Legend 02 - Schwelender Sturm (German Edition)
Senatoren vertieft, die sich bemühen, ihr Missfallen hinter einem jovialen Lächeln zu verbergen.
»Ms Iparis«, wendet sich die Leiterin des Untersuchungsteams an mich. Ihre Augen sind von einem sehr hellen Grün, sie hat blonde Haare und porzellanweiße Haut. Ganz in Ruhe studiert sie mein Gesicht, bevor sie einen Knopf an einem kleinen schwarzen Gerät in ihrer rechten Hand drückt. »Mein Name ist Dr. Sadhwani. Wir werden Ihnen nun eine Reihe von Fragen stellen. Da Sie selbst einmal für die Republik gearbeitet haben, gehe ich davon aus, dass Sie genauso gut wissen wie ich, wie zuverlässig diese Detektoren arbeiten. Jede kleinste Regung Ihrerseits wird dokumentiert werden. Bis hin zum kleinsten Händezittern. Ich möchte Ihnen also raten, die Wahrheit zu sagen.«
Diese dramatische Ansage gehört zur Routine vor jedem Test – sie versucht, mich von der absoluten Unfehlbarkeit des Lügendetektors zu überzeugen. Denn je mehr Angst ich davor habe, desto stärker werden meine Reaktionen ausfallen. Ich sehe ihr in die Augen. Atme ruhig und gleichmäßig. Neutraler Blick, der Mund entspannt . »Kein Problem«, entgegne ich. »Ich habe nichts zu verbergen.«
Die Frau überprüft sorgfältig die Sensoren auf meiner Haut, dann die Bilder meines Gesichts, die vermutlich hinter mir an die Wand projiziert werden. Ihr eigener Blick huscht nervös hin und her und ich sehe winzige Schweißperlen auf ihrer Stirn. Wahrscheinlich hat sie noch nie eine so berühmte Verbrecherin getestet, schon gar nicht in Anwesenheit des Elektors persönlich.
Wie zu erwarten, beginnt Dr. Sadhwani mit ein paar einfachen, irrelevanten Fragen. »Ist Ihr Name June Iparis?«
»Ja.«
»Wann ist Ihr Geburtstag?«
»Am elften Juli.«
»Und wie alt sind Sie?«
»Fünfzehn Jahre, fünf Monate und achtundzwanzig Tage.« Meine Stimme bleibt ruhig und emotionslos. Vor jeder Antwort warte ich ein paar Sekunden ab und atme etwas flacher, wodurch sich mein Herzschlag beschleunigt. Wenn sie deine Biosignale messen, lass sie schon bei den Testfragen Schwankungen sehen. So werden meine echten Lügen schwerer zu identifizieren sein.
»Welche Grundschule haben Sie besucht?«
»Harion Gold.«
»Und danach?«
»Präziser, bitte«, fordere ich.
Dr. Sadhwani zuckt ganz leicht zurück, erholt sich jedoch schnell wieder. »In Ordnung, Ms Iparis«, erwidert sie und diesmal liegt eine Spur von Ärger in ihrer Stimme. »Welche Highschool haben Sie nach der Harion Gold besucht?«
Ich sehe zu den Zuschauern hinter der Scheibe hinüber. Die Senatoren weichen meinem Blick aus, indem sie betont fasziniert die Kabel und Drähte bestaunen, die mich umgeben, nur Anden blickt mir ruhig in die Augen. »Harion High.«
»Wie lange?«
»Zwei Jahre.«
»Und dann –«
Ich lasse meine Emotionen aufwallen, damit alle glauben, dass ich Probleme habe, sie (und damit auch mein Testergebnis) zu kontrollieren. »Und dann war ich drei Jahre an der Drake-Universität«, fauche ich. »Ich wurde angenommen, als ich zwölf war, und habe meinen Abschluss mit fünfzehn gemacht, weil ich nämlich verdammt gut war. Ist Ihre Frage damit beantwortet?«
Spätestens jetzt hasst sie mich wirklich. »Ja«, erwidert sie knapp.
»Gut. Dann kommen Sie doch bitte langsam zum Punkt.«
Die Testleiterin presst die Lippen aufeinander und wirft einen Blick auf das kleine schwarze Gerät in ihrer Hand, damit sie mir nicht in die Augen sehen muss. »Haben Sie jemals gelogen?«
Sie geht zu den komplizierteren Fragen über. Wieder beschleunige ich meine Atmung. »Ja.«
»Haben Sie jemals Angehörigen des Militärs oder der Regierung gegenüber gelogen?«
»Ja.«
Unmittelbar nachdem ich die Frage beantwortet habe, nehme ich ein sonderbares Blitzen am Rand meines Blickfelds wahr. Ich blinzele zweimal. Das Blitzen verschwindet und meine Augen stellen sich wieder scharf. Ich zögere eine Sekunde – doch als ich sehe, wie Dr. Sadhwani mich beobachtet und etwas in ihr Gerät eintippt, zwinge ich mich, wieder zu Stein zu werden.
»Haben Sie jemals einen Ihrer Professoren an der Drake belogen?«
»Nein.«
»Haben Sie jemals Ihren Bruder belogen?«
Plötzlich verblasst der Raum. Stattdessen erscheint ein flackerndes Bild – ein von warmem Nachmittagslicht erfülltes Wohnzimmer, das ich gut kenne. Ein weißer Hundewelpe liegt zu meinen Füßen. Neben mir sitzt mit verschränkten Armen ein dunkelhaariger Teenager. Es ist Metias. Er runzelt die Stirn, stützt die Ellbogen auf seine Knie
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