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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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Mrs. Blake verlassen. Haben Sie die Anwesenheitsliste von der Sonntagsschule?« Er überflog die Liste, die Jessie aus der Tasche geholt hatte, und nickte anerkennend. »Die sechs Fehlenden sind entschuldigt?«
    »Die Kinder der Eingeborenen haben eine Infektion in der Brust. Ihr Husten ist ziemlich beunruhigend, und ich habe mich gefragt …«
    Er verzog das Gesicht. »Das ist nichts Neues und rührt zweifelsohne von ihrer dürftigen Bekleidung her.« Mit tiefem Seufzer warf er seine Serviette auf den Tisch. »Ich gebe mir die größte Mühe, diesen Menschen moralische Stärke einzuflößen, aber sie leben noch immer wie nackte, dreckige Wilde. Es ist zum Verzweifeln.« Jessies trauriges Gesicht musste ihm aufgefallen sein,denn er nahm sie streng in Augenschein. »Ihr Mitleid für sie ist verschwendet, Miss Searle, und wir wollen nicht mehr darüber reden. Jetzt, da wir unsere Mahlzeit beendet haben, möchte ich über meine Zukunftspläne sprechen.«
    Sie erschrak, als er plötzlich vom Stuhl aufstand und auf und ab ging, denn Mr. Lawrence saß für gewöhnlich am Tisch, wenn er dozieren wollte.
    »Der Bischof hat mir die große Ehre eines Sitzes im Kirchenrat von Brisbane angeboten. Das würde bedeuten, dass ich viel unterwegs und längere Zeit von meiner wichtigen Arbeit hier abwesend bin, doch ich habe das Gefühl, es ist meine Pflicht anzunehmen.« Er blieb stehen und runzelte die Stirn. »Sie scheinen beide ziemlich sprachlos zu sein. Ich hatte gehofft, Sie wären begeistert über meine Neuigkeiten, denn es ist ein beachtlicher Aufstieg.«
    Sie beeilten sich, ihm zu gratulieren, und tauschten besorgte Blicke.
    »Danke.« Sein Lächeln war selbstzufrieden. Er verschränkte die Hände hinter dem Rücken. »Ich betrachte es als Würdigung des Opfers und der Entbehrungen, die ich auf mich genommen habe, um Gott in diesen verlassenen Winkel Australiens zu bringen. Es ist höchst erfreulich, dass meine kleinen Mühen nicht unbemerkt geblieben sind.«
    Jessies Gedanken überschlugen sich. »Was wird aus der Schule, Sir?«
    »Trotz Ihres jugendlichen Alters und Ihrer Unerfahrenheit haben Sie sich als fähig erwiesen, die Schule zu leiten. Ich gehe davon aus, dass ich mich auf Sie verlassen kann, Ihre Arbeit fortzuführen?«
    »Gewiss, Sir.« Sie war erleichtert, denn so ironisch es auch sein mochte, sie hatte befürchtet, dass ihre Stellung in Gefahr war.
    »Der Bischof hat einen Kurator ernannt, der die geistlichenPflichten in dieser Gemeinde überwacht, aber natürlich werde ich stets mit Rat und Tat zur Seite stehen, wann immer es mir möglich ist.«
    »Was wird aus mir, Sir?« Hildas Gesicht war aschfahl geworden, ihre Augen vor Angst geweitet.
    Er warf einen Blick auf seine Taschenuhr. »Sie werden den Haushalt für den neuen Amtsinhaber führen, und ich erwarte, dass Sie Ihre ausgezeichneten Maßstäbe beibehalten.« Er klappte die Uhr zu. »Ich möchte über die Finanzen des Haushalts sprechen, Mrs. Blake. Miss Searle, Sie können gehen.«
    Sie stand auf. »Wann werden Sie in Brisbane erwartet, Sir?«
    »Im neuen Jahr. Gute Nacht.«
    Jessie schloss die Tür und fragte sich, ob Hilda dieselbe berauschende Hoffnung hegte, dass sich endlich etwas ändern würde. Sie zog das Umhängetuch ihrer Großmutter fester um sich, um die Kälte abzuwehren, und lächelte bei dem Gedanken, wie sehr Mr. Cruickshank ihre Neuigkeiten begrüßen würde.

Neun
    Lawrence Creek, Hunter Valley, September 1850
    V or einigen Wochen hatte der Regen wieder eingesetzt und eine verheerende Wirkung gehabt. Jessie starrte aus dem Fenster und fragte sich, wie Abel wohl zurechtkam. Sie hatte ihm noch nichts von Zephaniahs geplanter Abreise erzählt. Mit dem Regen hatte der Überlebenskampf für die Winzer begonnen, und die Chance, dass er sie besuchen würde, wurde von einem durchnässten Tag zum anderen geringer.
    Sie hustete und putzte sich die Nase. Die Erkältung hatte vor drei Tagen angefangen und wurde anscheinend nicht besser – ihr Hals fühlte sich an, als hätte sie ein Päckchen Nadeln verschluckt, und der Husten schmerzte in ihrer Brust. Sie schauderte. Die Kälte hielt sich trotz des munteren Kaminfeuers im Klassenraum; der graue Himmel und der endlose Regen, der die Sicht verschleierte, passte zu ihrer Stimmung.
    Die Schüler waren seit zwei Wochen nicht zur Schule gekommen, denn die Wege waren überflutet und die Flüsse so reißend, dass man sie nicht überqueren konnte. Sie vermutete, dass die Kinder ohnehin zu Hause

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