Legionare
etwas«, sagte er.
»Hai«, hauchte Dar. »Ein …«
»Sag’s mir nicht!«, sagte Kovok-mah. »Muth’la enthüllt es dir allein.«
Schließlich waren sie dem Feuer so nahe, dass Dar den Eindruck hatte, sie werde einer Prüfung unterzogen. Fast im gleichen
Moment wurden die Trauer und die Angst, die sie niederdrückten, durch Ruhe und Gelassenheit ersetzt. Sie interpretierte diese Veränderung als Beweis dafür, dass sie die Prüfung bestanden hatte.
Ihre neue Ausgeglichenheit währte die ganze Nacht und den folgenden Morgen hindurch. Als sie im Morgengrauen zur Rast anhielten, sank sie schnell in den Schlaf. Sie erwachte völlig erfrischt am späten Nachmittag und schaute sich um. Kovok-mah war weg. Er sucht wahrscheinlich etwas Essbares, dachte sie und wünschte sich, er wäre geblieben.
Dar wartete auf Kovok-mahs Rückkehr. Schließlich beschloss sie, die Straße vor ihnen zu erkunden. Je weiter sie sich von Garlsgut entfernten, umso unsicherer war sie sich hinsichtlich des Weges.
Dar verhüllte ihr Brandzeichen, dann machte sie sich als gewöhnliche Reisende auf, in der Hoffnung, jemandem zu begegnen, der ihr die Richtung sagen konnte.
Die Frühsommersonne stand am Himmel. Die Wipfel der die Straße flankierenden Bäume leuchteten grüngolden in ihrem Licht. Die sich schlängelnde Straße schien kaum benutzt zu werden, denn Dar begegnete niemandem. Sie lief, bis die Sonne unterging und die leere Straße im Schatten lag. Sie wollte gerade umkehren, als sie hörte, dass jemand hinter ihr herlief. In der Annahme, sie werde vielleicht verfolgt, wollte sie sich verstecken. Doch dann brach der Läufer in ein Lachen aus, und Dar entspannte sich. Sie beschloss, mit ihm zu reden, wer er auch war.
Kurz darauf tauchte ein junger Mann in Jagdkleidung auf. Als er Dar sah, stieß er einen freudigen Schrei aus und lief auf sie zu. »Wir haben einen erwischt!«, schrie er. »Wir haben einen erwischt!«
»Was habt ihr erwischt?«, fragte Dar.
Der Mann blieb stehen, als könne er es nicht erwarten, seine Geschichte loszuwerden. »Wir haben mit den Hunden Wildschweine gejagt, da sahen wir ihn durch den Wald gehen. Wir haben die Meute auf ihn gehetzt! Er hat fünf Hunde getötet und hätte Tarl und Gam fast umgebracht, aber dann hat Sav ihn umgehauen. Was für ein Kampf!«
»Wovon redest du?«, fragte Dar zunehmend ängstlich. » Was habt ihr erwischt?«
»Einen Kobold! Den ersten in dieser Gegend, seit Opa ein kleiner Junge war!«
»Habt ihr ihn umgebracht?«
Der junge Mann grinste. »Noch nicht. Ich hole die anderen, damit wir ihn richtig rösten können.«
»Das muss ich sehen«, sagte Dar. »Wo ist er denn?«
»Ein Stück die Straße rauf. Wir haben ihn gefesselt und an einen Baum gebunden.«
Dar zögerte nur eine Sekunde. Dann bohrte sie den Dolch in die Brust des Mannes. Sie ging so vor, wie Sevren es ihr beigebracht hatte – ein schneller Aufwärtsstoß und ins Herz. Der Mann stierte sie mit einem Ausdruck der Überraschung an, murmelte einige tonlose Worte und brach zusammen. Dar schaute ihm beim Sterben zu. Das schlechte Gewissen, das sie angesichts seines Todes empfand, wurde von ihrer Sorge um Kovok-mah mehr als ausgeglichen. Der Ork war unschuldig. Der Mann war es nicht. Plötzlich ergab Dars Feuervision einen schrecklichen Sinn. Hoffentlich hatte die Vision ihr nicht etwas gezeigt, das unausweichlich war.
Dar packte die Unterschenkel des Toten und schleifte ihn ins Unterholz. Nachdem sie eilig alle Spuren ihrer Tat verwischt hatte, lief sie die Straße hinauf. Sie hatte keine Ahnung, ob der Mann schon anderen Menschen von der Gefangennahme des Orks erzählt hatte, deshalb beschleunigte sie ihren Schritt.
Dar hörte die Männer, bevor sie sie sah. Sie wusste zwar nicht, wie viele Jäger es waren, aber sie vernahm mehr als zwei Stimmen. In dem Wissen, dass sie ihr zahlenmäßig überlegen waren, dachte sie sich einen Plan aus. Es galt, ihre Aufmerksamkeit abzulenken. Dar tauchte in den Wald ein und näherte sich dem Zentrum des Lärms über einen Umweg. Schließlich erhaschte sie einen Blick auf Männer, die auf der Straße standen.
Sie riss ihre Bluse auf und lief, wobei sie ordentlich heulte und Krach schlug, auf die Männer zu. Als sie fast auf der Straße war, sah sie das breite Kreuz eines Orks. Man hatte seine Handgelenke hinter seinem Rücken an einem Baum zusammengebunden.
Drei Männer stierten Dar verdutzt an, als sie aus dem Wald gerannt kam. Sie trugen stämmige Lanzen. Zwei weitere
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