Legionen des Todes: Roman
Ritual, wie Händeauflegen. Die Worte, die Phoenix ihm gesagt hatte, hatten sich beinahe angehört wie eine Zusammenfassung seines Lebens. Zugegeben, es war mitten in der Nacht, mitten in einer sehr angespannten Nacht, aber dennoch war es … ungewöhnlich. Ungewöhnlicher als sonst zumindest. Vielleicht war Phoenix gerade aus einem Traum oder einer Vision erwacht, die Adam ohnehin nicht verstanden hätte, und immer noch irgendwo zwischen diesem Traum und der drückenden Realität des nächsten Tages gefangen. Das musste es sein.
Er sah, wie Phoenix sich neben Missy einrollte und seinen Arm um ihre Hüfte schlang. Er würde Phoenix fragen. Aber nicht vor dem Morgen. Der Junge sollte diese eine Nacht mit seiner Freundin haben. Außerdem sah bei Tageslicht betrachtet alles anders aus.
Adam legte sich wieder hin, drehte sich auf die Seite, sodass er Evelyns Körper an dem seinen spüren konnte, und schloss die Augen. Der Schlaf überfiel ihn wie aus einem Hinterhalt.
Phoenix konnte die Tränen, die aus seinen Augen strömten und über seine Wangen liefen, nicht zurückhalten. Sein ganzes Leben lang hatte er sich vor diesem Moment gefürchtet. Selbst der Tod wäre besser gewesen als der Schmerz, den er jetzt verspürte, den Krampf in seinem Bauch, den Schmerz in seiner Brust, der selbst das Atmen schwer machte. Er musste sich auf die Lippe beißen, um nicht laut aufzuschluchzen und sie zu wecken. Wenn er ihr in die Augen blicken oder auch nur ihre Stimme hören müsste, wäre das bisschen, was von seinem Entschluss noch übrig war, unrettbar dahin.
»Ich liebe dich schon mein ganzes Leben lang«, flüsterte er so leise, dass er selbst seine Worte kaum hören konnte, und doch so laut, dass sie hoffentlich auf einer unterbewussten Ebene bis zu ihr durchdringen würden. »Wenn ich träumte, träumte ich von dir. Wenn ich an ein besseres Leben dachte, war es immer dein Bild, das ich vor mir sah. Du hast mich geliebt, als ich glaubte, dass niemand das jemals tun würde.« Er musste kurz aufhören zu sprechen, um einen Schluchzer zu unterdrücken. »Bis ich dich traf, wollte jeder, den ich kannte, etwas von mir nehmen, aber du … du hast mir die ganze Welt geschenkt. Ich habe nie etwas getan, um deine Liebe zu verdienen, und doch hast du sie mir bereitwillig gegeben, bedingungslos.« Seine Lippen zitterten, und er presste sich die Hand auf den Mund, um die immer lauter werdenden Geräusche der Trauer in seiner Brust nicht nach außen dringen zu lassen. »Wenn ich etwas ändern könnte, weißt du, dass ich es tun würde. Es gibt nichts, das ich nicht für dich tun würde, aber ich kann nicht zulassen, dass du leidest. Es tut mir leid, so unendlich leid … dir wehzutun. Dich zu verlassen. Ich liebe dich, Missy, und ganz egal wohin du auch gehst, ich werde immer bei dir sein. Solange du lebst, wirst du nie allein sein. Nie.«
Er beugte sich nach vorn und drückte seine Lippen auf die ihren, ihre Weichheit, ihre Wärme, das waren Empfindungen, die er bis über das Ende seines Lebens hinaus in Ehren halten würde. Langsam, ganz langsam und mit weit größerem Bedauern, als er es je in seinem Leben verspürt hatte, löste er den Kuss, wollte sich die Tränen von den Lippen wischen, doch noch viel mehr wünschte er sich, ein Teil von ihr möge mit ihm kommen.
Missy lächelte im Schlaf, ihr Gesicht entspannte sich, und ein beinahe engelsgleiches Leuchten breitete sich darauf aus.
Phoenix blinzelte, machte im Geist ein Foto von ihr, von seiner wunderschönen Missy, das er immer in seinem Herzen tragen würde.
Er ging zu dem Motorrad, das am nächsten stand, und klappte leise den Seitenständer ein. Die Hände am Lenker, schob er es zurück auf den Pfad und lautlos den Hügel hinauf, bis er ganz oben war. Er schaute hinaus auf die Ruinen der ehemals so prachtvollen Stadt, auf Schutt und Asche, die das Ende der Zivilisation betrauerten, deren letzte Zeugnisse sie waren. Er sah einen kleinen kreisrunden Fleck, der hell orangefarben leuchtete: ein See aus Feuer, das wusste er. Er hatte ihn zuvor schon in seinen Träumen gesehen, das Monster irgendwo in seinen Tiefen hatte ihn erschaffen. Und dahinter … die verrenkte Spitze des schwarzen Turms.
Phoenix schwang sein Bein über die Sitzbank und setzte sich genau so darauf, wie er es bei Missy so viele Male gesehen hatte. Nur durch Beobachtung hatte er gelernt, wie man es fahren konnte, doch musste er zuerst noch eine gewisse Entfernung zwischen sich und die anderen bringen,
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