Legenden d. Albae (epub)
Alarm. Die anderen Türme sollen sich bereithalten.«
Schon wieder musste er eine Entscheidung treffen. Ließ er die Katapulte feuern, hatte er gegen den Befehl der Unauslöschlichen verstoßen. Tat er es nicht, verloren die Albae einen ihrer größten Helden. Was fast noch schwerer wog, war die Tatsache, dass Caphalor durch seinen Ritt vollends zu einer Legende wurde, gegen die es schwer werden würde anzukommen.
Ohne wesentliche Verzögerung erklangen die Signale von den anderen Inseln, die Mannschaften meldeten ihre Einsatzbereitschaft.
Sinthoras sah Caphalor zu, wie er durch die Reihen der Srink fegte. Sein Nachtmahr stampfte die Scheusale in Grund und Boden und walzte sie nieder.
Ohne diesen Hengst wäre er bei aller Schwertkunst schon lange gefallen.
Die Srink schienen kein Mittel gegen den rasenden Krieger zu finden und behinderten sich durch ihre Masse selbst in der Attacke.
»Nostàroi, Eure Entscheidung?«, fragte der Soldat nach.
Einer der Gardisten, die Caphalor begleitet hatten, kehrte soeben über die Brücke zurück und wurde von den Soldaten zu Sinthoras geschickt. Auf der Plattform angekommen, berichtete der Mann rasch, was geschehen war.
Aus Liebe also.
Sinthoras hätte sich bis vor wenigen Momenten der Unendlichkeit nicht vorstellen können, aus diesem Grund in den Tod zu reiten. Er hätte Caphalor nicht verstanden und ihn einen Narren genannt, der durch seine Rachsucht so vieles aufs Spiel setzte.
Doch seit er Timānris begegnet war, er durch sie unvorstellbare Gefühle hatte kennenlernen dürfen, starke und wundervolle Gefühle, verstand er. Allein die Vorstellung, die Obboona hätte Timānris das Gleiche angetan wie Enoïla, ließ ihn innerlich vor Angst erfrieren.
Sinthoras atmete tief ein und fällte eine Entscheidung.
Caphalors Bewusstsein war ausgeblendet, ebenso seine Sinne.
Er sah sich von oben, einige Schritte über seinem eigenen Leib, wie er mit den Schwertern um sich schlug und Sardaî durch die Linien der Bestien steuerte. Ihr Blut spritzte weit und hoch, wenn er sie traf. Er selbst hatte etliche Krallen in der Rüstung stecken und wie der Nachtmahr einige Verletzungen davongetragen.
Aber er spürte sie nicht.
Vielleicht ist meine Seele bereits im Begriff, aus dem Körper zu weichen.
Er stellte sich vor, dass sie hinter seinem Leib herflog, gleich einem Drachen, den Kinder bauten und im Wind steigen ließen. Ein dünnes, unsichtbares Band hielt ihn in der Endlichkeit, bis es reißen würde.
Caphalor hörte ein Rauschen, und dunkelgelber Lichtschein fiel von oben auf die Fratzen der Srink, der rasch intensiver wurde. Gleich darauf schlugen die Feuergeschosse ein, zerbarsten und entluden ihre flüssigen Flammen, badeten die Srink rund um den Alb in Lohen, spülten sie davon und verbrannten sie dabei zu Asche.
In das Rauschen gesellte sich das Schwirren der Pfeile und Speere, die riesige Lücken in das Heer der Ungeheuer rissen. Es erinnerte Caphalor an Kornhalme, die großflächig von starkem Wind niedergedrückt wurden, während der Rest des Feldes stehen blieb.
Die Schützen auf den Turminseln verstanden ihr Handwerk und schufen ihm Schneisen, durch die Sardaî von sich aus sprengte, über die toten oder verbrannten Srink hinweg. Der Nachtmahr geriet nicht ein einziges Mal ins Straucheln, auch wenn er durch Feuerfelder preschte.
Die verbliebenen Srink zogen sich kreischend zurück, eilten auf den Wald zu.
Caphalor schätzte ihre Zahl auf nicht mehr als dreihundert. Sie hatten sich in kleine Gruppen aufgeteilt, sodass sie auf diese Entfernung schwer zu treffen waren, selbst für meisterliche Schützen.
Dreihundert von zweitausend.
Wie viele er von ihnen eigenhändig niedergemäht hatte, wusste er nicht. Es grämte ihn, dass es Überlebende geben sollte.
Da trat eine weitere Streitmacht zwischen den Bäumen hervor, kurz bevor die Srink das Dickicht erreicht hatten: Caphalor sah die Abordnungen der Barbaren und der Óarcos.
Es war unstrittig, was sie beabsichtigten. Auf die gebrüllten Befehle von Toboribar und Lotor hin rannten die Schildträger den Srink entgegen. Die überlangen Spieße ragten fünf Schritt hervor und verhinderten, dass die Bestien mit ihren gefährlichen Klauen den Kriegern zu nahe kamen. Die Flucht der Srink endete in dem undurchdringlichen Gewirr aus geschmiedeten Eisenspitzen.
Dann soll es heute nicht mein Ende sein
?
Caphalor befand sich plötzlich wieder in seinem Körper, erlebte die Welt mit all seinen Sinnen und spürte die Schmerzen am
Weitere Kostenlose Bücher