Legend - Fallender Himmel
Großen Test bestanden!«
»Wirklich!« Mein Vater klopfte John auf den Rücken und schüttelte ihm die Hand, als wäre er ein erwachsener Mann. Ich sehe noch immer die Erleichterung in seinen Augen, das freudige Beben in seiner Stimme. Damals hatten wir uns alle Sorgen gemacht, John könnte den Test nicht bestehen, weil er solche Probleme mit dem Lesen hatte. »Ich bin stolz auf dich, Johnny. Gut gemacht.«
Dann sah er mich an. Ich erinnere mich, wie ich in seinem Gesicht zu lesen versuchte. Dads offizieller Job war es ja, hinter den Truppen an der Front herzuziehen und das Chaos zu beseitigen, aber es gab Hinweise darauf, dass das nicht die einzige Arbeit war, der er nachging. Hinweise wie die Geschichten, die er manchmal über die Kolonien und ihre funkelnden Städte erzählte, ihre fortgeschrittene Technologie und prunkvollen Feiertage. Gerade wollte ich ihn fragen, warum er immer länger weg war, als sein Dienst an der Front dauerte, warum er uns nie besuchen kam.
Doch etwas lenkte mich ab. »Da ist was in deiner Jackentasche, Dad«, sagte ich. Eine flache, kreisrunde Beule zeichnete sich unter dem Stoff ab.
Er schmunzelte und griff in die Tasche. »Das stimmt, Daniel.« Er sah unsere Mutter an. »Er ist wirklich aufmerksam, was?«
Mom lächelte mich an.
Mein Vater zögerte, dann führte er uns alle ins Schlafzimmer. »Grace«, sagte er zu Mom, »sieh mal, was ich gefunden habe.«
Sie sah genauer hin. »Was ist das?«
»Ein weiterer Beweis.« Zuerst versuchte mein Vater, den Gegenstand nur meiner Mutter zu zeigen, aber ich erhaschte einen Blick darauf, als er ihn in den Händen drehte. Auf der einen Seite war das Bild eines Vogels eingeprägt und auf der anderen das Profil eines Mannes. United States of America, In God We Trust, Quarter Dollar war auf der einen Seite eingeprägt und auf der anderen Liberty und 1990. »Siehst du? Das ist der Beweis.« Er drückte es ihr in die Hand.
»Wo hast du das gefunden?«, fragte Mom.
»In den Sumpfgebieten im Süden, direkt zwischen den Fronten. Das ist eine echte Münze aus dem Jahr 1990. Siehst du die Inschrift? United States of America - Vereinigte Staaten. Also ist es wahr.«
Die Augen meiner Mutter leuchteten vor Aufregung, aber sie blickte meinen Dad ernst an. »So etwas zu besitzen, ist gefährlich«, flüsterte sie. »Das behalten wir nicht hier im Haus.«
Mein Vater nickte. »Aber wir können es auch nicht zerstören. Wir müssen es sicher verwahren - wer weiß, das hier könnte die letzte Münze ihrer Art auf der ganzen Welt sein.« Er schloss die Hand meiner Mutter um die Münze. »Ich werde eine Metallhülle dafür basteln, irgendetwas, das beide Seiten bedeckt. Dann schweiße ich sie zusammen und die Münze darin ist sicher.«
»Und was machen wir dann damit?«
»Sie irgendwo verstecken.« Mein Vater hielt eine Sekunde inne, dann blickte er John und mich an. »Das beste Versteck ist da, wo jeder sie sehen kann. Gib sie einem der Jungen, vielleicht als Medaillon. Die Leute werden denken, dass es irgendein wertloser Firlefanz ist. Aber wenn die Soldaten sie bei einer Razzia unter einer Bodendiele oder so finden, wissen sie sofort, dass das etwas Wichtiges ist.«
Ich sagte nichts. Schon in dem Alter verstand ich die Befürchtungen meines Vaters. Unser Haus war schon ein paarmal bei Routinekontrollen von Soldaten durchsucht worden, genau wie jedes andere Haus in unserer Straße. Wenn Dad die Münze irgendwo versteckte, würden sie sie finden.
Unser Vater verließ uns früh am nächsten Morgen, noch bevor die Sonne aufgegangen war. Ein einziges Mal sollten wir ihn danach noch sehen. Dann kam er nie mehr zurück.
Diese Erinnerung zuckt in einem winzigen Moment durch meine Gedanken. Ich blicke zu June auf. »Danke, dass du es aufbewahrt hast.« Ich frage mich, ob sie wohl die Traurigkeit in meiner Stimme bemerkt. »Danke, dass du es mir zurückgegeben hast.«
JUNE
Ich kann nicht aufhören, an Day zu denken.
Als ich mich später an diesem Nachmittag in meiner Wohnung zu einer kurzen Ruhepause aufs Sofa lege, träume ich von ihm. Ich träume davon, dass Day die Arme um mich geschlungen hat und mich wieder und wieder küsst, seine Hände über meine Arme und durch mein Haar und über meine Taille streichen, seine Brust sich an meine schmiegt, sein Atem an meinen Wangen, meinem Hals, meinen Ohren. Sein langes Haar streift mein Gesicht und ich ertrinke in den Tiefen seiner Augen. Als ich aufwache und merke, dass ich allein bin, fällt mir das Atmen
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