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Legenden d. Albae (epub)

Legenden d. Albae (epub)

Titel: Legenden d. Albae (epub) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Markus Heitz
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sich ihm zeigte.
    Das Rascheln und Plätschern verstärkte sich. Eine schwarzhaarige Frau kroch aus dem Schilf durch das seichte Wasser; in ihrem Oberschenkel steckte der Pfeil. Die Federn hatten verhindert, dass er das Fleisch durchschlug.
    Die Überraschung war groß, als er genauer hinsah: Caphalor erkannte ein albisches Sklavenhalsband um ihre Kehle. Wie war es ihr gelungen, aus Dsôn Faïmon zu entkommen und warum trug sie das Zeichen der Leibeigenschaft noch immer, da ihr die Flucht gelungen war?
    »Erschießt mich nicht, Ehrwürdiger«, bat sie schluchzend und hob das Gesicht. Für eine Menschenfrau war sie recht ansprechend. Die Augen hatte sie mit einem schwarzen Spitzentuch verbunden, als wolle sie diese verhüllen. Sie trug ein dunkelgraues Kleid und ein schwarzes Mieder darüber, an ihrem Hüftgürtel baumelte ein Silberdolch.
    »Woher weißt du, dass ich ein Alb bin?«
    »Der Pfeil«, ächzte sie. »Die Pfeile der Albae sind unverkennbar.« Sie robbte weiter, raus aus dem Wasser auf den Kiesstrand. Den Bewegungen nach vermutete er, dass sie nichts sehen konnte.
    Der Nachtmahr hatte die Witterung ihres Blutes aufgenommen und schnaubte. Hungrig.
    Noch wartete Caphalor ab. »Was tust du hier draußen? Bist du geflüchtet und wolltest zu deiner Familie zurück?«
    »Niemals!«, rief sie bestürzt. »Ich wollte meinem Herrn folgen, der   …« Sie errötete und verstummte.
    »Der auf den Namen Sinthoras hört«, sagte Caphalor langsam. Es lag auf der Hand. Wie viele Albae gab es, die sich derzeit aufgemacht hatten, um den Nordwesten von Ishím Voróo zu erreichen?
    Sie nickte. »Mein Name ist Raleeha, Ehrwürdiger.« Sie sank auf dem Trockenen nieder und betastete die Stelle ihres Beines, in dem das Geschoss steckte; leise keuchte sie vor Schmerzen auf.
    »Du bist noch nicht lange blind?«
    »Mein Gebieter bestrafte mich zu Recht vor Kurzem für eine Nachlässigkeit«, antwortete sie mit Zwiespalt in der Stimme, der ihm nicht entging. »Ich folgte ihm, um ihm zu zeigen, dass ich mein Leben geben würde, um seines zu retten. Um meinen Fehler auszugleichen.«
    »Dein Leben hättest du beinahe wirklich gegeben.«
    Mit dem Namen Raleeha konnte Caphalor etwas anfangen. Vor einer Weile war über die Menschenfrau gesprochen worden, die aus der Familie Lotor stammte und einen Alb freiwillig nach Dsôn Faïmon in die Sklaverei begleitet hatte. Freiwillig! Anscheinend war sie ihm verfallen, wie es öfter geschah. Menschen waren anfällig für die Schönheit seines Volkes, fühlten sich zu ihnen hingezogen, andere verliebten sich in die albischen Werke oder in die angebliche Grausamkeit. Er konnte nicht entscheiden, welcher Grund auf die Barbarin zutraf, und hatte auch nicht gewusst, dass es sich bei dem Alb um Sinthoras handelte.
    Jetzt hatte er dessen Sklavin beinahe erlegt. War die FamilieLotor nicht dabei, sich ein riesiges Reich aufzubauen?
    Caphalor legte die Waffe zur Seite und ging auf Raleeha zu. Unter anderen Umständen wäre es ihm eine Freude gewesen, seine Wut auf Sinthoras an der Sklavin auszulassen und sie Sardaî zum Fraß vorzuwerfen. Aber da sie zu Lotor gehörte und weil sie ihm sicherlich mehr über Sinthoras’ kleine Geheimnisse berichten konnte, würde er sie am Leben lassen. So oder so konnte sie ihm nutzen.
    »Zeig mir, wie stark dein Wille ist«, sagte er und schnitt den Pfeilschaft knapp über dem Oberschenkel durch.
    »Ehrwürdiger, was soll ich…«
    »Zieh dir den Pfeil raus«, wies er sie knapp an. »Ich will sehen, was stärker ist: die Angst vor den Schmerzen oder der Wille, dir selbst zu helfen.«
    Raleeha ächzte, packte den Schaft aber mit beiden Händen und zog daran. Da sie nichts sah, blieb sie mit der Pfeilspitze im Boden hängen, das Geschoss steckte noch immer in ihrem Schenkel. Sie schrie auf und ruckte an der Spitze, streckte das Bein sogar und versuchte es erneut.
    Caphalor sah zu, betrachtete ihr Gesicht und den Kampf darauf. Schmerz, Trotz und Wut wechselten sich in rascher Folge ab, sie biss sich sogar die Lippen blutig. Er konnte sich nicht sattsehen an ihr. Mit einem weiteren lauten Schrei zog sie den Schaft aus sich heraus.
    »Besser, als ich erwartet hatte, doch viel zu viel Lärm«, sagte er, schnitt einen Fetzen Stoff aus ihrem Kleid und verband die Wunde. »Wie bist du entkommen?« Peinlichst achtete er darauf, sich nicht mit ihrem Blut zu beschmutzen.
    »Ich reiste auf einem Wagen mit Soldaten, die Proviant in die Inselfestung brachten«, erklärte sie stöhnend.

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