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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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Wozu!‹ Mit Ausrufung s zeichen. Aber ohne Hund reist kein Mensch ins Weltall. Schon bei Jules Vernes Von der Erde zum Mond«. – ich hatte tief in der Kiste meiner Jugenderinnerungen graben müssen, um das Buch zu finden – »1865 sind zwei Hun de mit dabei, als der Gun Club die Kapsel zum Mond schießt. Siehst du die dunklen Flecken?«
    »Welche Flecken?«
    »Dazu müsstest du dich umdrehen, Sally.«
    Ich streckte meinen Arm über ihre Schulter hinweg zu den Dächern. Sie verrenkte den Hals, kämpfte ihre blo n den Locken aus dem lauen Abendwind und kniff die Augen zusammen. In Wahrheit war sie kurzsichtig. Ve r mutlich konnte sie den Dreiviertelmond nicht von den Str a ßenlaternen unterscheiden.
    »Sie heißen Maria, Betonung auf der ersten Silbe. Das ist der Plural von Mare, Meer. Aber sie enthalten kein Wasser, haben nie welches enthalten. Es sind Einschla g krater von Meteoriten, in die einst glühende Lava g e strömt ist. Es ist also Basalt. Und weil im Mond einst der Magmakern zur Erde hin verschoben war, ist auf unserer Seite das Magma schneller geflossen. Hinten gibt es kaum Meere.«
    »Tatsächlich?« Sally schwang ihren Kopf zurück und schnutete die Lippen zum Strohhalm. Die Minzeblätter raschelten krautig.
    »Was hast du denn gedacht, was das Dunkle ist?«
    Sie grinste. »Das Gesicht der Jungfrau bei zunehme n dem Mond, die Mutter bei Vollmond und das Hexe n weible bei abnehmendem Mond. Sagt man doch.«
    Ich klappte den Jules Verne auf. Sally ließ sich immer gerne vorlesen.
    ›»Die Astronomen haben diesen sogenannten Meeren seltsame Namen gegeben, genau geteilt in eine männl i che und eine weibliche Hälfte. Den Frauen die rechte, den Männern die linke Hälfte! Auf der linken Hälfte lag das Wolkenmeer, worin die menschliche Vernunft so häufig ertrinkt. Nicht weit davon das Regenmeer, das durch die Mühsal des Daseins gespeist wird. Daneben höhlt sich der Ozean der Stürme, in dem der Mensch im ununterbroch e nen Kampf gegen seine allzu häufig siegreichen Leide n schaften steht. Was findet er, wenn er e r schöpft durch Täuschungen, Verrat und am Ende seiner Laufbahn steht? Jenes weite große Meer der Launen. Wolken, Regen, Stürme, Launen – was birgt das Me n schenleben anderes, und erschöpft es sich nicht in diesen vier Worten? Die rechte Hemisphäre, den Damen g e widmet, schließt nur kleinere Meere in sich. Hier liegt das Meer der Fröhlic h keit, über welches das junge Mä d chen sich neigt, und der See der Träume, aus dem ihm eine lachende Zukunft entgegenstrahlt. Hier liegt das Nektarmeer mit seinen Liebeswellen und seinem Liebe s hauch! Dort liegt das Meer der Fruchtbarkeit, das Meer der Krisen …‹ « Ich unterbrach: »Das Mare Crisium! Heute übersetzt man es meist mit Meer der Gefahren. Das ist übrigens der kleine runde Fleck am rechten ob e ren Mondrand.«
    »Ist dir aufgefallen«, murrte Sally, ohne sich noch mal umzudrehen, »dass er von Menschen spricht, wenn er Männer meint?«
    »Das ist die Krux im Französischen. Außerdem, was willst du, das Buch ist im vorletzten Jahrhundert erschi e nen. Da kannte man noch gar keine vernunftbegabten Frauen.«
    »Und was willst du mit dem ganzen Mondzeugs?«
    »Die Menschheit sitzt seit einem Jahr auf dem Mond, und dich interessiert das nicht?«
    Sally spuckte den Strohhalm aus. »Dass normale Me n schen wie wir da hochkommen, erleben wir beide nicht mehr.«
    »Normal?« Ich zog meine Brauen bis zum Haaransatz hoch. »Wenn es danach ginge, müsste man mich sofort hochschießen!«
    Sallys Gelächter hallte wider in der urbanen Schlucht.
    »Im Ernst«, sagte ich. »Da ist vor vier Wochen ein Astronaut auf der Artemis gestorben. Ich glaube, es war Mord.«
    Sally lachte heiter und hallend. »Lisa, du leidest an Detektivwahn. Wie willst du so was denn beweisen?« Sie wurde ernst. »Außerdem ist das gefährlich, wenn man so was einfach so behauptet.«
    »Wieso gefährlich?«
    »Das kann denen doch nicht recht sein, wenn herau s kommt, dass einer von ihren Astronauten ein Mörder ist. Denk an den Aufstand mit den betrunkenen Astronauten bei der NASA!«
    Ich lachte. »Habt ihr euch abgesprochen, Richard und du?«
    Sally fuchste. »Lach nicht. Da geht es um irre viel Geld und Politik und all das, Lisa.« Normalerweise dac h te Sally weder politisch noch global.
    »Aber die Witwe des Astronauten«, antwortete ich r e gional, »lebt bei uns im Schwabenländle. Und niemand hat sie bislang interviewt.«
    »Vielleicht will sie

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