Legenden der Traumzeit Roman
Er ließ sie noch immer nicht aus den Augen, und als sie das Handtuch nahm und sanft den restlichen Schaum abwischte, stellte sie fest, dass sie nicht wegschauen konnte. Sein unverletzter Arm schlängelte sich um ihre Taille und zog sie sacht an seine zerschmetterte Brust. Sie konnte nicht widerstehen, und als seine Hand ihren Rücken hinauf bis in ihren Nacken glitt, begann ihr Herz zu rasen. Seine Finger tauchten in ihre feuchten Locken, und sie spürte ihren Druck, als er ihren Kopf näher zu sich heranzog – so nah, dass sie sah, wie sich ihre Augen in seinen spiegelten, so nah, dass ihre Lippen sich beinahe berührten. Einen Moment lang zögerten sie, einen Augenblick, in dem die Welt still stand und nur sie beide existierten. Dann küsste er sie.
Ruby wurde von sinnlichem Verlangen gepackt, so mächtig, dass sie nichts dagegen tun konnte. Eingedenk seiner Verletzungen grub sie ihre Hände in seine Haare und erwiderte hungrig seinen Kuss. Das Bedürfnis, ihn zu halten, bei ihm zu sein, ihn zuberühren und zu küssen, mit ihm zu schlafen, war so überwältigend, dass sie zitterte.
Finns Hand schmiegte sich an ihre Wange, sein Kuss wurde drängender, und Ruby gab sich dem seligen Gefühl hin, dass er sie begehrte. So lange hatte sie darauf gewartet, hatte sich nach diesem Moment gesehnt und davon geträumt, dass sie sich wünschte, er würde nie vergehen.
Violets piepsende Stimme brachte sie schließlich wieder zur Vernunft. Sie leistete Finn sanft Widerstand und zog sich zurück. Die Kinder waren draußen – was glaubte sie eigentlich, was sie hier machte? Doch ihr ganzes Wesen verzehrte sich nach ihm.
Anscheinend hatte er begriffen, denn sein Daumen fuhr über ihre Lippen und streichelte ihr Kinn. »Das ist eine mächtige Sache, Ruby«, sagte er mit zitternder Stimme. »Wie sollen wir jetzt getrennt voneinander leben, da wir wissen, wie es sein könnte?«
»Wir müssen«, hauchte sie, »denn ich bin nicht frei.«
Er seufzte. »Wir beide sind nicht frei – nicht nach dem heutigen Tag, meine Ruby, mein Liebling, mein Herzblatt, acushla .«
»Oh, Finn«, ihre Stimme versagte, »was sollen wir tun?«
Er hielt sie mit unendlicher Zärtlichkeit fest. »Ich weiß es nicht, mein mochree . Aber ich verspreche dir: Ich werde dich nicht verlassen – jetzt nicht und nie wieder –, es sein denn, du willst es.«
Ruby hörte das Trommeln seines Herzens, und es erschien ihr vollkommen richtig, bei ihm zu sein, dennoch wusste sie, dass sie an diesem Tag eine unsichtbare Grenze übertreten hatten und dass daraus nur Kummer entstehen konnte.
Kumali sammelte die Kinder ein und jagte sie zu ihrer Rindenhütte. Violet lief wie immer ohne Kleider herum, und es dauerte eine Weile, bis sie das Kind überredet hatte, Kleid und Haube wieder anzuziehen. Aber nicht Violets Nacktheit machte ihr zu schaffen, sondern das, was sie kurz zuvor zwischen Finn und Ruby beobachtet hatte.
Sie verteilte Brot und Suppe und setzte sich, um sich auszuruhen. Sie erwartete das nächste Kind, trotz ihrer Vorsichtsmaßnahmen, und das Ungeborene war schwer und verursachte Übelkeit. Sie ließ die Hände über die Wölbung gleiten, als es sich in ihr bewegte, doch ihre Gedanken waren bei Ruby.
»Du runzelst mächtig die Stirn, Mädel. Was bekümmert dich?« Duncan trat in die Hütte und füllte sie mit seiner Gegenwart aus. Er setzte sich und ließ die Kinder über sich herfallen, doch sein Blick war auf Kumali gerichtet.
Sie wollte es ihm nicht sagen, nicht vor den Kindern, denn Violet war viel zu neugierig und ihr entging nichts. Dennoch wusste sie, dass sie es nicht für sich behalten konnte. »Kumali hat Ruby bei Finn gesehen.«
»Tja, sie kümmert sich eben um ihn. Ich sehe darin kein Problem.«
»Ruby, Finn …« Sie spitzte die Lippen zu einem Kuss.
Duncan warf den Kopf in den Nacken und lachte. »Ach, ist das alles? Ich rechne schon seit einer Weile damit, genau wie du, Kumali. Deshalb muss man nicht so schockiert sein.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wenn der Boss kommt, gibt es großen Ärger.«
»James ist seit zweieinhalb Jahren fort, Kumali«, rief er ihr ins Gedächtnis und scheuchte die Kinder aus der Hütte. »Ich bezweifle, dass er überhaupt noch zurückkehren wird.«
»James ist Rubys Mann. Eines Tages kommt er, und dann wird es einen Kampf geben.«
»Wenn er klug ist, bleibt er weg. Rubys Vater ist kein Mann, dem man sich widersetzt, und ich weiß, dass er mit seinem Schwiegersohn nicht gerade zufrieden ist.« Er
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