Die Wachen sind also noch da.
    Ich bin so erschöpft. Eigentlich gibt es dafür keinen Grund, denn schließlich habe ich mich seit meiner Verhaftung kein einziges Mal körperlich angestrengt. Doch Dr.   Sadhwanis Fragen schwirren mir noch immer im Kopf herum, sie vermischen sich mit dem, was Thomas zu mir gesagt hat, und stürmen auf mich ein, bis ich mir beide Hände auf die Schläfen presse, um die drohenden Kopfschmerzen abzuhalten. Irgendwo dort draußen berät gerade die Regierung darüber, ob ich begnadigt werden soll oder nicht. Ich zittere ein wenig, obwohl es warm ist in meinem Zimmer.
    Klassische Vorboten einer Infektion, denke ich finster. Vielleicht ist es ja die Seuche . Die Ironie erfüllt mich mit Traurigkeit – und Angst. Aber ich bin doch geimpft . Wahrscheinlich ist es nur eine Erkältung – Metias hat immer behauptet, ich würde empfindlich auf Wetterumschwünge reagieren.
    Metias. Jetzt, da ich allein bin, kann ich meinen Sorgen freien Lauf lassen. Meine letzte Antwort beim Lügendetektortest hätte definitiv Alarm auslösen müssen. Aber das hat sie nicht. Bedeutet das, dass ich der Republik doch noch immer treu bin, ohne es zu wissen? Irgendwo tief in meinem Bewusstsein muss das Gerät etwas aufgespürt haben, das ihm meine Zweifel an dem Mordplan verraten hat.
    Aber wenn ich mich jetzt entscheide, meine Rolle nicht weiterzuspielen, was wird dann aus Day? Ich muss einen Weg finden, mit ihm in Kontakt zu treten, ohne dass Razor etwas davon mitbekommt. Und dann? Day wird den Elektor sicher mit ganz anderen Augen sehen als ich. Außerdem habe ich nicht mal einen Alternativplan. Denk nach, June . Ich muss eine Möglichkeit finden, bei der wir alle am Leben bleiben.
    »Wenn du rebellieren willst«, hat Metias mir geschrieben, »dann tu es innerhalb des Systems.« Ich sinne noch eine Weile über diese Erinnerung nach, obwohl mein Zittern es mir erschwert, mich zu konzentrieren.
    Plötzlich wird es laut vor meiner Tür. Ich höre Stiefelabsätze, die zusammengeschlagen werden, ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand Hochrangiges zu Besuch kommt. Schweigend warte ich ab. Schließlich dreht sich der Türknauf. Anden kommt herein.
    »Elektor, Sir, sind Sie sicher, dass Sie nicht ein paar Wachen –«
    Anden schüttelt bloß den Kopf und gibt dem Soldaten vor der Tür ein Zeichen. »Bitte, machen Sie sich keine Umstände. Ich möchte Ms Iparis nur kurz unter vier Augen sprechen. Es dauert nur eine Minute.« Seine Worte erinnern mich an meine eigenen, als ich Day in seiner Zelle in der Batalla-Zentrale besucht habe.
    Der Soldat salutiert kurz vor Anden und schließt die Tür hinter ihm, sodass wir allein zurückbleiben.
    Ich sitze auf der Bettkante und blicke zu ihm hoch. Meine Handschellen rasseln leise in der Stille. Der Elektor trägt nicht seine gewohnte Uniform, sondern einen schwarzen, bodenlangen Mantel mit einem senkrechten roten Streifen auf der Vorderseite. Der Rest seiner Kleidung ist schlicht, aber elegant (schwarzes Hemd, dunkle Jacke mit sechs blank polierten Knöpfen, schwarze Hose, schwarze Pilotenstiefel). Sein glänzendes Haar ist ordentlich gekämmt. An seinem Gürtel hängt eine Pistole, doch die könnte er nicht schnell genug ziehen, wenn ich mir in den Kopf gesetzt hätte, ihn anzugreifen. Er scheint mir demonstrieren zu wollen, dass er mir vertraut.
    Razor hat zu mir gesagt, wenn ich die Gelegenheit bekomme, Anden auf eigene Faust zu ermorden, dann soll ich sie ergreifen. Meine Chance nutzen. Doch als er nun vor mir steht, so unerwartet verletzlich, kann ich keinen Finger rühren. Abgesehen davon, dass meine Aussichten darauf, Day wiederzusehen – oder auch nur zu

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