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Legenden d. Albae (epub)

Legenden d. Albae (epub)

Titel: Legenden d. Albae (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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ein leichtes Gewand; darüber schnürte sie gerade eine dunkelbraune Lederschürze und zog sich dünneHandschuhe über. Auf den groben Dielen neben ihr stand eine verschnürte Rolltasche. Sie strich die Falten aus der Schürze und hob die Tasche auf. »Außerdem bleibe ich auf diese Weise in Übung. Der Umgang mit den hohlen Ranken ist nicht leicht. Welcher ist es, den ich von seiner Aufsässigkeit heilen darf?«
    Caphalor zeigte auf Grumson. »Komm her«, befahl er.
    Der Barbar, der ein helles Leinenhemd und eine Lederhose am Leib trug und barfuß lief, stand auf. Langsam näherte er sich ihnen. Ein Prachtexemplar, groß, kräftig, mit tumbem Gesicht, wie die meisten Menschen, und ohne Schläue in den Augen. Manche Albae glaubten nicht daran, dass Barbaren überhaupt eine Seele hatten.
    »Ich möchte etwas anderes versuchen«, sagte Tarlesa zu Caphalor in ihrer Sprache, damit die Sklaven sie nicht verstanden.
    »Weswegen?«
    »Das Entmannen raubt ihnen die Kraft und macht sie fett.« Seine Tochter bedeutete dem Barbaren, sich auf den einzigen Tisch zu legen. Hastig wurden Speisen und Teller zur Seite geschoben, der Mann legte sich hin. Er sah angespannt aus.
    »Haltet ihn fest«, befahl er in der Menschensprache. »Wer ihn loslässt, wird auf der Stelle getötet.« Die Sklaven packten Grumsons Arme und Beine und klammerten sich mit aller Kraft daran fest. »Versuche, was immer du möchtest«, sagte Caphalor zu ihr.
    »Danke!« Sie strahlte ihn an und rollte die Tasche neben dem Kopf des Mannes aus. Chirurgische Feininstrumente kamen zum Vorschein, zur Hälfte in Futteralen steckend. Zangen, Messer, Klingen, Spieße, Sägen blitzten auf, und ein Raunen lief durch den Saal.
    Tarlesa nahm jedoch ihr Medaillon vom Hals und ließ es vor Grumsons Augen hin und her pendeln; dabei wiederholte sie eine monotone albische Weise.
    Caphalor beobachtete seine Tochter neugierig und vollerStolz. Er sah, wie sich das Barbarengesicht entspannte und seine Wut verlor, ausdruckslos und gleichgültig wurde. Sie hatte Grumsons Verstand gelähmt.
    Nun legte sie sich den Anhänger wieder um. »Ich weiß nicht genau, ob es mir gelingen wird«, warnte sie ihren Vater vor und griff zu einer handlangen Stahlnadel mit einer scharfen Klinge an der Spitze. »Es misslang mir bereits mehrmals, aber ich ziehe daraus meine Lehren.«
    »Davon hast du mir nichts berichtet«, sagte er erstaunt.
    Tarlesa lächelte. »Ich wollte dich damit überraschen. Mutter weiß es. Sie kaufte mir die Exemplare, die ich zum Üben benötigte.«
    »Wie viele waren es?«
    »Acht. Es war minderwertiges Zeug, wir haben sie fast geschenkt bekommen. Der Händler hätte sie ansonsten an einen Künstler verkauft, der aus ihren Knochen Windspiele und Sturmpfeifen machen wollte.« Mit der freien Hand schob sie die Lider des Barbaren weiter auseinander und drückte die Nadel seitlich am Augapfel vorbei, immer tiefer in den Kopf hinein. »Ich bin jetzt an einer Wölbung, die Augenhöhle und Gehirn voneinander trennt«, erklärte sie ihm ihr Innehalten, ließ die Lider los und nahm ein Hämmerchen aus dem Futteral. »Ein kurzer Schlag genügt, um die Stahlnadel durch die dünne Knochenschicht zu treiben.«
    Tarlesa schlug zu, genau dosiert, und sie hörten das leise
Tock
durch das metallische Klirren hindurch. Einige Sklaven stöhnten leise auf.
    »Ich kann die Nadel jetzt unmittelbar in das Haupthirn drücken. Etwa fünf Kuppen tief, das sollte genügen. Das war einer meiner Hauptfehler: Ich schob die Spitzen zunächst zu tief. Das sah ich, als ich die Schädel öffnete und die Wunden untersuchte.« Durch die andere Augenhöhle führte sie ebenfalls eine Stahlnadel ein. Dann fasste sie beide Instrumente und schwenkte sie behutsam hin und her.
    Die Männer und Frauen stöhnten auf. Sie wussten nicht, was die Albin tat. Caphalor aber war begeistert von der Präzision, mit der seine Tochter vorging. Dennoch horchte er auf die Bewegungen der Barbaren. Sollte einer von ihnen sich gegen seinen Befehl regen, musste er ihn sofort töten. Nachsicht ließ er keine walten.
    »Damit zerschneide ich die aufständischen Teile des Verstandes«, erläuterte sie. »Nach meinen Beobachtungen lege ich auf diese Weise die Verknüpfung von Wahrnehmungen und Gedanken mit Gefühlen lahm. Der Barbar wird ein sehr friedlicher, gefügiger Mensch sein, wenn ich ihn erwecke.«
    Caphalor fehlten vor Begeisterung die Worte. »Wie du nur auf solche Schlüsse kommst«, sagte er beeindruckt.
    »Mir fiel es auf,

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