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Legende der Angst

Legende der Angst

Titel: Legende der Angst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Pike
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den grasbewachsenen Streifen zwischen den Gräbern. Er fragte sich erneut, warum er eigentlich hier war.
    Irgend etwas hatte er übersehen!
    Gleichzeitig konnte er Angelas Worte nicht vergessen.
    Hören Sie auf, mir zu folgen. Lassen Sie mich tun, was ich tun muß. In dem Moment, in dem Sie glauben zu verstehen, was vor sich geht, werden Sie tot sein.
    Was hatte Angela vor? Da weiterzumachen, wo Mary aufgehört hatte? Noch mehr von ihnen umzubringen? Von den Monstern mit den grünen Dämonen in ihren Adern und dem roten Blut in ihren Mündern? Als er Angela das letzte Mal gesehen hatte, hatte sie Blut weggewischt, das um ihren Mund herum verschmiert gewesen war. Auf wessen Seite stand sie?
    Eine Brise kam auf, stöhnte, als sie die Zweige der Bäume in der Nähe streifte. Das Stöhnen verstummte jedoch nicht als die Brise wieder abflaute. Es schien den ganzen Friedhof zu erfüllen, es schwoll an und wurde leiser, wie das Stöhnen eines lebendigen menschlichen Wesens, das unter Schmerzen litt. Nguyens Herz begann schneller zu schlagen, während er unbeweglich dasaß.
    Das Stöhnen rührte nicht vom Wind her.
    Sein Ursprung war irgendwo neben ihm.
    Unter ihm.
    »Gütiger Buddha, rette uns«, flüsterte er.
    Nguyen lehnte sich vor, beugte sich über das Grab von Todd Green. Allerdings traute er sich nicht, das Ohr auf den Boden zu legen. Er fürchtete – es war lächerlich, aber was er hörte, war im Grunde nicht minder lächerlich –, daß eine Hand aus dem Grab wachsen, ihn packen und unter die Erde ziehen könnte. Oder ihm zumindest das Ohr abreißen könnte. Tran Quan, der Sadist seiner Kompanie in Vietnam, hatte die Ohren derjenigen gesammelt, die er erschossen hatte. Einmal hatte Nguyen ihn dabei beobachtet, wie er ein Ohr eines ihrer eigenen Gefallenen abgeschnitten hatte. Nguyen hatte sich damals geschworen, immer sehr gut auf seine Ohren aufzupassen.
    Wieder war da dieses Stöhnen.
    »Jesus«, flüsterte Nguyen. Er betete immer sowohl zu Buddha als auch zu Jesus, wenn die Dinge wirklich schiefliefen.
    Das Ächzen kam von weit unter der Erde – etwa aus zwei Metern Tiefe. Nguyen sagte sich selbst, daß das einzige, was es dort unten gab, eine Holzkiste war, in der die Leiche von Todd Green lag, und er sich verhört haben mußte. Das Ächzen hörte sich auch eigentlich nicht unbedingt wie die Klage eines menschlichen Wesens an, doch auch diese Feststellung vermochte ihn nicht besonders zu beruhigen. Es klang eher nach dem Knurren eines riesigen, hungrigen Tieres.
    Nguyen sprang auf die Füße und rannte ein gutes Stück von dem Grab weg. Als er dann stehenblieb, konnte er das Stöhnen oder Knurren nicht länger hören. Das war gut so. Wahrscheinlich ist es auch niemals dagewesen, dachte er. Er hatte sich das alles nur eingebildet.
    Dann zwang sich Nguyen jedoch, die zwanzig Schritte zu Todds Grab zurückzugehen, und er hörte das Stöhnen wieder. »Sei still«, schrie er den Boden an.
    Das Stöhnen verstummte.
    Todds Leiche hatte ihn gehört und gehorchte.
    Nguyen wandte sich um und rannte zu seinem Wagen. Er ließ den Motor an und verließ den Friedhof mit Höchstgeschwindigkeit. Er mußte Angela Warner finden, ob sie nun ein Mensch war oder nicht. Er mußte mit ihr reden. Und er wußte, daß er sie vielleicht würde töten müssen.
    Wenn sie nicht bereits tot war.

 
    15. Kapitel
     
     
     
    Sie öffneten die Tür zum Keller, als sie mit dem Essen so gut wie fertig war. Aus irgendeinem Grund war das Licht im Keller ausgefallen, so daß sie ihren Hunger im Dunkeln hatte stillen müssen. Der Lichtstrahl, der von oben durch den Türspalt fiel, stach ihr in die Augen. Sie waren da oben – sie konnte sehen, wie sie zu ihr hinabstarrten. Jemand, der Jim hieß, führte die Truppe an.
    »Wir haben gleich eine Versammlung«, sagte der, den sie Jim nannten.
    Sie stand auf und sah, daß sie blutbesudelt war. Überall um sie herum war Blut das aus Stücken zerrissenen Fleisches tropfte. Sie konnte sich nicht mehr genau daran erinnern, woher es eigentlich stammte, aber es war gut gewesen – das Blut und auch das Fleisch. Sie konnte sich auch an ein Pochen in ihrem Kopf erinnern, aber das hatte inzwischen aufgehört, und das war gut so. Das Pochen war schmerzhaft gewesen. Sie ging zur Treppe hinüber.
    »Ich werde zu der Versammlung kommen«, sagte sie.
    »Wasch dich zuerst«, entgegnete der, den sie Jim nannten.
    »Ich werde mich zuerst waschen«, sagte sie.
    Sie stieg die Kellertreppe hinauf und dann noch eine

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