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Legend - Fallender Himmel

Titel: Legend - Fallender Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Lu
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Sprenkel tanzen vor meinen Augen.
    »Du denkst wohl, du bist so was wie ein Star, was?«, faucht er. »Nur weil du uns ein paar Dummejungenstreiche gespielt hast und für den Abschaum von der Straße den Wohltäter markierst? Tja, dann will ich dir mal ein Geheimnis verraten. Ich komme selbst aus einem Armensektor. Aber ich habe mich an die Regeln gehalten. Ich habe mich hochgearbeitet. Ich habe mir den Respekt der Republik ehrlich verdient. Du und deinesgleichen, ihr sitzt doch den ganzen Tag nur faul rum und gebt dem Staat die Schuld an eurem Pech. Dreckiges, faules Schmarotzerpack!« Er schlägt mich erneut. Mein Kopf fliegt nach hinten und ich schmecke Blut im Mund. Mein Körper zittert vor Schmerzen. Dann packt Thomas meinen Kragen und zieht mich ganz nah an sich heran. Meine Handschellen klirren. »Ms Iparis hat mir erzählt, was du ihr da draußen auf der Straße angetan hast. Wofür hältst du dich eigentlich, dich an jemanden von ihrem Rang ranzumachen?«
    Aha. Daher weht also der Wind - anscheinend hat er von unserem Kuss erfahren. Ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen, obwohl mein Gesicht vor Schmerzen schreit. »Ach, schau mal einer an, so ist das also. Sind Sie deshalb so mies gelaunt? Mir ist schon aufgefallen, wie Sie sie ansehen. Sind ganz schön in sie verschossen, was? Ist sie vielleicht auch etwas, zu dem Sie sich hocharbeiten wollen, Sie Versager? Tut mir ja leid, wenn ich Ihre hübsche kleine Seifenblase zum Zerplatzen bringe, aber ich habe June zu nichts zwingen müssen.«
    Dunkelroter Zorn breitet sich auf seinem Gesicht aus. »June freut sich auf Ihre Hinrichtung, Mr Wing. Das kann ich Ihnen versichern.«
    Ich lache. »Schlechter Verlierer, was? Kommen Sie, ich tu Ihnen einen Gefallen. Ich erzähle Ihnen ganz genau, wie es war. Dann ist es fast so, als wären Sie derjenige gewesen. Na, ist das nichts?«
    Thomas packt mich am Hals. Seine Hände zittern. »An deiner Stelle wäre ich ein bisschen vorsichtiger. Junge!«, speit er. »Vielleicht solltest du daran denken, dass du immer noch zwei Brüder hast. Die sich beide im Gewahrsam der Republik befinden. Also halte deine Zunge im Zaum, es sei denn, du willst ihre Leichen neben der deiner Mutter liegen sehen.«
    Wieder schlägt er mich und rammt mir dann sein Knie in den Magen. Keuchend schnappe ich nach Luft. Ich denke an Eden und John und kämpfe die Panik, den Schmerz nieder. Sei stark. Lass dich nicht von ihm fertigmachen.
    Er versetzt mir noch zwei Hiebe. Sein Atem geht stoßartig. Mit sichtlicher Mühe lässt er schließlich die Faust sinken und stößt den Atem aus. »Das wäre dann alles, Mr Wing«, sagt er leise. »Wir sehen uns am Tag Ihrer Hinrichtung.«
    Ich kann vor Schmerzen nicht sprechen, also versuche ich bloß, seinem Blick standzuhalten. Ein merkwürdiger Ausdruck liegt auf seinem Gesicht, beinahe als wäre er wütend oder enttäuscht darüber, dass ich ihn so aus der Fassung gebracht habe.
    Er dreht sich um und verlässt ohne ein Wort den Raum.

JUNE
    An diesem Abend steht Thomas eine halbe Stunde lang vor meiner Tür und versucht, sich auf jede nur erdenkliche Art zu entschuldigen. Es tue ihm wirklich leid. Er habe mir nicht wehtun wollen. Er habe verhindern wollen, dass ich mich Commander Jamesons Befehlen widersetze. Er habe mir Ärger ersparen wollen. Er wolle mich doch nur beschützen.
    Ich sitze mit Ollie auf dem Sofa und starre ins Leere. Ich bekomme den Lärm der Gewehrsalven nicht aus dem Kopf. Thomas war schon immer sehr diszipliniert.
    Und heute war keine Ausnahme. Er hat nicht gezögert - nicht eine Sekunde als er unserem Commander gehorcht hat. Er hat den Schießbefehl ausgeführt, als veranlasse er damit nicht mehr als eine routinemäßige Seuchenkontrolle oder eine Nachtwache auf einem Luftstützpunkt. Was ist schlimmer: dass er dem Befehl so willenlos gefolgt ist oder dass er noch nicht einmal begreift, dass ich dafür eine Entschuldigung will?
    »June, hören Sie mir überhaupt zu?«
    Ich konzentriere mich darauf, Ollie hinter den Ohren zu kraulen. Metias’ alte Tagebücher liegen auf dem Couchtisch verstreut, zusammen mit den Fotoalben unserer Eltern. »Sie verschwenden Ihre Zeit!«, rufe ich ihm durch die geschlossene Tür zu.
    »Bitte. Lassen Sie mich rein. Ich möchte Sie nur kurz sehen.«
    »Wir sehen uns morgen.«
    »Ich bleibe auch nicht lange, versprochen. Es tut mir wirklich leid.«
    »Thomas, wir sehen uns morgen.«
    »June -«
    Meine Stimme wird lauter. »Ich sagte, wir sehen uns

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