Legenden d. Albae (epub)
gewaltige Eruption. Ein Grollen entstieg dabei seiner Kehle, das lauter und lauter wurde, leidend und gleichzeitig voller Hass. Seine Finger tasteten nach den Schwertgriffen.
»Du darfst mir nichts tun, mein Halbgott«, sagte Karjuna unsicher. »Deinen Eid hast du gebrochen. Willst du nun auch noch das Wort deiner Herrscher mit Missachtung strafen?« Sie schob sich die Pfeife zwischen die Lippen. Sie hatte Angst; auch dieWache wich vor dem Alb zurück.
Aus dem Grollen war ein lautes Stöhnen geworden, das sich in einen neuerlichen Schrei steigerte. Geschwollene Zornesadern platzten, schwarzes Blut rann über seine bleiche Haut, malte senkrechte Striche. Die Augen wandelten sich in tiefes Schwarz, obwohl Nacht herrschte.
Caphalor sprang nach vorne, riss die Kurzschwerter hoch und schlug nach Karjuna. Die Klingen schnitten in die rechte und linke Schulter, schossen abwärts und zerteilten den Oberkörper der Obboona mühelos bis zur Hüfte.
Tot fiel sie nieder.
Caphalor hob den Stiefel und zerstampfte ihren Schädel mit einer einzigen, kraftvollen Bewegung, trieb die Pfeife in das Hirn; rasend trat und trat er immer wieder zu.
Von draußen erklang ein vielstimmiges Heulen.
»Die Srink!«, rief ein Gardist von draußen. »Sie greifen an!«
»Sollen sie!«, schrie Caphalor und stürmte aus dem Zelt. Sein Denken setzte wieder ein.
Sollen sie
! Sie werden Verluste erleiden, wie sie ihnen ein einzelner Krieger noch niemals zugefügt hat.
Er sprang in Sardaîs Sattel und sah zum Wald, aus dem die Geschöpfe zu Hunderten und Aberhunderten rannten, um ihrer Königin beizustehen.
Caphalor scherte die Überzahl nicht.
Je mehr kommen, desto mehr von ihnen werden fallen.
Er trat dem Hengst die Fersen in die Flanken und preschte voran, genau auf die Front zu, die Schwerter zum Schlag erhoben.
Seine Erinnerungen führten ihn blitzartig in die Vergangenheit, nach Shiimāl, wo sie ihn den Balkon seines Hauses sehen ließen. Dort standen Enoïla und seine Tochter Tarlesa, die ihm das Leben gerettet hatte. Dann verging das idyllische Bild. Die erste Reihe der Srink durchbrach die Illusion mit ihren Klauen, ihren Mäulern und dem widerlichen Gejaule.
Ich habe alles verloren, was mir etwas bedeutete. Mein Liebstes und Heiligstes. Was soll ich noch mit der Ewigkeit
?
»Vergib mir, dass ich an uns zweifelte, Enoïla«, rief Caphalor und jagte durch die vorderste Linie. »Gleich bin ich bei dir!«
Jeder Schlag fand ein Ziel, seine Klingen brachten vielfachen Tod.
XVII
Die Unauslöschlichen kannten keine Furcht.
Sie befahlen die Truppen eine Meile vor den Wassergraben und stellten sich an deren Spitze.
Und als die Ausgeburten von Ishím Voróo heraneilten und sich auf sie stürzen wollten, hoben Nagsor und Nagsar Inàste die Schleier von ihren Antlitzen.
Ihre Schönheit brachte die Angreifer auf der Stelle um den Verstand. Wahnsinnig geworden, warfen sie sich gegenseitig an den Hals und töteten sich.
Nicht ein Alb musste sein Schwert ziehen oder einen Pfeil abfeuern.
Epokryphen der Schöpferin,
2. Buch, Kapitel 1, 6–11
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albae-Reich Dsôn Faïmon, Strahlarm Wèlèron, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus), Winter
Sinthoras hatte sich erhoben, und im gleichen Moment ertönte der Alarm.
Ein Irrtum
!
Der Blick vom Turm hinüber zeigte ihm, dass er es war, der einem Irrtum unterlag. Aus den Wäldern jenseits des gerodeten Streifens stürmten die Srink. Ihnen preschte ein einzelner Alb auf seinem Nachtmahr entgegen. Um die Fesseln und Hufe zuckten Blitze, und er meinte, das Donnern bis zu seinem Turm hinauf zu hören.
Die Art, wie sich der Alb auf dem Rücken des Tieres bewegte, die beiden Kurzschwerter und die Art zu kämpfen verrieten Sinthoras sehr schnell, wer den Wahnsinn beging, sich allein gegen ein Heer zu werfen: »Caphalor!«
Was hat ihn dazu gebracht, dieses selbstmörderische Unterfangen einzugehen
?
Der besonnene Alb würde nicht ohne außergewöhnlichen Grund so handeln.
Die Leibwächter und zwei Krieger stürmten zu ihm auf die Plattform. »Nostàroi«, keuchte der Soldat, »was sollen wir tun? Nostàroi Caphalor attackiert die Srink!«
»Weswegen tut er das?«
»Das wissen wir nicht. Er wollte die Königin der Srink treffen, um sich mit ihr zu beraten.«
Sinthoras ahnte, dass die Beratung gänzlich anders verlaufen war, als Caphalor es erhofft hatte.
Es wäre besser gewesen, ihn zu begleiten. Hätte ich es nur getan, anstatt mich zu verkriechen.
»Gebt
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