Legenden der Traumzeit Roman
Vertrautheit vermittelte Trost und stärkte ihren Mut, als sie zu Hilda auf die Veranda eilte.
»Wir wollen nur hoffen, dass er gut gelaunt ist«, raunte Hilda ihr zu. »Willst du heute Abend mit ihm sprechen, oder hast du deine Meinung geändert?«
»Ich wäge seine Laune ab und entscheide dann.«
»Lieber du als ich.«
Jessie behielt ihre Gedanken für sich, als der Einspänner sich näherte und die Kinder der Aborigines aus ihrem Lager herbeirannten, um mit dem Pferd behilflich zu sein.
»Bitte, denk sorgfältig nach, Jessie!«, drängte die ältere Frau. »Es wäre schrecklich, wenn du entlassen würdest.«
»Wir wollen hoffen, dass es nicht so weit kommt«, erklärte sie und konzentrierte sich auf den Einspänner.
Er hielt neben der Treppe an, und die Zeit für vertrauliche Gespräche war vorbei. Zephaniah kletterte herab und warf die Zügel einem der Jungen zu. »Sieh zu, dass das Pferd richtig trocken gerieben wird, und gib ihm ordentlich zu fressen! Und pass auf, dass der Einspänner keine Kratzer kriegt, wenn du ihn in die Scheune schiebst!« Er schaute der Kinderschar nach, die auf die Scheune zulief; ihr aufgeregtes Schnattern schallte durch die Abendstille. Dann drehte er sich zur Veranda um. »Guten Abend, meine Damen«, dröhnte er.
»Demnach hatten Sie eine erfolgreiche Reise, Sir?« Jessie knickste, und Hilda übernahm seinen Handkoffer.
»In der Tat«, antwortete er mit geschwellter Brust. »Äußerst erfolgreich. Kommen Sie, meine Damen, ich werde alles beim Abendessen erzählen.«
Jessie und Hilda tauschten Blicke, als sie ihm ins Haus folgten. Er war in überbordender Laune, was Gutes verhieß. Aber Jessies Anspannung ließ nicht nach, während sie Hilda beim Auftragen half.
Er ließ sich kaltes Hammelfleisch mit Kartoffelpüree schmecken und ergötzte sie mit seinen Neuigkeiten. »Der Bischof hat mich äußerst großzügig für meine Rede gelobt, und obwohl ich ein bescheidener Mann bin, muss ich zugeben, es war eine meiner besten.« Er trank einen großen Schluck Wein, schmatzte genießerisch und wandte sich wieder dem Essen zu.
Jessie schmeckte es nicht, doch sie wusste, wenn sie es stehen ließe, würde es Fragen geben. Seine Worte plätscherten über sie hinweg, und sie täuschte Interesse vor, doch ihre Gedanken waren bei der Rede, die sie seit Samstagabend einstudiert hatte.
»Die Unterkunft war dürftig und ziemlich überfüllt. Aber meine Tage waren angefüllt mit Aktivitäten, sodass es mir kaum aufgefallen ist. Es war recht erfrischend, so viele verschiedene Geistliche kennenzulernen, und obwohl ich nur ein kleiner Landpfarrer bin, fühlte ich mich nicht ein einziges Mal von so einer würdigen Versammlung in den Schatten gestellt.« Er trank und wartete, bis Hilda die Teller abgeräumt und den Nachtisch serviert hatte. »Ah, Apfelkuchen«, seufzte er, »meine Lieblingsspeise! Sie wissen, wie Sie mich verwöhnen können, Mrs. Blake.«
»Damit will ich Sie zu Hause begrüßen, Sir«, erwiderte sie, den Blick wohlweislich von Jessie abgewandt.
Die endlose Mahlzeit zog sich über den Nachtisch, Käse und Portwein, hin, während Zephaniah seine Bewunderung für den Bischof zum Besten gab und sie mit seiner Meinung über die Katholiken, Presbyterianer und Benediktinermönche erfreute, die ebenfalls teilgenommen hatten. »Er ist ein Mann mit Weitblickund erkennt, dass die Kirche in all ihren unterschiedlichen Lehren fortfahren muss, die Moral ihrer Herde zu überwachen. Die Abstinenzbewegung hat großen Zulauf, und ich bin überzeugt, dass Mäßigkeit gefördert werden muss, besonders in den unteren Schichten, in denen die Verderbtheit alarmierende Ausmaße angenommen hat.«
Jessie unterdrückte ein Schmunzeln, als er das Weinglas an die Lippen führte. Mr. Lawrence hatte offenbar auch in diesem Punkt nicht vor, das zu praktizieren, was er predigte – was ohnehin selten der Fall war.
»Mir ist klar, dass meine Predigten in diesem Tal der Rebstöcke auf taube Ohren treffen werden, doch die Eingeborenen sind es, die wir schützen müssen, und alle, deren schwache Gesundheit den Auswirkungen des Alkohols nicht widerstehen kann.« Anscheinend war er mit seiner kleinen Ansprache zufrieden. Er polierte sein Monokel. »Ich nehme an, während meiner Abwesenheit ist alles glattgelaufen?«
Jessie faltete die Hände im Schoß, denn sie zitterten. »Ja, Sir, und alle Aufgaben auf Ihrer Liste wurden erledigt.«
»Gut, gut«, brummelte er. »Ich wusste, ich kann mich auf Sie und
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