Legenden der Traumzeit Roman
dem Anblick, der sich ihnen bot, blieben sie erschrocken stehen.
Kumali schrie hysterisch, und Bert war offensichtlich tot.
»Kümmere dich um Kumali, und bring sie zum Schweigen!«, befahl James.
Ruby nahm die zitternde, verwirrte Kumali in die Arme, während James den Mann am Boden untersuchte.
James fuhr sich mit den Händen durch die Haare, seine Miene verfinsterte sich. »Mein Gott, was für ein Schlamassel! Was machen wir denn jetzt?«
»Ihn beerdigen«, erwiderte Ruby. »Niemand wird ihn vermissen.«
»Wenn ich ihn beisetze, decke ich einen Mord, und das kann ich nicht«, fuhr James sie an. »Wir müssen die Behörden informieren.« Er schritt auf und ab und raufte sich die Haare. »Ich habe dir doch gesagt, dass sie nur Ärger bringt. Warum zum Teufel hörst du nie auf mich?«
»Kumali Boss nicht getötet. Er sich Kopf am Felsen aufgeschlagen. Bert hat mir etwas antun gewollt. Ich nicht ihn habe getötet.«
Ruby war wütend auf James. »Ich höre immer auf dich«, entgegnete sie, »und ich finde es nicht gut, wenn man mich anschreit.« Sie warf Fergal und Wally einen Blick zu. »Es liegt doch auf der Hand, was passiert ist«, tobte sie. »Er hat versucht, sie zu vergewaltigen, sie hat sich zur Wehr gesetzt, und er ist mit dem Kopf auf den Felsen geschlagen. Kumali hat ihn nicht umgebracht – es war ein Unfall.«
»Behauptet sie.« James war stur.
»Mach dich nicht lächerlich!«, sagte sie verächtlich. »Sieh dir doch die Wunde an und das gebrochene Fußgelenk! Er ist gestürzt.«
»Unfall hin oder her, Bert ist tot. Sie ist schwarz, Ruby, und Schwarze dürfen Weiße nicht töten.«
»Schwarz, weiß, was spielt das schon für eine Rolle?«, schrie sie, gehörig aufgebracht. »Er hat bekommen, was er verdient hat.«
»Irgendwie ist es gerecht«, murmelte Fergal.
»Siehst du! Sogar Fergal ist einer Meinung mit mir«, stieß sie wütend hervor. »Was ist mit dir, Wally? Meinst du, wir sollten zu den Behörden gehen?«
»Ich habe damit nichts zu tun«, murrte er und trat einen Schritt zurück.
»Nur weil Bert zuerst da war«, fauchte sie. »Ich habe gesehen, wie ihr sie beobachtet habt. Du kannst Gott nur danken, dass du nicht dort liegst und das Blut nicht aus deinem Schädel quillt.«
»Schon gut, Ruby, beruhige dich!«
»Bevormunde mich nicht, James! Ich weiß, was richtig ist. Wenn du zu den Behörden gehst, dann … dann …« Sie verstummte, weil ihr keine passende Drohung einfiel.
»Ruby, du denkst nicht geradeaus«, sagte er ungeduldig. »Bert ist uns von der Strafvollzugsbehörde zugewiesen worden. Sie behalten diese Männer im Auge, und es ist unsere Pflicht, seinen Tod zu melden – besonders, wenn eine Schwarze beteiligt ist.«
Ruby war erzürnt über sein mangelndes Verständnis und seine unsensible Ausdrucksweise. »Wir könnten ihnen sagen, dass er fortgelaufen ist.«
»Dann fangen wir unser neues Leben mit einer Lüge an«, protestierte er. Sein Blick war grimmig, doch Ruby ließ sich nicht einschüchtern. »Um Himmels willen, Ruby«, fuhr er sie an, »sei doch vernünftig!«
»Ich bin vernünftig«, entgegnete sie, die Hände in die Hüften gestemmt. »Beerdige ihn, James! Niemand wird nach ihm suchen. Die Behörden haben zu viele Sträflinge zu versorgen, und die laufen immer weg. Ich könnte schwören, dass sie nicht kommen, um ihn zu überprüfen.« Er schwankte, und sie nutzte ihren Vorteil. »Komm schon, James«, versuchte sie ihn zu überreden. »Du siehst doch, dass es ein Unfall war. Setzt du die Behörden darüber in Kenntnis, wird man Kumali ins Gefängnis werfen und wahrscheinlich erhängen. Vor einem weißen Gericht erfährt sie keine Gerechtigkeit. Lass es bleiben!«
Fergal durchbrach das lange Schweigen. »Ich meine, was Rubysagt, stimmt, James. Wir wollen den Mann beerdigen, und damit hat es sich.«
»Was sagst du, Wally?«
Wallys knorrige Hände kneteten seinen Hut, während er den leblosen Bert betrachtete. »Wenn’s nach mir geht, werden keine Behörden hinzugezogen«, murmelte er. »Ich habe zu viele Jahre im Knast verbracht, und das hier wird mich vermutlich wieder reinbringen. Begrabt ihn, würde ich sagen.«
Seufzend gab James nach. Als die Männer zum Lager zurückkehrten, um Spaten zu holen, legte Ruby ihren Arm um Kumali. »Komm«, sagte sie sanft, »es ist vorbei. Niemand außer uns wird erfahren, was heute Abend geschehen ist. Und hab keine Angst vor Wally – er würde es nicht wagen, jetzt noch aus der Reihe zu tanzen.«
Während sie
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