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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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stecken bleiben könnte, doch seine suchenden Finger fanden schließlich, wonach er gesucht hatte. Erleichtert atmete er auf.
    Das Tagebuch war an den Rändern angeknabbert und das kleine Schloss abgefallen, doch anscheinend hatte es keinen größeren Schaden davongetragen. Er legte das Tagebuch in die Schatulle. Es passte genau. Damit war es bis zu seiner Rückkehr aus England vor Mäusen und Beutelratten sicher. Hoffentlich wäre er dann in der Lage, zu entziffern, was darin geschrieben stand. Die Idee, es könnte das Tagebuch eines Piraten sein, hatte er längst als kindisch verworfen; er vermutete vielmehr, dass es nur das persönliche Tagebuch eines längst verstorbenen Mitglieds des deutschen Zweigs seiner Familie war, doch seine Neugier blieb ungebrochen, und er war entschlossen, das Rätsel zu lösen.
    Nachdem er die Schatulle im Kriechgang versteckt hatte, seufzte er zufrieden auf und ging. Den Rest des Nachmittags würde er bei seinen Eltern verbringen, denn nach dem morgigen Tag würde er sie erst mit achtzehn wiedersehen.
    Lawrence Creek, Hunter Valley, am selben Tag
    Der Brief von der Kirchenverwaltung war nicht gekommen, und Jessie war trotz ihrer anfänglichen Enttäuschung erleichtert. Mr. Lawrence würde sie – zu Recht – beschuldigen, hinter seinem Rücken etwas unternommen zu haben, was zu einer sehr unangenehmen Situation führen könnte. Außerdem bestand natürlich die Möglichkeit, dass die Verwaltung Mr. Lawrence zustimmte, und wenn das der Fall war, hätte sie nur geringe Chancen, etwas zu verändern.
    Sie war zu dem Schluss gelangt, dass ihre hastig hingekritzelte Anfrage ein Fehler gewesen war. Es ging nicht darum, dass sie den weiten Weg hierher gemacht hatte, um einen Mann zu finden. Und obwohl Gerhardt von Schmidt ein aufmerksamer Gastgeber war – und Abel Cruickshank darauf bedacht zu sein schien, die Freundschaft fortzuführen, die sie auf der Reise hierher geschlossen hatten –, konnte sie nicht behaupten, dass man um sie warb.
    Jessie hatte sich damit abgefunden, dass sich alles zum Besten gewendet hatte, und sich in die Briefe ihres Bruders Daniel vertieft. Sie munterten sie auf, und sie hatte sie in den vergangenen zwei Wochen schon oft gelesen. Seine Schrift war schlecht, seine Orthografie noch schlimmer, doch seine Bemühungen waren lesbarer als die von John, der sich als unwilliger Schüler erwiesen hatte. Es war Jessie gewesen, die ihnen vorgeschlagen hatte, sie sollten lesen und schreiben lernen, bevor sie Cornwall verließen.
    Nun, am Samstagmorgen, saß sie in der Dunkelheit vor dem Morgengrauen und versuchte, sich den Ort Kapunda auszumalen. Daniel hatte ihr sehr anschaulich die Katen aus Lehm und Stein beschrieben, die sie mit zahlreichen Männern aus Cornwall sowie Verhüttungsfachleuten aus Wales und irischen Arbeitern teilten, von denen beinahe täglich neue herbeiströmten. Die Mine produzierte über dreitausend Tonnen Kupfer im Jahr, sodass ihre Arbeitsplätze sicher waren. Die Bevölkerung der Stadt wuchs und wurde von den zahlreichen deutschen Farmern, die sich im nahe gelegenen Bethel angesiedelt hatten, gut mit Nahrungsmitteln versorgt.
    Jessie tauchte wieder aus ihrer Träumerei auf, stellte fest, dass der Himmel heller wurde, und beeilte sich, ihren Tag vorzubereiten. Mr. Lawrence würde bald nach Newcastle aufbrechen, under hatte ausdrücklich ihr Erscheinen in seinem Haus vor seiner Abfahrt angeordnet. Ihre Gedanken weilten jedoch bereits bei Mr. Cruickshank und ihrem Besuch auf seinem Weingut noch am heutigen Tag.
    Das vergrößerte Auge funkelte durch das Monokel. »Sie sind ziemlich rot im Gesicht, Miss Searle. Ich hoffe, Sie brüten nichts aus.«
    Jessie war nicht klar gewesen, dass man ihr die innere Erregung so deutlich anmerkte, und bemühte sich um ein gesetztes Verhalten. »Mir geht es ganz gut, Mr. Lawrence«, erklärte sie.
    »Schön. Die Konferenz der Kirchenpfarrer ist für das Wohlergehen der Gemeinschaft lebenswichtig – für das ganze Land sogar, denn sie bietet uns die Möglichkeit, unsere Meinung noch vor der Bischofskonferenz in Sydney zu äußern, die noch in diesem Jahr stattfinden soll. Der Bischof von New South Wales hat mir die große Ehre zuteil werden lassen, mich um eine Rede zu bitten, und es geht nicht, dass Sie während meiner Abwesenheit indisponiert sind. Hier gibt es viel zu tun, und deshalb habe ich eine Liste aufgestellt.« Er griff in seine Manteltasche und zog einen Stoß Papier heraus. »Diese Aufgaben sind

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