Legionen des Todes: Roman
darauf auch das Zischen der Flammen. Auch die anderen rochen es. Sie waren jetzt ganz in der Nähe.
Die Bestie richtete sich noch weiter auf und brüllte, und wieder erstrahlte die Welt in quecksilberfarbenem Schimmern. Der Rest des Rudels antwortete mit donnerndem Bellen, dann stürzte die Kreatur mit noch größerer Vehemenz vorwärts.
III
Jill konnte kaum atmen. Sie war wieder einmal kurz davor zu hyperventilieren. Nicht wegen des Rauchs, der das Problem mit Sicherheit noch verschlimmerte, sondern weil sie wusste, dass sie gerade dabei waren, mitten hineinzumarschieren in ihre Vision von dem Feuer und den darin lauernden Kreaturen. Ihre Hände zitterten am Lenker, und ihre Handflächen waren so verschwitzt, dass sie sie ständig im Wechsel an ihrer Hose abwischen musste, um überhaupt noch lenken zu können. Sie fuhren bereits so langsam, dass Jill kaum noch das Gleichgewicht halten konnte, vor allem mit dem zusätzlichen Gepäck und dem Benzin, das in dem Reservekanister hinter ihr hin und her schwappte. Der Lichtstrahl ihres Scheinwerfers verlor sich in dem wallenden Rauch und tauchte die Welt um sie herum in ein schmutziges Grau. Sie konnte das Rücklicht des Motorrads vor ihr, das ohnehin kaum von den Flammenwänden auf den bewaldeten Hängen zu beiden Seiten des Tales zu unterscheiden war, fast nicht mehr sehen. Ein schmaler Fluss mäanderte durch das Gestrüpp neben dem Pfad – er war ihre einzige Hoffnung auf Rettung vor dem Feuer. Wenn die Flammen zu nahe kamen, konnten sie ins Wasser flüchten und sich dort auf den Rücken legen. Adam hatte etwas davon gesagt, dass sie Schilfrohre als Schnorchel benutzen sollten, aber Jill war zu abgelenkt gewesen, in Gedanken mit der Vision beschäftigt, die sich soeben vor ihren Augen erfüllte.
Die Hitze der Flammen wurde Sekunde für Sekunde stärker. Jills Kleidung klebte bereits an ihrer Haut fest, kleine Schweißpfützen bildeten sich in den Falten, und ihre Haare klebten nass an den Wangen und im Nacken. Rauch drang tief in ihre Lunge, sie spürte einen brennenden Schmerz, hustete und würgte, bis es ihr endlich gelang, ihr nasses T-Shirt über Mund und Nase zu ziehen und es dort mit ihren Zähnen festzuhalten. Ihre Augen brannten und vergossen Tränen, die hellgraue Linien in die Rußmaske auf ihrem Gesicht zeichneten. Jill wusste nicht, wie lange sie noch durchhalten würde. Irgendwann würden sie die Flammenwand vor ihnen durchbrechen müssen, oder etwa nicht? Und dahinter wartete nichts als tote, verkohlte Erde. Hätte es irgendeinen Weg gegeben, dem Inferno auszuweichen, hätten sie das natürlich getan, doch von der letzten Lichtung hatten sie einen guten Blick auf die vor ihnen liegenden Berge gehabt und gesehen, dass der gesamte Horizont in Flammen stand. Die einzige Option war, dem Flusslauf zu folgen und sich geradewegs hineinzustürzen, ganz egal wie wenig es ihnen behagte.
Jill hustete durch ihr T-Shirt, schaffte es aber, den Stoff mit ihren aufeinandergebissenen Zähnen festzuhalten.
Der Rauch wurde so dicht, dass Jill genauso gut die Augen hätte schließen können. Doch die Bilder aus ihrer Vision strömten ungehindert von allen Seiten auf sie ein, und so sah Jill die brennenden Kiefern keine zwanzig Meter links und rechts von ihr, sah den erstickenden Rauch, wie er sie umhüllte. Sie waren fast da. Bald würden diese schwarzen Schatten, die zwischen den Flammen hin und her hetzten, und das markerschütternde Brüllen, das sie ausstießen, wenn sie …
Ein ohrenbetäubendes Brüllen riss sie aus ihren Gedanken. Das war kein Donner, wie sie zuvor, weiter unten im Tal, gedacht hatten. Das Geräusch war weit prägnanter, näher … und irgendwie brutaler.
O Gott . Es war das Geräusch aus ihrer Vision. Es gab keinen Zweifel.
Wir werden alle sterben! , schrie eine Stimme in ihrem Unterbewusstsein, doch Jill würgte sie ab.
Sie würden nicht sterben. Sie hatten es viel zu weit geschafft, um hier in diesen Flammen zu sterben. Sie waren stark, stark genug, um …
Ein weiteres Brüllen antwortete auf das erste, und diesmal schrie auch Jill aus vollem Hals. Das rote Schimmern des Bremslichts vor ihr wurde heller und durchdrang den Rauch wie ein roter Laserstrahl. Dann leuchtete ein zweites auf. Seite an Seite standen sie da, zwei blutrote Augen, die sie anstarrten. Jill bremste ihr Motorrad ab und kam neben ihnen zum Stehen.
»Habt ihr das gehört?«, schrie sie, aber die anderen sprachen bereits aufgeregt darüber.
»… hat sich
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