Legende von Eli Monpress 02 - Herr des Windes
Josef, »inklusive der halb fertigen Klinge, an der Fenzetti gearbeitet hat, als er starb.« Er hob die Augenbrauen, als Eli ungläubig das Gesicht verzog. »Was? Ich bin ein Schwertkämpfer. Fenzetti-Klingen sind berühmte Schwerter. Es ist nicht schwer, die Verbindung zu erkennen. Was ich gerne wissen würde«, sagte er dann und blickte Slorn an, »ist, warum einer der größten Waffenschmiede für erweckte Schwerter eines dieser Schwerter haben will. Fenzettis sind Sammlerstücke und werden wegen ihrer angeblichen Unzerstörbarkeit geschätzt, aber sie sind kaum das Ergebnis großer Waffenschmiedekunst. Jeder Schwertkämpfer, ob nun Magier oder nicht, würde nur zu gerne eine Fenzetti-Klinge gegen eine der Klingen von Heinricht Slorn tauschen.«
Slorns Mundwinkel zuckten. »Es ist keine angebliche Unzerstörbarkeit. Die Schwerter von Fenzetti kann man auf keine der Welt bekannte Art zerbrechen. Fenzetti war ein Formmagier, wisst ihr? Das war vor Hunderten von Jahren, weit vor meiner Zeit, aber er war als einer der kreativsten Handwerker und Gildenmeister berühmt und federführend dafür verantwortlich, dass seine Zeit eine ungewöhnlich experimentelle und produktive Periode der Formmagie war. Also, gewöhnlich horten Formmagier stapelweise seltene Materialien für ihre Arbeit, auch Werkstoffe, von denen sonst eigentlich niemand weiß – Dinge, die ihnen von den Geistern gebracht werden, Seltsamkeiten, Stoffe, die sonst niemand versteht. Die Objekte, die wir als Fenzetti-Klingen kennen, bestehen aus einem solchen Material. Die Formmagier nannten es seiner weißlichen Farbe wegen Knocheneisen, und für eine Weile war es unter ihnen sehr begehrt. Man kriegt nicht oft eine unverwüstliche Substanz in die Finger. Unglücklicherweise sorgte genau diese Unverwüstlichkeit dafür, dass sich Knocheneisen nicht bearbeiten ließ. Man kann es weder schmelzen noch zerkratzen, weder zerschlagen noch mit dem Hammer formen, und niemandem ist es je gelungen, den Geist des Knocheneisens zu erwecken. Nach ein paar Jahren fieberhafter Erforschung haben die meisten Formmagier Knocheneisen als interessantes, aber nutzloses Material abgetan. Was hilft einem schon ein Material, das man zu nichts verarbeiten kann?«
»Faszinierende Geschichtsstunde«, meinte Eli. »Aber wann kommt Fenzetti ins Spiel?«
»Dazu wollte ich gerade kommen«, entgegnete Slorn schlecht gelaunt. »Von allen Formmagiern war Fenzetti der Einzige, der je herausgefunden hat, wie man Knocheneisen verarbeitet. Über einen Zeitraum von zwanzig Jahren formte er eine Reihe von unzerstörbaren Schwertern aus dem Material. Doch selbst der große Fenzetti konnte das Knocheneisen nur grob bearbeiten, und ich habe gehört, dass die paar Stücke, die er als seine Meisterwerke betrachtet, nicht besonders viel hermachen. Aber na ja«, grinste Slorn, »ich habe auch nicht vor, mir eines an die Wand zu hängen. Ich will das Knocheneisen.«
»Nun, wenn das so ist«, meinte Eli, »warum kaufst du nicht einfach Knocheneisen? Warum sich die Mühe machen, eine Fenzetti zu stehlen?«
»Weil Knocheneisen in der Natur so selten ist, dass es genauso gut nicht existieren könnte«, erklärte Slorn genervt. »Das wenige, das es gibt, horten die Formmagier in ihren Lagern unter ihrem Berg. Und ich denke, inzwischen sollte absolut klar sein, dass sie mir das Zeug nicht einfach verkaufen werden. Und ich glaube nicht, dass du noch mal versuchen willst, den Berg der Formmagier auszurauben.«
»Nein«, sagte Eli lachend. »Einmal hat mir gereicht, vielen Dank. Also wird es eine Fenzetti-Klinge. Hast du es auf eine spezielle Klinge abgesehen?«
»Ich würde eine große bevorzugen«, sagte Slorn nachdenklich. »Aber ich habe eigentlich keine besondere Klinge im Kopf. Alles, was du schnell besorgen kannst, ist in Ordnung.«
»Der Ausdruck ›schnell‹ ist ziemlich relativ«, sagte Eli. »Aber fair ist fair, schließlich hast du deinen Teil der Abmachung definitiv gehalten.«
»Dann haben wir also einen Handel?«, fragte Slorn.
»Ja.« Eli grinste und streckte die Hand aus. »Ein Mantel gegen eine Klinge aus Knocheneisen. Ein fairer Handel.«
Slorn schüttelte ihm fest die Hand, dann scheuchte er sie aus seiner Werkstatt. Nico bewunderte immer noch glücklich ihren Mantel. Als sie den Wohnraum betraten, entdeckten sie dort Pele, die auf sie wartete. Ihr Gesicht war bleich und nervös, und ihre Haare standen zerzaust und wild um ihren Kopf, als hätte sie mitten in einem Sturm gestanden.
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