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Legion der Morgenroete

Legion der Morgenroete

Titel: Legion der Morgenroete Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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bei d'Averc ein Auge zudrücken, doch nie bei den anderen. Vielleicht waren ihre Hoffnungen unerfüllbar. Sie seufzte. Doch was machte es schon aus? Es war ohnehin zweifelhaft, ob d'Averc überhaupt noch lebte. Inzwischen sah sie jedenfalls keinen Grund, nicht passiv an Meliadus' Ränken teilzunehmen. Er mußte wahrhaftig äußerst desperat sein, einen solchen Coup überhaupt zu erwägen. In den ganzen zweitausend Jahren von Huons Herrschaft hatte es kein Granbretanier auch nur gewagt, daran zu denken, ihn zu stürzen. Flana konnte sich nicht einmal vorstellen, daß das möglich war.
    Sie schauderte. Machte man sie wirklich zur Königin, sie würde ganz sicher nicht die Unsterblichkeit wählen - schon gar nicht, wenn es bedeutete, ein so verschrumpeltes Ding wie Huon zu werden.

2. GESPRÄCHE NEBEN DER MENTALITÄTSMASCHINE
    Kalan von Vitall strich nachdenklich über seine Schlangenmaske. Er stand mit Meliadus in dem riesigen, niedrigen Laboratorium, in dem Wissenschaftler des Schlangenordens, dessen Grandkonnetabel Kalan war, ihre Experimente durchführten. Es war ein Raum, der an den Werkraum des Teufels erinnerte. Männer und Frauen waren auf Maschinen aller Art geschnallt und wurden im Namen der Wissenschaft grauenvollen Qualen ausgesetzt. Hin und wieder hallten Schreie durch den Raum, die oft auf recht drastische Weise gestillt wurden.
    Nun deutete Kalan auf eine Maschine, die unbenutzt in der Nähe stand. „Erinnert Ihr Euch der Mentalitätsmaschine, mit der wir Hawkmoon testeten?" wandte er sich an Meliadus.
    „Allerdings", brummte der Baron. „Daraufhin glaubtet Ihr doch, daß wir ihm trauen können."
    „Wir hatten es mit Faktoren zu tun, die unmöglich vorherzuberechnen waren", sagte Kalan entschuldigend. „Aber deshalb erwähnte ich meine kleine Erfindung nicht. Der Reichskönig befahl mir, sie erneut zu verwenden. Und an wem, meint Ihr wohl, mein Lord?" Meliadus starrte ihn an. „Soll das heißen - an mir?"
    „Richtig. Irgendwie zweifelt er an Eurer Loyalität."
    „Wieviel, denkt Ihr, weiß er?"
    „Nicht sehr viel. Er nimmt höchstens an, daß Ihr Euch mehr mit Euren eigenen Plänen beschäftigt, als ihm zu dienen. Ich glaube, er möchte lediglich wissen, wie stark Eure Treue ist, und ob Ihr Eure Privatpläne schon aufgegeben habt."
    „Und beabsichtigt Ihr, seinen Befehl auszuführen, Kalan?"
    Kalan zuckte die Schultern. „Ich muß zumindest den Anschein erwecken. Ich werde Euch in die Maschine stecken, aber ich bin überzeugt, wir werden die Resultate erreichen, die in unserem Interesse sind." Er kicherte. „Wollen wir anfangen, Baron Meliadus?"
    Zögernd trat Meliadus näher an die glänzende Maschine aus rotem und blauem Metall, mit ihren mysteriösen biegsamen Gliedern und rätselhaften Auswüchsen. Er warf einen argwöhnischen Blick zu der gewaltigen Glocke empor, die von einem Gerüst hing und offenbar Teil der Maschine war.
    Kalan zog an einem Hebel und gestikulierte entschuldigend. „Tretet unter die Glocke, Meliadus."
    Langsam und mißtrauisch tat der Baron wie geheißen. Die Glocke stülpte sich über ihn. Ihre fleischige Innenwand dehnte sich, dann zog sie sich zusammen, bis sie sich völlig an seinen Körper geschmiegt hatte. Plötzlich war Meliadus, als bohrten sich heiße Drähte in seinen Schädel und stocherten in seinem Gehirn herum. Er versuchte zu schreien, aber die Glocke erstickte jeden Laut. Halluzinationen drängten sich ihm auf - Bilder aus seinem Leben -, hauptsächlich von Schlachten und Gemetzel, aber auch Hawkmoons verhaßtes Gesicht, zu tausend furchterregenden Fratzen verzerrt, schwamm vor seinen Augen, und hin und wieder huschte Yisseldas liebliches Antlitz darüber. Allmählich, eine Ewigkeit wie ihm schien, war sein ganzes Leben an ihm vorbeigezogen, nicht in zeitlicher Reihenfolge, sondern nach der Bedeutung der Ereignisse für ihn. Alles überlagerte jedoch sein Haß auf den Herzog von Köln, sein Verlangen nach Yisselda, und sein Plan, Huon zu stürzen.
    Dann hob die Glocke sich, und er sah Kalan neben der Maschine stehen. Irgendwie fühlte Meliadus sich wie geläutert und bei bester Laune.
    „Nun, Kalan, was habt Ihr entdeckt?"
    „Noch nichts, das ich nicht bereits wußte. Es wird etwa zwei Stunden dauern, bis die Maschine die Ergebnisse ausgewertet hat." Er kicherte. „Der Reichskönig würde sich sehr wundern, wenn er sie zu sehen bekäme."
    „Das wird er doch hoffentlich nicht!"
    „Er wird erfahren, daß Euer Haß auf Hawkmoon nicht mehr so

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