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Lehmann, Christine

Lehmann, Christine

Titel: Lehmann, Christine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nachtkrater
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sagte ich.
    Van Sung und Tupac blicken sich an. Dann drehte der Waran sich plötzlich um, räumte eine Zentrifuge beiseite, öffnete eine Platte in der Wand und griff ins Loch dahi n ter. Gleichzeitig streckte Tupac den Arm und drückte einen Knopf. An der Schleusentür erschien, nicht nur innen, sondern sicher auch außen, die Leuchtschrift »No entry. Dangerous e x periments«.
    Liebevoll entfaltete der Koreaner ein Tuch mit g e trocknetem Kraut und schwärzlichen Krümeln. Das dre h te er sorgfältig in ein feines Blatt Zellstoff.
    Mein Gehirn kringelte sich in Vorfreude. »Und die Kamera?«, fragte ich.
    Tupac warf einen Blick Richtung Tür. »Läuft in einer Schleife.«
    Und schon wurde alles ganz langsam. »Und wem nützt es nun, wenn wir Angst haben?«, fragte ich mit meinem letzten Rest von Verstand.
    In Van Sungs Brillengläsern sprang verdoppelt die Flamme eines Bunsenbrenners. »Diktatoren führen Krieg, um von innenpolitischer Unfähigkeit abzule n ken.«
    »Kommandant Butcher ist nämlich unfähig«, erklärte Tupac nach schätzungsweise einer halben Stunde. »D e pressiv, jähzornig, unsicher und tablettenabhängig.«
    Die Zeit blähte sich.
    In der Viertelstunde, die ich brauchte, um von Tupac die Tüte entgegenzunehmen, ein oder zwei Züge in me i ne Lungenspitzen zu ziehen, zu husten und sie an Van Sung weiterzureichen, hatte ich den Fall gelöst und die Relat i vitätstheorie begriffen.
    Bei einer Rotation um die Erde in einer Höhe kleiner als dem halben Erdradius dauerte die Sekunde länger als auf der Erde. Ich alterte langsamer. Weiter weg von der Erde tickte die Atomuhr wiederum schneller als auf der Erde. Ein Effekt der allgemeinen Relativitätstheorie von Albert Einstein. Folglich alterte ich auch auf dem Mond einen Tick schneller als auf der Erde. Wir flogen ja nicht annähernd mit irgendeiner Geschwindigkeit, die sich mit dem Zauber der Lichtgeschwindigkeit messen lassen konnte. Wer mit Lichtgeschwindigkeit flog, alterte gar nicht. Denn die Lichtgeschwindigkeit hatte keine Zeit. Nur uns, die wir auf der Erde saßen, kam es so vor, als brauchte das Licht acht Minuten, um von der Sonne zu uns zu g e langen. Unsere Zeit verging langsamer.
    Aber fragen Sie mich morgen noch mal, und ich kann es Ihnen nicht mehr erklären.
    Auf jeden Fall war Richard noch am Leben. Er war nicht in den Hubschrauber eingestiegen. Ich hatte es nur nicht mehr gesehen, weil ich in diesem Moment einen Sack über den Kopf bekam und entführt wurde, um hier oben auf dem Mond den Mord an Torsten Veith aufz u klären. Und Torsten hatte sterben müssen, weil er a n dernfalls einen Weltkrieg ausgelöst hätte, denn Jockei kaufte über Strohmänner des Mond-Clubs Flecken für Flecken den Mond auf, so wie einst die Zionisten Palä s tina gekauft hatten. Schüssi hatte es Michel Ardan verr a ten, der die Weltraumindustrie ohnehin auf dem Kieker hatte. Ardan hatte damit gedroht, Daten zu veröffentl i chen, die Torsten Veith ihm irgendwie hatte zukommen lassen und mit denen beide hätten beweisen können, wem der Mond wirklich gehörte. Deshalb würde Lun o chod 14 mit seinen Proben von des Mondes Urgestein auch niemals aus dem Aitken-Becken zurückkehren. Torsten Veith hatte ihn lahmgelegt. Das hatte einer auf der Artemis durchschaut und ihn ermordet. Es war alles ganz klar, sonnenklar.
    »In wen hat sich Torsten hier oben eigentlich ve r liebt?«, fragte ich Jahre später.
    Die Antwort wurde von einem fürchterlichen Pfeifen vernichtet, einem schrillen Getröte und Geheule. Eigen t lich hätte jetzt David, die Stimme von Radio High Moon, forciert Fröhliches brüllen müssen, aber dann sagte Van Sung etwas erstaunt: »Alarm!«
    »Wie?«
    Tupac packte mich am Arm. »Raus hier! Ehe sie die Schotten dicht machen.«

31
     
    »Die Aufgabe bestand also darin: bei unverändertem Stickstoffgehalt 1. den verbrauchten Sauerstoff zu erse t zen; 2. die ausgeatmete Kohlensäure zu vernichten. Dies war sehr leicht möglich durch chlorsaures Kali und kaust i sches Kali.« Von der Erde zum Mond, Jules Verne, 1865
     
    »Was ist denn los?«, keuchte ich, als wir den Tunnel zur Artemis entlangrannten. Da ertönte auch schon eine Stimme. Die Worte klangen so sinnentleert zusammen g e stückelt wie auf einem Navigator. »Evacuation of m o dules one to six, all floors of upper lunar sections. Move to sublunar section immediately.« Als es dann auf Ru s sisch, Arabisch und Spanisch kam, war es auch in me i nen Verstand durchgesickert. Die oberen

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