Legenden d. Albae (epub)
Halbwahrheiten, Kunde von Händlern, mehr nicht.
Daraus einen passenden Angriffsplan zu schaffen, gestaltete sich als äußerst schwierig.
Ebenso gut kann man blindlings einen Pfeil in den Wald schießen und hoffen, dass man einen Hirsch erlegt.
Es konnte geschehen, aber es war mehr als unwahrscheinlich.
Die Untergründigen achten offenbar sehr genau darauf, dass keine fremden Rassen durch die Durchlässe der Berge gelangen, egal ob sie friedlich oder kriegerisch daherkommen.
Sinthoras stieg vor dem gigantischen Zelt ab und betrat es. Die Größe war deswegen notwendig, um die Oger, Trolle und Riesen darin beherbergen zu können.
Er sah Lotor, er sah Toboribar und grüßte mit einem Nicken in die Runde. Diener rollten die Karten auf dem Tisch aus. »Es verhält sich so«, begann er, »dass wir auch auf euer Wissen zum Steinernen Torweg zurückgreifen werden. Nennt mir, was ihr über die Höhe und Dicke der Mauern, die Beschaffenheit der Felsen, das Graue Gebirge und das Tor wisst«, zählte er auf. »Ich lasse alles von den Schreibern aufzeichnen, um unser Wissen damit zu ergänzen.«
Sollen sie glauben, dass wir die meisten Geheimnisse kennen.
Er zeigte auf die Riesin. »Fang an.«
Gattalind machte ein fragendes Gesicht. »Na, es gibt das Tor. Und es ist groß«, redete sie stockend. »Größer als mein Volk. Höher, meine ich.« Sie kratzte sich am Kopf. »Aus Stein. Mehr weiß ich nicht.«
Sinthoras lächelte, doch er war unzufrieden.
Die Götter mögen uns beistehen, wenn es nicht ergiebiger wird.
Er versuchte, seine Enttäuschung zu verbergen. »Toboribar, willst du uns mit dem Wissen der Óarcos erleuchten?«
Ein Soldat huschte ins Zelt und steuerte auf ihn zu. »Nostàroi, Ihr werdet erwartet«, flüsterte er ihm zu, damit keiner sonst ihn hörte.
»Noch eine Delegation?«
»Ein Gålran Zhadar.«
Sinthoras wurde eiskalt.
Was tun
?
Schlimm genug, dass er überlebt hatte. Aber dass er sich aus seiner Himmelsfestung aufgemacht hatte, um die Diebe zu stellen, übertraf Sinthoras’ Vorstellungskraft. »Ist er allein?«
»Ja, Nostàroi.«
»Was will er?« Er sah zu Toboribar. »Sprich freiweg. DieSchreiber werden kein Wort ungehört verstreichen lassen«, sagte er laut.
»Er wollte Euch sprechen, Nostàroi. Und Nostàroi Caphalor.«
Er wird seine Phiole haben wollen oder Ersatz verlangen. Ein ungünstiger Moment.
Sinthoras erhob sich. »Verzeiht«, sagte er im Gehen. »Es gilt, einen Gast zu empfangen.« Er sah die Neugierde auf den Gesichtern, doch er machte keine Andeutungen. Ein Gålran Zhadar außerhalb seines Bollwerks würde in ihren Augen nur eines bedeuten: Ärger. Sehr viel Ärger.
Vor dem Zelt stand der gerüstete Gålran Zhadar; die beiden Kriegshämmer staken in einem breiten Gürtel rechts und links der Hüfte. Er wirkte ruhig und nicht auf Zwist aus. Sinthoras atmete etwas auf. Nur etwas. Hinter dem zwergenähnlichen Geschöpf standen drei Packpferde mit Säcken auf dem Rücken und im Tragegeschirr.
Der Gålran Zhadar schaute sich betont langsam um, als wolle er spionieren und sich alles einprägen. »Die Unauslöschlichen machen in der Tat ernst mit ihrem Vorhaben«, sagte er anstelle eines Grußes; die dunkle Stimme brachte Sinthoras’ Eingeweide zum Schwingen. »So ziemlich alles, was zu kämpfen versteht, sammelt sich und bespricht sich mit euch.« Nun erst richtete er die Augen auf ihn. »Du bist zu einem Nostàroi aufgestiegen, wie man mir sagte. Ein hoher Lohn für einen
Dieb
.«
Sinthoras stellte den Speer auf, der einst Eigentum des Gålran Zhadar gewesen war. »Es ist kein Unrecht, einen Dieb und Räuber zu bestehlen«, gab er versucht gelassen zurück. »Von einem wie dir lasse ich mir keine Vorwürfe machen.«
»Ich nehme nicht an, dass ich mein Eigentum zurückbekomme?«
»Nein. Deine Leute versuchten es bereits zwecklos.«
Lässig legte der Gålran Zhadar die breiten Hände gegen die Hammerköpfe. »Ich habe es auch nicht ernsthaft erwartet.«
»Dann möchtest du etwas von mir und Caphalor?«
»Wissen, wer derart töricht gewesen ist, dem Dämonenwesen die Phiole zu opfern.«
»Das geht dich nichts an.« Sinthoras beabsichtigte nicht, seine Tat zu gestehen, die keine absichtliche gewesen war.
Ich bin unschuldig.
»Was hat es damit auf sich?«
Nun stutzte er. »Du willst mir einen Óarco aufbinden, Alb!?« Der Gålran Zhadar legte den Kopf in den Nacken und stieß ein durchdringendes Gelächter aus, dass die Zeltwände der Umgebung bebten. »Woher solltest du denn
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