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Legenden d. Albae (epub)

Legenden d. Albae (epub)

Titel: Legenden d. Albae (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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Kopf noch einmal zu Sinthoras wenden. Er stand im Laubeneingang, eine Hand zum Gruß erhoben. Sie glaubte fest, dass er sie meinte.
Wir sehen uns bald wieder.
Gerade noch konnte sie verhindern, dass sie winkte.
    Es ging zurück in das Anwesen, die Treppe hinauf in den ersten Stock.
    Raleeha sah die Speere mit den Fahnen daran Schritt um Schritt vorbeiziehen, und jeder schien sich ihr als Werkzeug ihrer Rache, ihres Verlangens anzudienen.
    Tu es nicht,
mahnte die Vernunft.
Dein Schicksal wird sich zum Schlechten wenden.
    Auf dem Absatz blieb Timānris stehen. »Ich wollte dich bitten, meinem Vater nichts von Sinthoras’ Antrag zu sagen, falls er dich fragen sollte«, sagte sie. »Es soll erst bekannt werden, wenn Sinthoras aus Tark Draan zurückkehrt. Mein Vater mag Krieger nicht besonders leiden, aber einen Helden wird er nicht ablehnen können.« Sie seufzte, wie es nur Verliebte taten, und zog dabei mädchenhaft die Schultern nach oben. »Samusin soll auf ihn achten. Samusin und das Porträt, das du für ihn angefertigt hast.«
    Genug
! Ich will deine schwärmerische Stimme nicht mehr hören
!
Bei dem letzten Wort ruckten Raleehas Arme zur Seite und packten den nächsten Speerschaft. Das Maß ihrer Leidensfähigkeit war erschöpft! Mit einem unterdrückten Wutschreistieß sie Timānris die vierkantige Spitze in die Körpermitte und schob sie mit dem Rücken voran zu den Stufen. »Du wirst ihn niemals bekommen«, keuchte sie vor Hass. »Ich gab mein Augenlicht, ich nahm seine Verachtung auf mich, um in seiner Nähe zu bleiben, ließ mich tauschen wie Vieh und entsagte der Freiheit   – um enttäuscht zu werden!«
    Timānris starrte sie mit offenem Mund an, röchelte schwach. In ihren Augen spiegelten sich Überraschung und Schmerz wider.
    Raleeha zog die Spitzenbinde herab, sah der Sterbenden ins Antlitz. »Was nutzt dir deine Schönheit, Albin? Ich war schlauer als du, schneller als du. Hinterhältiger. Hält es dein Volk nicht so?«
    Timānris hustete, hob einen Arm und versuchte, die Frau zu berühren. Die Geste hatte etwas Flehendes.
    »Lieber soll er Yantarai nehmen als dich«, zischelte sie, schob die Albin über die erste Stufe hinaus und ließ den Schaft los.
    Timānris’ Hand bekam einen Speer an der Wand zu packen. Blitzschnell schlug sie damit nach Raleeha und traf sie mit dem langen Widerhaken in die Schulter. Stürzend zog sie die Sklavin mit sich in die Tiefe.
    Sie rollten ineinander verkeilt die Treppe hinab und lösten dabei weitere Waffen aus den Halterungen. Polternd und krachend nahmen sie Stufe um Stufe.
    Raleeha schrie vor Schmerzen. Der Dorn riss an ihrem Fleisch und verhinderte, dass sie den Arm bewegen konnte, um sich zu befreien. Aus ihrer Wut war Angst geworden.
    Ich habe dir gesagt, dass du scheitern wirst,
wisperte die Vernunft traurig.
    Als sie neben Timānris auf dem Boden aufschlug, wurde sie von purer Kopflosigkeit ergriffen. Die Augen der Albin sahen wach und ungebrochen aus, der Speer hatte sich aus ihrer Mitte gelöst und eine faustgroße Wunde hinterlassen, aus der Flüssigkeiten sickerten.
    Bring es zu Ende,
peitschte das feine Stimmchen sie an.
Los, tu es, sonst verrät sie dich, und du bist verloren
!
    »Warum stirbst du nicht?«, schrie Raleeha furchtsam, richtete sich auf und wollte die Hände nach Timānris’ Hals ausstrecken, als sie laute Rufe vernahm, die sich ihnen näherten. Hastig zog sie die Hände zurück und dachte fieberhaft nach, was sie tun konnte.
Sie darf nicht überleben, oder ich bin des Todes.
    Sie ächzte, da sie unvermittelt einen neuen Schmerz in ihrer Seite verspürte: Timānris hatte ihr eine abgebrochene Speerspitze unterhalb der Rippen in den Leib gestoßen!
    »Samusin«, hauchte Raleeha und sank neben der Albin auf den marmornen Boden.
    Sagte ich es dir nicht
?,
hörte sie die Stimme der Vernunft.

XIX

    Nachdem sie für Friede und Schönheit gesorgt hatten, sandten die Unauslöschlichen ihre Späher aus, um nach den Todfeinden der Albae zu suchen: den Elben.
    Doch so sehr sie Ishím Voróo durchforsten und bis in die entlegensten Winkel schauen ließen, es fand sich keine Spur von den Verrätern.
    Aber es gab einen Hinweis, dass sie Ishím Voróo verlassen hatten. In Richtung Süden.
    In ein Reich, das sich das Geborgene Land nannte.
    Epokryphen der Schöpferin,
3. Buch, Kapitel 1, 1–10

Ishím Voróo (Jenseitiges Land), siebzehn Meilen vom Nordpass und dem Steinernen Torweg entfernt, 4371. Teil der Unendlichkeit (5199. Sonnenzyklus),

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