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Legenden der Traumzeit Roman

Legenden der Traumzeit Roman

Titel: Legenden der Traumzeit Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tamara McKinley
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gestimmt ist und sich überreden lässt.«
    »Sind Sie sicher, dass ich nicht lieber mit ihm reden sollte?«
    Kampfgeist leuchtete in seinen Augen, und sie schüttelte den Kopf. »Ich glaube, es ist besser, wenn Sie es mir überlassen.«
    Er hielt ihrem Blick stand und nickte. »Ich war noch nie ein guter Diplomat, daher schätze ich, dass Sie es besser hinbekommen.« Vorsichtig nahm er ihre Hand, und sein Blick schien tief in ihre Seele zu wandern. »Viel Glück, Miss Searle!«
    Jessie konnte kaum atmen, sie war wie gebannt von seinem Blick und sich nur allzu bewusst, wie sehr ihr Herz bei seiner Berührung hämmerte. »Danke«, brachte sie hervor.
    Zögernd lösten sie den Kontakt und gingen langsam zur wartenden Hilda. Jessie fragte sich, ob er wohl ebenso wenig einsehen wollte wie sie, dass dieser wunderbare Tag zu Ende ging.
    Sydney Harbour, am nächsten Tag
    Harry konnte sich nur allzu deutlich an seinen Zorn erinnern, als er gezwungen wurde, seine Ausbildung in England zu beenden und die Grafenwürde zu übernehmen. Daher verstand er Freddys Verzweiflung. Der Junge versuchte mit Mühe, wie ein Erwachsener aufzutreten, doch sein Blick war gehetzt, und er hatte eine Verletzlichkeit an sich, die in Harry den Wunsch weckte, etwas zu tun oder zu sagen, um seine Ängste zu mildern. Dennoch wusste Harry, dass es keine Heilmittel gab, denn die Einsamkeit würde dem Jungen viele Monate zusetzen – ebenso wie ihmselbst. Die Ungewissheit über den Gesundheitszustand seines Vaters kam als Bürde noch hinzu, und Harry bewunderte die Art, wie der Junge sich hielt.
    Er legte einen Arm um Freddys Schultern. Sie standen am Pier, und er wollte ihm vermitteln, dass er ihn verstand. Amelia hatte zu Recht beschlossen, nicht mitzukommen, und der Junge hatte sich tränenreich von seinen Eltern verabschiedet und sich in letzter Minute an seine Mutter geklammert in dem verzweifelten Versuch, ihre Zeit miteinander in die Länge zu ziehen. Jetzt zeugten sein bleiches Gesicht und die geröteten Augen trotz seiner entschlossenen Haltung beredt von seinem inneren Tumult.
    »Die Zeit wird wie im Flug vergehen«, tröstete er ihn. »Ich weiß, du glaubst es mir nicht, Freddy, aber du wirst bald schon so beschäftigt sein, dass du kaum noch an uns denkst, und ehe du dich versiehst, ist die Schule vorbei, und du wirst wieder nach Hause kommen.«
    »Du kümmerst dich um Mama und Papa, ja?«
    »Das verspreche ich dir.« Harry schaute in die vertrauensvollen braunen Augen. »Und ich möchte, dass du mir versprichst, dich um Lavinia zu kümmern. Sie wird Hilfe brauchen, wenn ich nicht da bin.«
    »Versprochen, Sir.« Der Junge wand sich aus der Umarmung, schüttelte seinem Onkel die Hand und entfernte sich, um über das Wasser zu schauen, die Schultern straff nach hinten gezogen.
    »Keine Sorge, Harry«, murmelte Lavinia. »Ich werde für ihn sorgen wie für meinen eigenen Sohn.« Sie sank in seine Arme, ungeachtet der wogenden Menge und der neugierigen Blicke, und küsste ihn auf die Wange.
    Ein Kloß entstand in seiner Kehle, während er sie an sich drückte. Doch er wusste, dass er keine Schwäche zeigen durfte – jetzt nicht –, denn sie hatten sich bereits unter vier Augen verabschiedet, und die Zeit der Tränen war vorbei. »Ich werde so baldwie möglich nach Hause kommen«, versprach er. »Viel Glück, mein Schatz!«
    »Alle Mann an Bord! Das Schiff legt in zehn Minuten ab.« Der Ruf des Matrosen wurde vom überschwänglichen Läuten einer Glocke begleitet, und die Menge strömte nach vorn.
    Harry und Lavinia lösten sich voneinander, doch ihre Blicke hielten sich fest und drückten im allgemeinen Menschenstrudel mehr aus als alle Worte. Der Tränenkloß in seinem Hals schwoll an, als er seinen Sohn umarmte. »Pass auf deine Mutter auf, Charlie, und gib deinen Schwestern einen Kuss von mir.«
    »Wir müssen gehen«, sagte Gertrude. »Die Gangway wird gleich eingezogen.«
    Charlie schenkte seinem Vater ein verwässertes Lächeln, nahm dann seine Mutter an den Arm und geleitete sie zum Schiff.
    »Auf Wiedersehen, Harry«, flüsterte Gertrude.
    Harry küsste ihre Wange, umarmte sie kurz und brachte ein Lächeln zustande. Ihre sauertöpfische Miene war heller geworden, ihre Wangen hatten wieder Farbe, die Augen funkelten. Selbst ihre Kleidung war fröhlicher, ihre Haube hübsch mit Seidenbändern verziert. Anscheinend hatte dieses erzwungene Exil die Lebensgeister wieder geweckt, die sie einst besessen hatte, und die Schönheit

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