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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Pferd an der Schulter. Machtvoll aufbrüllend schüttelte er den Kopf, und das Pferd wurde, in Todespein aufschreiend, auf den Rücken geworfen. Finn flog in die Luft und landete mit dumpfem Aufprall an einem Baumstamm. Er blieb wie eine Stoffpuppe liegen, aber die Hörner des Bullen waren nur wenige Zentimeter von seinen Beinen entfernt; der Bulle wollte ihn aufspießen.
    Vier Peitschen knallten über seinem Kopf, während alle laut riefen und ihn umzingelten.
    Der Bulle, der sein Vorhaben vereitelt sah und vor Wut rot unterlaufene Augen hatte, zog sich zurück, funkelte sie an, stürmte durch den Busch und war verschwunden.
    Ruby sprang vom Pferd und sank neben dem verwundetenMann auf die Knie. »Finn? Finn!« Sie ertastete den Puls an seinem Hals und war erleichtert. »Er lebt«, sagte sie, als die anderen sich um sie versammelten. »Befreit das arme Pferd von seinem Elend, und helft mir dann, Finn ins Haus zu bringen.«
    Ruby fuhr zusammen, als der Schuss durch den Busch hallte, doch wenigstens hatten nun die grausamen Schreie des Tieres aufgehört. Sie betrachtete Finn, und ihre Angst um ihn wand sich wie etwas Lebendiges um ihr Herz. Seine Augen waren geschlossen, und sie vermutete, dass er sich Bein und Schulter gebrochen hatte, denn beide standen in merkwürdigem Winkel von seinem Körper ab.
    Äste wurden abgehackt und mit Seilen verbunden. Sie betteten Finn sacht auf die Satteldecke, die sie auf die provisorische Trage geworfen hatten, und machten sich auf den langen Heimweg.
    Im Umkreis von hundert Meilen um dieses Tal hinter den Blue Mountains gab es keinen Arzt, daher folgte Ruby Duncans Anweisungen, als sie die Knochen vorsichtig richtete und schiente. Zum Glück blieb Finn während dieser Qualen bewusstlos, doch nachdem drei Tage vergangen waren und noch immer nichts darauf hindeutete, dass er aufwachen würde, befürchtete Ruby bereits das Schlimmste.
    Die anderen waren wieder an die Arbeit gegangen, doch sie wich nicht von Finns Seite, während Kumali sich in ihrer eigenen Rindenhütte um die Kinder kümmerte. Rubys Glieder waren vor Müdigkeit schwer, als sie sein heißes Gesicht mit einem Schwamm abrieb und versuchte, ihn unter dem dünnen Fliegennetz kühl zu halten. Er lag lang ausgestreckt unter einem Laken, seine nackte Brust mit Schweißperlen bedeckt, an seinem Kinn ein mehrtägiger grauer Bart.
    Sie fuhr mit dem kalten, nassen Tuch über seine Brust und zögerte an seinem Hals, an dem sie den Puls unter der Haut erkennen konnte. Ihre Finger verweilten über der Stelle, sie spürte seine Hitze und das pochende Leben, das sich dort so beharrlich hielt. »O Finn«, flüsterte sie, »bitte, wach auf, mein Liebster!«
    Sie erhielt keine Antwort. Sie strich die Haare aus seiner Stirn, ließ ihre Finger in der dichten, dunklen Mähne versinken, die ihm fast bis an die Schultern reichte. Sie konnte nicht widerstehen und fuhr sanft an der Rundung seiner Wangenknochen entlang, über das Grübchen in der Mitte des Kinns und über die breiten Augenbrauen. Nie hätte sie gedacht, dass sie es wagen würde, hätte sich nie träumen lassen, dass er eines Tages halb nackt auf ihrem Bett liegen würde, und doch wusste sie, sobald er aufwachte, wäre dieser Moment vorbei. Verfangen in ihrem Bedürfnis, küsste sie seine Schläfe, ihre Lippen strichen zart wie Schmetterlingsflügel über seine salzige Haut.
    »Was machst du?«
    Sie sprang zurück und hätte die Flucht ergriffen, doch seine Hand packte ihr Handgelenk und hielt sie dort fest, obwohl klar zu sehen war, dass es ihm Schmerzen bereitete. »Ich … Ich habe dich gewaschen«, stammelte sie. »Du bist sehr heiß.«
    Seine dunklen Augenbrauen hoben sich. »Du nimmst dir viel mehr Freiheiten heraus«, knurrte er und zuckte zusammen, als sie sich bemühte, sich zu befreien.
    »Das ist doch lächerlich«, sagte sie errötend.
    Sein Griff war überraschend fest, als er zu ihr aufschaute. »Dann gehörst du also nicht zu denen, die sich Freiheiten erlauben? Du beobachtest nicht einen Mann, der mitten in der Nacht ein Bad nimmt, oder küsst ihn, wenn er schläft und nicht in der Lage ist, sich zu wehren?«
    Ruby spürte, wie die Röte ihren Hals überzog. Also hatte er sie in jener Nacht doch gesehen. »Du bildest dir etwas ein«, sagte sie hastig.
    Seine Lippen zuckten. »Ich glaube nicht, Ruby. Weiße Nachthemden sind im Mondlicht furchtbar leicht zu erkennen.« Er zogan ihrem Handgelenk, und sie war gezwungen, sich auf die Bettkante zu hocken. »Du warst

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