Legenden d. Albae (epub)
als ich die Berichte über Verwundete las, die sich nach Pfeiltreffern in den Kopf anders benahmen. Das weckte meine Neugier.« Tarlesa zog die Nadeln eine nach der anderen heraus; es haftete kaum Blut an ihnen. Dann sprach sie drei Albae-Worte und klatschte laut in die Hände. »Lasst ihn los«, befahl sie den Männern.
Sie gaben die Arme und Beine frei, traten tuschelnd zurück. Sie rätselten, was die Gebieterin mit dem Mann getan hatte.
Grumsons Lider flatterten, und er richtete sich auf, rieb sich die Schläfen und stöhnte leise.
Caphalor hörte einige der Anwesenden aufatmen. Ein Blick auf Grumson sagte ihm, dass dessen gleichmütiger Gesichtsausdruck geblieben war. Die Augen glotzten glanzlos, stumpf und ohne das Feuer der Aufsässigkeit umher.
»Perfekt«, sagte er verblüfft. »Tarlesa, du hast dich selbst übertroffen! Meine Freude ist enorm!« Er lächelte sie an. »Welch gescheite Tochter ich habe!« Er deutete sogar eine Verbeugung vor ihr an, die sie mit Erröten erwiderte.
Dann wechselte er in die Sprache der Menschen: »Ihr seht, was Wildheit nach sich zieht: Wir zerstören die Seele. Jedem von euch wird das widerfahren, sollte mir oder meiner Gemahlin etwas von Schlägereien unter euch zu Ohren kommen. Wollt ihr eure Seele behalten, so seid friedlich.« Absichtlich schürte er die Angst unter den Sklaven, dann legte er einen Arm um die Schulter seiner Tochter, die ihre Instrumente verstaute und die Schürze abnahm. »Warte. Such dir einen von ihnen aus und behandle ihn auf die gleiche Weise, damit sie verstehen, dass wir es mit allen von ihnen tun können. Am besten nimm eins ihrer Bälger.«
Tarlesa lächelte zufrieden.
Ishím Voróo (Jenseitiges Land), Albae-Reich Dsôn Faïmon, Sternenarm Wèlèron, 4370. Teil der Unendlichkeit (5198. Sonnenzyklus), Sommer
Ein Morgen wie von Samusin dazu geschaffen, eine erfolgreiche Reise zu beginnen … Leichter Nebel hing über dem Wassergraben, die Sonne tat sich schwer, den Dunst aufzulösen, und es war kühl. Die Inselfestung schien auf Wolken zu schweben, die um sie herum trieben, gegen die harten Mauern waberten und wieder davon abglitten, ohne aufsteigen zu können. Caphalors gute Ohren vernahmen das leise Gluckern des Stromes unter dem Nebel.
Eine sanfte Schwermut griff nach ihm, die es zu genießen galt wie einen leichten Rausch oder einen gehauchten Kuss. Er war sich sicher, Sinthoras bei den Unauslöschlichen auszustechen, vielleicht, indem er zuerst bei dem Wesen angelangte und den Pakt schloss. Der Gedanke ließ ihn lächeln, während er die Umgebung betrachtete und die frische Luft einatmete.
Es wunderte ihn jedoch, dass er am verabredeten Zeitpunkt am Wassergraben wartete und Sinthoras nirgends entdeckte. Es passte nicht zu dem ehrgeizigen Alb, den Aufbruch zu versäumen.
Er wird doch nicht
…
Anstatt länger auf den Widersacher zu warten, spielte Caphalor die Tonfolge mit seinem Rufhorn, welche die Brücke für ihn senkte. Als er schließlich einem Wächter begegnete, fragte er ihn aus einem Gefühl heraus: »Bin ich der Erste, der heute hinüber nach Ishím Voróo will?«
»Ja, das seid Ihr«, antwortete der Mann und nickte ihm knapp, aber deutlich zu, ohne sich ansonsten zu rühren.
Besser fühlte Caphalor sich dennoch nicht. »Wann wollte der letzte Alb hinüber?«
»Gestern«, vernahm er. »Sein Name lautete Sinthoras.«
Kochende Wut stieg in Caphalor auf. Offenbar hatte sein aufgezwungener Begleiter ähnliche Gedanken gehabt wie er und beschlossen, der Erste zu sein, der bei dem Wesen ankam und das Bündnis sicherte … der das Lob der Herrscher allein einheimste und einen hohen Stellenwert errang.
Fluchend preschte er auf Sardaî über die Brücke, die noch gar nicht vollständig für ihn herabgelassen war. Seine Wut schien sich auf den Hengst zu übertragen, der riesige Sätze machte und sich streckte und laut schnaubte. Auch er klang zornig und legte alles in den Sprung hinein, der ihn mühelos über die Lücke zwischen Wasser und Land trug.
Caphalor musste an den Zügeln reißen, um Sardaî zu bändigen. Erst als er sich selbst etwas beruhigt hatte, legte sich die Aufregung des Nachtmahrs. »Du spürst meine Empfindungen«, sagte er zu ihm und streichelte den breiten, schwarzen Hals. »Wahrlich, du bist einzigartig.«
Der Hengst schnaubte und genoss die Zuwendung des Reiters.
Sich am Stand der Sonne und der Karte orientierend, jagte derAlb über den gerodeten Streifen hinein in die Grassteppe, deren Halme
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