Legende der Angst
hatte. Letztes Jahr hatten wir seltsames Wetter. Im November zum Beispiel hat es Tage gegeben, an denen man durchaus noch im T-Shirt rumlaufen konnte. Aber wie ich schon sagte, das Problem schien sich von selbst zu lösen. Interessant war allerdings, daß nur eine bestimmte Gruppe von Schülern von den Beschwerden betroffen war. Deine Geschichte hat mich an die ganze Sache erinnert.«
»Betroffen waren die Footballspieler und die Cheerleader?« fragte Angela.
»Genau. Ich bin verschont worden. Alle meine Freunde auch. Aber ich glaube, alle Mädchen der Cheerleader-Gruppe waren betroffen. Von Kathy Baker jedenfalls weiß ich es genau. Ich erinnere mich, daß ihre Mutter einen bösen Brief an die lokale Zeitung geschrieben hat, in dem sie anprangerte, daß irgend etwas in der Schule ihre Tochter vergiftete.«
»War Jim Kline betroffen? Oder Todd Green?«
»Ich bin mir nicht sicher. Vielleicht.«
»Und Mary?« fragte Angela.
»Ich glaube nicht. Es waren eigentlich nur diese beiden Gruppen.« Kevin lachte leise. »Möglicherweise war Streß Ursache der Hysterie. Bis auf zwei Spiele hat das Footballteam ständig verloren. Das ist nicht ungewöhnlich für eine Schule, die gerade erst eröffnet worden ist, aber ich weiß, daß die Spieler die Sticheleien nicht mochten, denen sie ständig ausgesetzt waren.«
»Hat sich irgend jemand von denen, die krank wurden, seltsam verhalten?«
»Soviel ich weiß, nicht«, antwortete Kevin.
»Was hat das alles dann mit Mary zu tun? Die Verseuchungstheorie – oder wie immer du es nennen willst – kann nicht herangezogen werden, um zu erklären, was sie getan hat.«
»Du betrachtest das Ganze von der falschen Seite«, sagte Kevin. »Die Verseuchungstheorie könnte erklären, was Marys Meinung nach mit den anderen passiert ist.«
»Du glaubst tatsächlich, daß sie diese Dinge getan haben?« wollte sie wissen.
»Nein. Wie ich schon sagte, es ist nur eine verrückte Theorie. Mary hatte einen Kurzschluß und hat angefangen, Leute abzuschießen. Es wäre nicht das erste Mal, daß so etwas passiert. Vielleicht wollte Jim Schluß mit ihr machen, und sie hat die Nerven verloren.«
»Er hat mir erzählt, daß er Schluß mit ihr machen wollte«, sagte Angela.
»Du hast mit ihm gesprochen?«
»Heute morgen, bei den Beerdigungen.« Sie erwähnte nicht, daß er sich mit ihr verabredet hatte. Kevin wäre möglicherweise eifersüchtig gewesen.
»Wie geht es ihm?« fragte Kevin.
»Gut. Sein Bein ist fast wieder in Ordnung.«
»So schnell?« fragte Kevin. »Ich habe gehört, daß sie ihn ordentlich erwischt hat.«
»Das ist nur Gerede. Sie hat ihn kaum gestreift.« Angela stand auf und ging vor der Couch auf und ab. »Ich möchte nicht über diese Sache reden, die mich krank macht. Bist du sicher, daß die Experten damals nichts gefunden haben?«
»So lautete jedenfalls die offizielle Stellungnahme. Sie haben die Schule für ein paar Tage geschlossen, um überall Proben zu nehmen. Ich bin hingegangen und habe sie beobachtet. Sie waren sehr gründlich.«
»Sind irgendwelche der Symptome später im Jahr noch einmal aufgetreten? Zum Beispiel, als die Leichtathletik oder Baseballsaison angefangen hat?«
»Letztes Jahr gab es in diesen Disziplinen keine Teams. Ich weiß nicht, ob es dieses Jahr anders sein wird. Bei uns gibt es nur um die sechshundert Schüler, aus denen die Teams zusammengestellt werden können. Aber um deine Frage zu beantworten: Ich weiß es wirklich nicht.«
Angela beendete ihre rastlose Wanderung. »Ich hasse einfach den Gedanken, daß Mary völlig übergeschnappt ist.« Sie runzelte die Stirn. »Vielleicht waren die drei tatsächlich von irgendeinem seltsamen Virus oder was auch immer befallen und haben sich merkwürdig benommen.«
»Was für einen Eindruck hat Jim gemacht, als du dich mit ihm unterhalten hast?«
»Einen guten«, antwortete Angela.
»Hat er ausgesehen, als könnte er jemanden bei lebendigem Leibe verschlingen?«
Angela winkte ab. »Sogar Mary hat zugegeben, nie wirklich gesehen zu haben, wie er jemandem etwas zuleide getan hat.«
»Dafür, daß sie so wenig Beweise hatte, hat sie aber schnell und drastisch reagiert«, sagte Kevin. »Wir könnten losziehen und dieses Lagerhaus überprüfen.«
»Können wir nicht. Sie konnte sich nicht mehr daran erinnern, wo es war.«
»Wie praktisch«, meinte Kevin.
Angela nickte. »Ich habe dasselbe gedacht. Hey, hättest du Lust, mit mir zur Bibliothek zu gehen? Ich würde gern einige der Berichte über
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