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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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»Natürlich sehe ich schlimm aus, ich fühle mich ja auch schrecklich. Zwei Leute, die ich kannte, sind tot, und Mary ist im Gefängnis. Ich weiß nicht. Ich hätte nicht übel Lust, Point den Rücken zu kehren und wieder zurück zu meinen Eltern zu gehen, um bei ihnen zu leben. Sie haben nur mit Worten gekämpft – sie haben keine Gewehre gebraucht.«
    Kevin rückte näher an sie heran. Er legte einen Arm um sie, und Angela lehnte sich an ihn.
    »Du kannst nicht weggehen«, sagte er. »Wenn du es tust, werde ich hier Amok laufen. Ich werde mit jedem Mädchen aus der Schule schlafen, werde sie alle schwängern. Und dann müssen sie die Schule schließen, um das Gesicht zu wahren. Der ganze Staat würde in Verruf kommen.« Er lehnte sich zu ihr und küßte sie auf die Wange. »Genauso wird es kommen, Angie-Liebes, wenn du mich verläßt.«
    Sie schniefte wieder und lächelte, doch das Lächeln war nicht von langer Dauer. Obwohl sie sowohl Mary als auch Kevin den vergangenen Sommer über sehr oft gesehen hatte, kannten die beiden sich nicht besonders gut. Sie kreisten auf unterschiedlichen Umlaufbahnen. »Mary hat den Verstand verloren«, sagte Angela kaum hörbar.
    »Ich habe gehört, daß du dich bei der Polizei mit ihr unterhalten hast«, sagte Kevin.
    Sie setzte sich gerade hin und wischte sich über das Gesicht. »Neuigkeiten verbreiten sich wirklich schnell. Hast du auch gehört, worüber wir uns unterhalten haben?«
    »Nein. Niemand hat eine Ahnung, warum sie es getan hat. Alle warten darauf, daß du es ihnen sagst.«
    »Wenn ich dir sage, was sie mir erzählt hat, kannst du es dann für dich behalten?«
    »Ganz sicher«, erwiderte er.
    Aus Erfahrung wußte Angela, daß Kevin jemand war, der sein Wort hielt. »Mary hat gesagt, daß sie Todd und Kathy und Jim töten mußte, weil sie Monster waren.«
    »Das hätte ich dir auch sagen können«, entgegnete Kevin mit unbewegter Miene.
    »Ich meine es ernst, Kev.«
    Kevin blinzelte. »Erzähl mir die ganze Geschichte.«
    Angela erzählte sie ihm; alles, was in der Nacht passiert war, als die Party stattgefunden hatte, und danach alles, was Mary ihr auf der Polizeistation anvertraut hatte. Kevin hörte geduldig zu, ohne sie zu unterbrechen. Er hatte einen scharfen Verstand; auf der High gehörte er zu den besten Schülern. Und während Angela ihm alles erzählte, keimte in ihr die Hoffnung auf, daß er vielleicht Licht in die ganze Sache bringen könnte. Als sie geendet hatte, wartete sie still darauf, daß Kevin seine Meinung äußerte.
    »Das klingt in der Tat, als habe sie den Verstand verloren«, meinte er dann.
    »Das denke ich auch.«
    »Aber vielleicht ist es nicht ihre Schuld.«
    »Wie meinst du das?« wollte Angela wissen.
    »Ich traue mich noch nicht ganz, davon anzufangen. Es wird möglicherweise zu nichts führen, aber es ist sicher eine Theorie, auf die die Zeitungen verfallen.«
    »Wovon redest du?«
    »Es ist letztes Jahr passiert, bevor du hierhergekommen bist. Die Point High war gerade erst eröffnet worden. Davor sind wir immer mit Bussen zur Balton High gefahren. Es war entsetzlich – fünfundvierzig Minuten eine Strecke, und die Balton High war hoffnungslos überfüllt. Wie auch immer, wir haben unsere eigene Schule bekommen, und alle waren glücklich, zumindest bis zum Frühjahr, kurz vor Ende der Footballsaison. Damals hat es angefangen, daß einige der Schüler über Kopf- und Bauchschmerzen geklagt haben. Es waren so um die dreißig Jungen und Mädchen, vielleicht auch mehr. Zwei sind einmal während des Unterrichts ohnmächtig geworden, und es war durchaus nichts Ungewöhnliches, daß jemand plötzlich zur Toilette rannte, um sich zu übergeben. Alle hatten plötzlich höllische Angst, und es wurde eine gigantische Versammlung einberufen, an der Eltern, Lehrer und Schüler teilnahmen. Experten wurden beauftragt, das Wasser an der Schule zu untersuchen und genauso die Materialien, die zum Bau der Schule verwendet worden waren. Selbst das Gras und die Blumen draußen in den Grünanlagen wurden unter die Lupe genommen. Sie haben nicht das geringste gefunden, und dann haben die Zwischenfälle und Beschwerden plötzlich abgenommen. Obwohl mit den Unregelmäßigkeiten nie ganz Schluß war. Die Experten haben die schlimmen Auswüchse jedoch einer Massenhysterie zugeschrieben.«
    »Und was hat ihrer Meinung nach die Hysterie ausgelöst?« fragte Angela.
    »Da gab es mehrere Meinungen. Die verrückteste war, daß der Sommer wohl zu lange angedauert

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