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Legenden d. Albae (epub)

Legenden d. Albae (epub)

Titel: Legenden d. Albae (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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entstanden gesegnete Krater.
    Die Herrscher der Albae erkannten die Zeichen und gründeten in dem ersten, den sie fanden, Dsôn Faïmon. So ward sie geborgen: die Urstätte unserer Art.
    Epokryphen der Schöpferin,
1. Buch, Kapitel 1, 8–11

Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albae-Reich Dsôn Faïmon, Dsôn 4370. Teil der Unendlichkeit (5198. Sonnenzyklus), Sommer
    Sinthoras hob den Türklopfer aus schwerem Granit und ließ ihn gegen das Steinholz fallen. Ein einzelner, dunkler Laut erklang.
    Er machte fünf langsame Schritte rückwärts, um Demenions üppiges Haus, das aus Schwarzholz errichtet worden war, eingehend zu betrachten. Die Umbauarbeiten an der Fassade waren abgeschlossen: verschachtelte Schnitzereien, kleine Ziersäulen an den Fronten, polierte Silberplatten, welche die Blicke der Vorbeigehenden auf sich zogen.
    Neid nagte an ihm.
    Demenion gönnte sich in jedem Teil der Unendlichkeit eine neue Außengestaltung seines sechseckigen Domizils, das im Süden des belebten Tåm-Platzes stand. Eine ausgezeichnete Lage!
    Die Skulpturen hatte er gemeinsam mit bedeutenden Künstlern aus Dsôn angefertigt, sodass kein anderer mit ähnlich atemberaubenden Figuren aus bronziertem Tionium und Silber protzen konnte.
    In vier Schritt Höhe prangte die opulente Schlachtenszene an der Front, in dessen Mittelpunkt Demenion stand. Zu seinen Füßen lagen vernichtete Óarcos, Trolle und Barbaren. Während ihre Körper aus Metall bestanden, hatte man die originalen Gesichter der Getöteten eingepasst und mit Lack haltbar gemacht. Eine sehr aufwendige Prozedur, die äußerste Präzision der Künstler im Umgang mit dem ebenso verletzlichen wie verderblichen Fleisch und dem Lack erforderte. Wenige wagten sich an dieseHerausforderung, denn die Haut durfte ihre Farbe weder verlieren noch runzlig werden, noch im Licht der Sonne austrocknen oder gar schimmeln. Das hätte zwar einen faszinierenden Effekt des unaufhaltbaren Verfalls gegeben, was aber bei Bildnissen dieser Art nicht erwünscht war.
    Sinthoras betrachtete die Toten genauer. Schrecken, Qual und Schmerzen lagen auf ihren Zügen. Und auch dort, wo ihnen Wunden zugefügt worden waren und man nun offene Stellen, Brüche und Innereien sah, wurden aus der Bronze wieder Fleisch und Knochen. Spektakulär, ohne Zweifel. Und übertrieben, angeberisch.
    Doch wer im Sternenauge lebte, noch dazu am Tåm-Platz, musste zeigen, was er hatte. Hier bekamen nur Helden, einflussreiche Albae und die besten Künstler einen Platz zum Leben. Und dieser Platz kostete ein Vermögen. Die teuren, vielstöckigen Gebäude wurden manchmal so schnell ge- und wieder verkauft, dass man von seinem neuen Nachbarn noch gar nichts gesehen hatte, als er schon wieder auszog und einem vermögenderen Alb wich.
    Es gab genügend, die ihre sämtlichen Ersparnisse und Reichtümer aufbrauchten, um mithalten zu können, und letztlich doch wieder in einen der Strahlarme ziehen mussten, wo ihnen der Spott sicher war.
    Sinthoras’ Mund wurde zu einem dünnen Strich. Er würde schon bald eines der Häuser in Dsôn besitzen, musste dazugehören. Er hatte sich einen dreieckigen, in sich gedrehten Turm ausgesucht, ebenfalls am Tåm-Platz. Ein wunderschönes, verspieltes Bauwerk, gefertigt aus Sigurdazienholz; die Wände waren mit Intarsien versehen, die bei Nacht heller als die Zeichen und Runen der umliegenden Häuser leuchteten. Es gebührte ihm. Der Aufstieg würde schon bald geschehen, das Versprechen von höchster Stelle trug er in der Tasche. Dann würde der Neid über Demenion hereinbrechen.
    Er sah zur Tür, die eben für ihn geöffnet wurde. Ein Menschensklave, um die zehn Teile der Unendlichkeit alt, stand in einer hellblauen Robe vor ihm, verneigte sich tief und trat zur Seite, um ihn hereinzulassen.
    Er schritt an ihm vorbei, kein Gruß, nicht einmal ein Blick. Der hässliche Mensch war es nicht wert, beachtet zu werden.
    Sinthoras fand es beinahe schon unverschämt, dass Demenion den Sklaven mit unverhülltem Gesicht arbeiten ließ. Raleeha war wenigstens hübsch, man konnte ihren Anblick sogar genießen, wenn man etwas Einfaches bevorzugte. Aber
dieses
Exemplar?! Mit derart breiten Wangenknochen und wulstigen Lippen, die an einen Esel erinnerten?
    Er kannte den Weg, der zum Versammlungsgarten führte, und trat nach kurzer Wanderung in das mit Sonnensegeln geschützte Fleckchen im Hof des Hauses, in dem seltenes knochenweißes Gras wuchs, zwischen das Demenion Nachtnarzissen hatte setzen lassen. Darum herum

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