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Legionen des Todes: Roman

Legionen des Todes: Roman

Titel: Legionen des Todes: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael McBride
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bevor er es riskieren konnte, den Motor anzulassen und sie damit möglicherweise aus ihrem Schlummer zu reißen.
    Er blickte zurück über die Schulter, dorthin, wo die anderen schliefen. Sie ahnten nichts von dem, was er vorhatte, würden dessen Stachel aber allzu bald spüren.
    »Lebt wohl, Freunde«, sagte er. »Möge der Herr euch segnen und beschützen.«
    Er drehte sich weg, hob seine Füße und ließ das Motorrad den Abhang hinunterrollen, hinein in die Tiefen der Hölle und seinem Schicksal entgegen.

III
     
    Schwermütig und gleichgültig blickte der Mond auf die versengte Erde und ließ die skelettierten, toten Bäume unsichtbare Schatten werfen. Der Wind seufzte verzweifelt, während er unermüdlich über die kahle Landschaft wehte und in der obersten Schicht der unfruchtbaren Erde herumstocherte. Es gab keine Blätter mehr, die er hätte rascheln lassen können, keine Zweige und Äste, die er vor sich hertreiben konnte, stattdessen ließ er in den leblosen Tälern sein hohles Klagelied erklingen, das verzweifelt von den Berghängen widerhallte, während die Flüsse sich, dick und zäh von Schlamm und Asche, mit einem höhnischen Lachen durch die Täler wälzten. Die Sterne glitzerten nicht mehr, sie starrten nur noch wie Beobachter, die ihren Blick nicht abwenden können vom Sterbebett der Erde, die, wie sie fürchteten, ihre letzten Atemzüge nahm.
    Wo einst nachtaktive Nager durch eine dicke Schicht aus braunen Blättern und gelben Nadeln huschten, während das Mondlicht sich in ihren wachsamen Augen spiegelte, tanzten jetzt nur noch Windhosen aus Asche um abgebrannte und verkrüppelte Sträucher. Weder Fledermäuse noch Nachtfalken rauschten auf der Suche nach verirrten Insekten durch die Baumkronen, keine Eule war zu hören, versteckt in ihrer unsichtbaren Baumhöhle. Weder Flugzeuge noch Helikopter flogen lärmend durch die Nacht, deren Stille nicht einmal vom Heulen jagender Kojoten oder dem Brüllen der Berglöwen unterbrochen wurde. Es war eine Stille verzagter Vorahnung. Vielleicht war es die dünne Rauchschicht, die in der Atmosphäre hing, die die Welt vor Gottes Augen verbarg, oder vielleicht hatte Er wie ein Arzt seine Aufmerksamkeit auf einen anderen Patienten gerichtet, den er vielleicht noch retten konnte. Oder vielleicht hatte Er auch gar keine andere Wahl, als die Krankheit ihren Verlauf nehmen zu lassen.
    Nur ab und zu trug der Wind das Dröhnen eines einsamen Motorrads heran, das klang wie das Summen einer Fliege über eitriger, verbrannter Haut.
    Unten ragte der schwarze Turm, Urheber der Verwüstung, aus der Landschaft wie ein Tumor. Vielleicht hätte man unter einem himmlischen Mikroskop drei Umrisse ausmachen können, die sich ganz oben auf der Spitze des Krebsherdes bewegten und begierig den bevorstehenden Triumph über das zusammenbrechende Immunsystem des Körpers erwarteten, sich darauf vorbereiteten, zu metastasieren und sich über den ganzen Leichnam auszubreiten.
    Oben lag die letzte Hoffnung der Menschheit in sanftem Schlummer, merkte nicht, dass selbst jetzt der Feind seine Vorbereitungen gegen sie traf. Während ihre Körper sich von den Torturen des letzten Tages erholten, erzitterte der Planet.
    Es würde noch Stunden dauern, bis die Sonne den östlichen Horizont erklimmen und ihre Strahlen sich in den letzten Tropfen Blut, die die Menschheit vergoss, spiegeln würden.
    Bis sie Zeuge der letzten Schlacht würde, die über das Schicksal der Menschheit entschied.
    Bevor sie wieder untergehen würde – ob über einem toten oder einem wiedergeborenen Planeten, war ihr egal, denn kaltherzig blickte sie auf die Leichen derer, deren Schicksal es war zu fallen.
    Nur jene, die überlebten, konnten darüber bestimmen, ob das kommende Blutvergießen zur Kenntnis genommen werden würde, ob die verlorenen Leben betrauert oder einfach der Verwesung überlassen werden würden.
    Irgendwo in der Dunkelheit begann der ruhmlose Tag, der hoffentlich nicht das Ende aller Tage bedeuten würde.

IV
     
    Missy wimmerte im Schlaf, ihr Kopf zuckte auf der Decke hin und her, die Augen rollten hektisch unter den geschlossenen Lidern. Ihr Gesicht verzog sich zu einer Grimasse, ihre Lippen verkrampften sich wie von Schmerz verzerrt und öffneten sich dann, um ein neuerliches Wimmern auszustoßen. Tränen strömten aus ihren Augenwinkeln und flossen über ihre Schläfen in ihr dunkles Haar. Ihre Brust hob und senkte sich, als bekäme sie keine Luft. Schließlich riss sie die Augen auf, ihr

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