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Legionare

Legionare

Titel: Legionare Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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werden. Erst jetzt wurde ihr bewusst, was sie gerade erlebt hatte. Das Grauen packte sie. Sie musste sich schütteln. Ich musste es tun, redete sie sich ein. Jetzt ist es ja vorbei. Es ist vorbei. Wir leben ja noch. Sie haben ihn nicht verbrannt.
    Als Zna-yat den letzten Leichnam versteckt hatte, war auch Dar mit ihrer Arbeit fertig. »Wir sollten zu den anderen zurückkehren«, sagte sie.
    Zna-yat packte Dar und warf sie sich wie zuvor die Toten über seine Schulter. »Ich trage dich.«
    »Lass mich runter«, sagte Dar. »Ich kann gehen.«
    »Thwa«, erwiderte Zna-yat und schritt in die Richtung aus, in die er die Leichen gebracht hatte.
    »Du gehst in die falsche Richtung«, sagte Dar.
    »Ich muss meine Waffen holen«, erwiderte Zna-yat. Da Dar über seiner Schulter lag, konnte sie sein Gesicht zwar nicht sehen, aber er klang verwirrt. Sein Griff war fest und unvermeidlich. Ihr Dolch drückte sich gegen ihren Leib und war somit außer Reichweite. Dar wurde die Ironie ihrer Lage bewusst: Sie hatte ihr Leben riskiert, um Zna-yat am Ende ganz und gar ausgeliefert zu sein.

8

    ZNA-YAT TRUG DAR eine kurze Strecke, dann setzte er sie auf einer kleinen Lichtung ab. Überall sah man Anzeichen eines Kampfes: Tote Hunde lagen dort, einer war in der Mitte durchtrennt. Blut war auf die zertrampelten Büsche gespritzt. Eine ins Kraut gedrückte Schleifspur kennzeichnete die Richtung, in die man Zna-yat fortgezerrt hatte.
    Während Dar sich umschaute, durchsuchte Zna-yat das Gestrüpp. Sobald er seinen Dolch gefunden hatte, schob er ihn in die Scheide, doch als er das Schwert entdeckte, steckte er es nicht weg. Er wandte sich zu Dar um. Er wirkte noch immer nervös, und die Klinge zitterte leicht in seiner Faust. »Ich kann deine Furcht riechen«, sagte er.
    Dar schwieg, legte die Hand jedoch um den Griff ihres Dolches.
    Zna-yat kam näher. »Es ist klug, mich zu fürchten.«
    Dar überlegte, wie schnell sie wohl mit einem verletzten Fußknöchel laufen konnte. Einem Ork kann ich nicht entkommen, dachte sie, denn ihr fiel der Ritt auf Kovok-mahs Schultern ein. Trotzdem bereitete sie sich darauf vor, die Klinge zu
werfen und den Versuch zu wagen. Vorerst blieb sie jedoch gänzlich reglos.
    »Nach meiner Gefangennahme warst du sicher«, sagte Zna-yat. »Warum bist du gekommen?«
    »Ich hatte Visionen von brennenden Urkzimmuthi.«
    Zna-yat gab keine Antwort. Er starrte Dar nur an, und aus den Tiefen seiner Kehle drang ein Klagelaut empor, der immer lauter wurde. Dann ließ er sein Schwert vor Dars Füße fallen und sank auf Hände und Knie. Es dauerte eine Weile, bis er die Fassung zurückgewann und wieder sprechen konnte. »Muth’la ist in meinem Brustkorb«, sagte er. »Ich bin aus einem bösen Traum erwacht und sehe nun mit offenen Augen. Du bist klug und gut. Ich bin dumm und war boshaft. Deine Furcht beschämt mich.« Er senkte den Kopf. »Beiß in meinen Nacken.«
    Dar wusste, dass ein geneigter Kopf bei den Orks eine Geste der Unterwerfung war, aber sie hatte noch nie gehört, dass Ork einander bissen. Sie empfand derlei als ziemlich drastisch, darum zögerte sie.
    Zna-yat verharrte in seiner Haltung. »Bitte, Mutter, hinterlasse dein Mal.«
    Dar hielt sich zurück. »Was bedeutet dieser Biss?«
    »Dass mein Leben dir gehört.«
    »Das wäre ein großes Geschenk«, sagte Dar. »Womit sollte ich es verdient haben?«
    »Ich bin in Gefangenschaft geraten, weil der Hass mich achtlos gemacht hat. Ich kannte nur einen Gedanken — dich zu töten. Ich wollte deinen Leichnam verstecken und nichts von dir erzählen. Du hast das Böse in meinem Brustkorb gesehen und es mit Mut vergolten.«
    »Warum hast du mich so gehasst?«, fragte Dar.
    »Ich habe geglaubt, Washavoki gehören nicht zu den Urkzimmuthi. Ich habe etwas missverstanden.«

    »Was denn?«
    »Als ich dich in den Fluss warf, starb der Washavoki in dir. Dein Leben war Muth’las Geschenk. Du dienst jetzt ihr. Bitte, Dargu, erlaube mir, meine Übeltaten wieder gutzumachen. Dein Biss wäre mir ein Segen.«
    Dar überwand ihre Verlegenheit. Sie kniete nieder und biss Zna-yat kräftig genug in den Nacken, um einen Abdruck zu erzeugen. Dabei seufzte er, als wiche eine schwere Last von seinen Schultern. Als er aufstand, vollzog sich an ihm die dramatischste Verwandlung, die Dar je gesehen hatte. Sein blutbeflecktes Gesicht zeigte die andächtige und friedvolle Miene eines Erlösten. »Shashav, Dargu«, sagte er. »Shashav, Muth’la.«
     
    Kovok-mah zeigte deutliche Aufregung,

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