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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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gestellt und sich wichtig gemacht, doch sie hatten bald gelernt, dass Jessie sich nicht beeindrucken ließ, und waren zur Ruhe gekommen. Schüchtern hatten sie ihr Äpfel oder Honigwaben geschenkt.
    Die Kinder hatten am ersten Morgen andächtig zugehört, als sie ihnen ihr Leben in Cornwall und ihre Ankunft in Sydney beschrieb, sie hatten mit ihr gelacht, als sie erzählt hatte, wie sehr sie sich vor der Echse gefürchtet hatte. Dann war es an ihr gewesen, zuzuhören, und die Entschlossenheit, die sich wie ein Fadendurch die Geschichten der Kinder zog, hatte sie überrascht. Im Gegensatz zu den unterdrückten Bälgern in England ließen diese Kinder sich weder durch Armut noch durch verkommene Behausungen einschüchtern, noch von der drohenden Einweisung in ein Armenhaus, die am Ende auf die meisten wartete. Diese Kinder würden allen Widrigkeiten zum Trotz kämpfen, Schwierigkeiten und Naturgewalten überwinden, um hier ihr Leben zu gestalten und zum Erfolg zu führen.
    Sie öffnete das Fenster und lehnte sich hinaus, um den kühlen Schatten der überhängenden Bäume zu genießen. Das Tal breitete sich vor ihr aus, golden in der Sonne, die Reihen dunkler Rebstöcke verloren sich in der Ferne. Es gab Wohlstand im Tal, doch er lag in den Weinstöcken und den Ländereien. Nur wenige Kinder trugen Stiefel, sie zogen die Freiheit bloßer Füße vor, deren Sohlen vom Laufen auf der in der Hitze gebackenen Erde hart geworden waren.
    Diese dritte oder sogar vierte Generation australischer Kinder besaß nur noch wenig Ähnlichkeit mit ihren bleichgesichtigen, schwächlichen englischen Vettern. Unter dem Schmutz und der verschlissenen Kleidung verbargen sich stabile Charaktere, eine klare Haut und glänzendes Haar. Die Augen strahlten vor Neugier. Ihre Körper waren durch die Arbeit in den elterlichen Weinbergen und vom Ritt auf ihren struppigen Ponys gestählt. Den klaren Teint verdankten sie der Fülle an Obst, frischem Gemüse und der Sonne, ihr Lerneifer hingegen war angeboren. Die Kinder der Pioniere waren durchdrungen von einem Wissensdurst, den alles interessierte, was jenseits ihres heimatlichen Tals lag.
    Jessie hatte das Gefühl, dass sie Hilda gegenüber unfair war, und warf noch einen letzten, wohlwollenden Blick über das saubere Klassenzimmer, bevor sie ihre Haube nahm und hinausging.
    »Ich könnte Hilfe gebrauchen, ohne Zweifel«, keuchte Hilda,die durch den Dampf spähte und ihr hochrotes Gesicht abtupfte. »Diese Plumpuddings sollten inzwischen fertig sein. Nimm das Tuch da, dann holen wir sie raus.«
    Jeder Plumpudding wurde mit Kattun umwickelt und fest an eine lange Stange gebunden. Insgesamt waren es sechs Stück, und sie wogen eine Tonne – so kam es ihr zumindest vor. Mühsam hielten sie die Stange so hoch, dass sie nicht in den Dreck hingen, und trugen sie vom riesigen Kessel mit kochendem Wasser fort, um sie vorsichtig auf einem Tisch in der Nähe abzusetzen. »Sind noch zu heiß, um sie anzufassen«, sagte Hilda. »Wir lassen sie vorerst hier und rühren den restlichen Teig an.«
    Jessie atmete die wunderbaren Düfte getrockneter Früchte und Gewürze ein. Nur selten hatten sie sich zu Hause einen solchen Luxus leisten können, und ihr lief das Wasser im Mund zusammen. »Gibt es bei euch immer Plumpudding zu Weihnachten?«
    Hilda nickte. Ihre stämmigen Arme arbeiteten, um die schweren Zutaten zu mischen, die so verführerisch nach Obst, Zucker und Branntwein rochen. »Wäre doch kein richtiges Weihnachtsfest ohne Plumpudding und eine hübsche fette Gans.«
    Jessie verzog das Gesicht beim Gedanken an die reichhaltigen Mahlzeiten bei dieser Hitze, doch wenn sie in den Geist eines australischen Weihnachtsfests eindringen sollte, würde sie schon auf den Geschmack kommen müssen. »Anscheinend hast du viele Puddings gemacht«, sagte sie, als sie ihren Teil geknetet hatte.
    »Zwei sind für uns, einer wird für das nächste Jahr aufgehoben, und die anderen sind für heute Abend.« Hilda musterte sie. »Hast du dich entschieden, was du anziehen willst?«
    »Ich habe keine große Wahl«, erwiderte sie. »Entweder das hier« – sie zupfte an ihrem schlichten braunen Kleid –, »mein bestes Stück, oder Rock und Bluse.«
    »Ich habe eine hübsche Kameebrosche, die würde auf deinerBluse schick aussehen«, sagte Hilda und löffelte den Kuchenteig in eine große Form, die sie in die Mitte des dickbäuchigen Ofens stellte. Sie schlug die Tür zu, atmete tief durch und wischte sich die Stirn ab. »Mit

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