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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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in Köln und den USA seine Astronautenausbildung fort. Und Susanne wurde plötzlich schwanger. Das hatte man ja oft nach Adoptionen.
    »Man hat Juana im bolivianischen Urwald gefunden«, erzählte sie, »hungrig, unterkühlt, offensichtlich ausg e setzt. Ohne ärztliche Hilfe war sie gestorben. Die Behö r den wollten sie in ein Heim stecken. Da hab ich dann gesagt: Wir adoptieren sie. Aber das war ein Geschiss, eh wir sie mitnehmen konnten.« Sie lachte auf. »Die stellen sich an in diesen Ländern! Dene verhungeret die Dergl uff der Straß, aber unsereiner darf sie it mitnehme, man könnt sie ja verschlage und missbrauche. Dabei endet die Waisenmädle eh alle in der Prostitution.«
    Sie hatten viel Geld bezahlt.
    »Genetisch gehört Juana zu den Sirion ó s «, erklärte mir Susanne. »Ein Nomadenvolk, das etwas Landwirtschaft betreibt. Von denen soll es nur noch tausend geben.«
    »Und Ihr Mann«, führte ich die Witwe auf mein Th e ma zurück, »was hat der so über das Leben auf der A r temis erzählt, über seine Kumpels und so?«
    Susanne Veith zündete sich die dritte Zigarette an. »Was wollet Sie höre? Dass alle sich super verstanden hent? Top-Teamgeist, wie sie immer saget.«
    »War dem nicht so?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Es ist überall das Gle i che. Der eine will dies, der andere meint selles, und der Dümmste entscheidet, hat Torsten immer gesagt.« Sie lachte traurig. »Aber viel hat er ja eh it sagen können. Einer hört ja immer mit. Das ist Totalüberwachung. Au ßerdem hatten sie ständig Computerprobleme. Tor s tens Daten sind zweimal weg gewesen, die Arbeit von W o chen vernichtet. Das hat ihn schon gewurmt. Ich würd ja sagen, das war Sabotage.«

13
     
    »Ich weiß nicht, wen Sie bezwingen wollen … Die ›Wolke‹ hat nur so viel Intellekt wie ein Insekt, ja eigen t lich nicht wie ein einzelnes Insekt, sondern, sagen wir, wie ein Ameisenhaufen.« Der Unbesiegbare, Stanislaw Le m , 1964
     
    Zum Biolab gelangte man treppab ins Sub, um drei Ecken und durch einen Tunnel von endloser Siebe n schrittlänge. Ob ich mich jemals in diesem Labyrinth zurechtfinden würde? Man überblickte nie mehr als drei Meter, meist aber nur einen.
    Tamara lieferte mich an einer Druckschleusentür ab. »Und lass dir nichts andrehen von den Freaks!«
    »Wie?«
    Aber da hatte sie mir schon ihre Kehrseite zugedreht und marschierte mit strammen Arschbacken davon. Ich musste Franco unrecht geben. Bei Tamara waren es ei n deutig die Titten, nicht der Arsch!
    Das Biolab befand sich außerhalb des Regolithkegels, in dem das Habitat steckte. Es war der erste und somit älteste stationäre Bau der Mondstation. Sein rundes M o dul lag noch waagrecht, halb eingegraben im Mondstaub. Erst später hatte man angefangen, die Module senkrecht aufzustellen. Das biologische Labor wurde geleitet von einem Waran mit Brille, der einen PDA um den Hals hängen hatte und sich mir als Dr. Nguyen Van Sung aus Südkorea vorstellte. Das Lächeln schien ihm im Gesicht festgezurrt.
    »Und du bist also Dr. Ardan, der Ameisenspezialist.«
    Ausgerechnet Ameisen! Warum nicht Dackel? Da hä t te ich vielleicht noch mitreden können.
    »Schön habt ihr ’ s hier.«
    Die Wände waren auch hier mit genormten elektron i schen Versuchs- und Messkästen zugepackt. Aber es gab auch Lichtecken mit durchsichtigen Behältern, in denen Insekten, Mäuse, Fische und Frösche zuckten. Lianen von Schläuchen und Kabeln fingerten mir im Gesicht herum, zerlesene Kladden huschten von Konsolen wie fliehende Echsen, Zentrifugen surrten, ein Mikroskop und Petrischalen rangelten um den Platz, und ein Bündel getrockneter Kräuter krümelte auf die Tastatur einer Computerkonsole.
    Durch die Glasscheiben einer weiteren Sicherheit s schleuse am anderen Ende des Moduls sah man hinaus in das smaragdgrüne Paradies der Biosphäre. Ich erahnte zwischen Urwaldgrün den schwarzen Spiegel einer Wa s serfläche und erkannte die zarten grünen Finger von Hanf. Mein innerer Krampf löste sich etwas. Man hatte mir alles genommen, den Mann, das Handy, die Identität und den Tabak. Aber Hanf wuchs ja schnell.
    »Dein Giftkoffer ist schon da«, lachte Dr. Nguyen und deutete auf ein Köfferchen mit den Spanngurtschnallen aus der Mondfähre.
    »Was ist los mit den Ameisen?«, fragte ich mit mir fremder Stimme zwischen zugefallenen Ohren. Mon d schnupfen verstopfte mir immer noch die Nebenhöhlen. »Ich habe vorhin eine oben im Quartier gesehen.«
    »Ja, auf Grönland, in Island

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