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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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Dort ist noch jemand.
    Als Kaede meinen Blick bemerkt, hebt sie die Stimme. »Bleib, wo du bist, Tess. Das solltest du lieber nicht mit ansehen.«
    »Tess?« Ich blinzele in die Dunkelheit. Die Gestalt dort wirkt tatsächlich klein, mit einem zarten Körperbau und Haaren, die aussehen, als wären sie zu einem unordentlichen Zopf geflochten. Große schimmernde Augen spähen mir über Kaedes Schulter entgegen. Am liebsten hätte ich gelächelt - ich weiß, dass diese Neuigkeit Day sehr glücklich machen wird.
    Tess tritt nach vorn. Sie sieht einigermaßen gesund aus, obwohl sie dunkle Ringe unter den Augen hat. Ihr misstrauischer Gesichtsausdruck weckt sofort das schlechte Gewissen in mir.
    »Hallo«, begrüßt sie mich. »Wie geht es Day? Ist alles in Ordnung mit ihm?«
    Ich nicke. »Im Moment, ja. Schön zu sehen, dass es dir auch gut geht. Was machst du denn hier?«
    Sie schenkt mir ein vorsichtiges Lächeln und sieht dann nervös zu Kaede. Kaede wirft ihr einen ärgerlichen Blick zu und drängt mich noch enger an die Wand. »Wie wär’s, wenn zuerst du diese Frage beantwortest?«
    Tess muss sich den Patrioten angeschlossen haben. Ich lasse mein Messer zu Boden fallen. Dann hebe ich demonstrativ meine leeren Hände. »Ich bin gekommen, um mit euch zu verhandeln.« Ich begegne ruhig ihrem bohrenden Blick. »Kaede, ich brauche deine Hilfe. Ich muss mit den Patrioten reden.«
    Darauf war sie nicht vorbereitet. »Wie kommst du darauf, dass ich eine Patriotin bin?«
    »Ich arbeite für die Republik. Wir wissen eine ganze Menge, einiges davon würde dich bestimmt überraschen.«
    Kaedes Augen werden schmal. »Du brauchst meine Hilfe nicht. Du lügst«, entgegnet sie. »Du bist eine Soldatin der Republik und du hast dafür gesorgt, dass Day verhaftet wird. Warum sollten wir dir vertrauen?«
    Ich greife nach hinten, öffne meinen Rucksack und hole ein dickes Bündel Geldscheine heraus. Tess stößt ein überraschtes Keuchen aus. »Das hier ist für euch«, antworte ich und reiche Kaede das Geld. »Und da, wo das herkommt, gibt es noch mehr. Aber erst müsst ihr mir zuhören, ich habe nicht viel Zeit.«
    Kaede blättert mit der Hand ihres unverletzten Arms die Geldscheine durch und leckt dann mit der Zungenspitze an einem. Ihr anderer Arm steckt in einem dicken Gipsverband. Plötzlich frage ich mich, ob es wohl Tess war, die ihn verarztet hat. Die Patrioten sind sicher froh, jemand so Nützlichen bei sich zu haben.
    »Das da tut mir übrigens leid«, sage ich und deute auf ihren Arm. »Aber dir dürfte ja klar sein, dass ich keine andere Wahl hatte. Die Wunde, die du mir verpasst hast, ist immer noch nicht ganz verheilt.«
    Kaede lässt ein trockenes Lachen erklingen. »Na dann«, sagt sie. »Wenigstens haben die Patrioten eine neue Sanitäterin abgestaubt.« Sie klopft auf ihren Gips und zwinkert Tess zu.
    »Das freut mich«, erwidere ich mit einem Seitenblick zu Tess. »Pass gut auf sie auf. Sie ist es wert.«
    Kaede studiert noch eine Weile mein Gesicht. Dann, endlich, lässt sie mich los und deutet mit dem Kinn auf meinen Gürtel. »Leg deine Waffen ab.«
    Ich widerspreche nicht. Ich ziehe vier Messer aus meinem Gürtel, halte sie langsam hoch, sodass Kaede sie sehen kann, und werfe sie dann auf den Boden der Gasse. Mit einem Fußtritt befördert sie sie aus meiner Reichweite.
    »Hast du irgendwelche Sender bei dir?«, fragt sie. »Oder Abhörgeräte?«
    Ich lasse Kaede in meinen Mund und meine Ohren sehen. »Nichts«, antworte ich.
    »Wenn ich auch nur Schritte höre, die in unsere Richtung kommen«, sagt Kaede, »bringe ich dich gleich hier um. Verstanden?«
    Ich nicke.
    Kaede zögert, dann lässt sie den Arm sinken und führt uns tiefer in die dunkle Gasse hinein. »Ich werde dich auf gar keinen Fall mit zu den anderen Patrioten nehmen«, erklärt sie. »Dafür vertraue ich dir nicht genug. Du kannst mit uns beiden reden, dann entscheide ich, ob es sich lohnt weiterzugeben, was du gesagt hast.«
    Ich frage mich, wie groß der Verband der Patrioten wohl sein mag. »Klingt vernünftig.«
    Ich erzähle Kaede und Tess alles, was ich herausgefunden habe. Ich beginne mit Metias und seinem Tod. Dann erzähle ich von meiner Jagd nach Day und was bei seiner Verhaftung passiert ist. Was Thomas Metias angetan hat. Aber ich erwähne nicht, warum meine Eltern sterben mussten oder was Metias in seinem Blog über die Seuche geschrieben hat. Ich schäme mich zu sehr dafür, um es zwei Menschen aus den Armensektoren gegenüber

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