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Lehrer-Schueler-Konferenz

Lehrer-Schueler-Konferenz

Titel: Lehrer-Schueler-Konferenz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Gordon
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Farbstifte, der Farben; der Schärfe einer Schere. Es kommen noch Tausende anderer Reize hinzu, die von jedem Schüler nahezu pausenlos empfangen und verarbeitet werden.
    Mit zunehmendem Alter lernen die Kinder und Jugendlichen, wie sie Reize, mit denen sie konfrontiert werden, einordnen können, welchen Geräuschen, Gefühlen, Anblicken und Gerüchen sie Aufmerksamkeit entgegenbringen müssen und welche sie ignorieren können. Ein bewusstes Ignorieren erfordert aber auch Energie. Konzentration besteht zum größten Teil aus der Energie, die man braucht, um eine Wahrnehmung aller ankommenden Reize zu unterdrücken und nur einen oder zwei auszuwählen. Untersuchungen haben ergeben, dass sogar hochmotivierte Erwachsene eine solche Selektion selten länger als 20Minuten hintereinander durchführen können. Die Konzentrationsdauer von Kindern ist in der Regel wesentlich kürzer.
    Stellen wir uns vor, der Energievorrat, den ein Schüler zur Unterdrückung der für ihn nicht brauchbaren Reize verwendet hat, sei erschöpft. Nun merkt er plötzlich, dass er schwitzt, dass seine Beine wehtun, weil er zu lange verkrampft gesessen hat, dass seine Mitschüler ihm viel zu sehr auf die Pelle gerückt sind oder dass die Gruppe im Mathematikzentrum zu laut ist.

    Er findet die anderen unausstehlich und schreit deshalb: » Geht weg! Lasst mich allein!« Oder: » Es ist hier viel zu heiß!« Er hat die äußerste Grenze seiner Fähigkeit erreicht, mit Unordnung und Konfusion fertigzuwerden. Sein Bedürfnis ist nun eine Befreiung von der Reizüberflutung, eine Befreiung von ungeordneter Zeiteinteilung.
    Betrachten wir nochmals unser Rechteck in Abbildung 21. Innerhalb der problemfreien Zone (Lehr-Lern-Zone) lokalisierten wir eine ungeordnete Zeiteinteilung im Gebiet (1). Die Zonen (2) und (3) stellen die beiden anderen Zeitarten dar, die Lehrer und Schüler im Klassenraum erleben: individuelle und optimale Zeiteinteilung.
    Warum individuell eingeteilte Zeit wichtig ist und wie man sie erreichen kann
    Das Feld der individuell eingeteilten Zeit (2) in Abbildung21 ist durch ein geringes Auftreten von Reizen gekennzeichnet. Wenn der Stress, ständig auf andere Personen eingehen zu müssen, oder der Energieverbrauch zur Unterdrückung zahlreicher Reize zu groß wird, spürt jeder Mensch das Bedürfnis, seiner Umwelt zu entfliehen und eine neue zu finden, die von ihm weniger Energie, Leistung und Involviertsein verlangt. Schüler und Lehrer müssen manchmal allein sein dürfen, müssen zeitweilig eine Umwelt haben, in der die auf sie einströmenden Reize beträchtlich reduziert sind und in der sie nicht mit anderen Personen wetteifern müssen.
    Wenn dieses Bedürfnis nach individuell eingeteilter Zeit frustriert wird, werden die betroffenen Personen entweder reizbar, überempfindlich, launisch und unberechenbar oder sie versuchen, sich auf » unerlaubte« Art ihre individuelle Zeiteinteilung zu verschaffen: Sie hängen während des Unterrichts Tagträumen nach, phantasieren, benehmen sich absichtlich so schlecht, dass sie aus dem Klassenzimmer geschickt werden. Pädagogen bezeichnen die letzten Schulstunden oft als die kritischste Zeit. Dann haben die meisten Kinder und auch Lehrer ihren Energievorrat aufgebraucht und können es nur noch mühsam ertragen, aufeinander oder auf die Unordnung im Klassenzimmer einzugehen.
    Es ist entscheidend, die Legitimität dieses wichtigen Bedürfnisses zu erkennen: Jeder Mensch in einer Lernumwelt muss die Möglichkeit haben, eine Zeit lang allein zu sein, zu denken, das Aufgenommene zu verarbeiten, einfach abzuschalten, neue Kräfte zu sammeln, für keinen anderen da und verantwortlich sein zu müssen als für sich selbst.
    Wie bei allen anderen menschlichen Eigenschaften ist auch das Bedürfnis nach individuell eingeteilter Zeit von Mensch zu Mensch unterschiedlich. Außerdem ändert es sich auch bei den einzelnen Menschen von Zeit zu Zeit. Wenige Minuten der Abwesenheit von der komplexen Lernumwelt im Klassenzimmer können oft Wunder tun und bewirken, dass Lehrer und Schüler die Anforderungen einer ungeordneten Zeiteinteilung wieder meistern können.
    Unsere Kursleiter beteiligen die Kursteilnehmer ganz bewusst an den Denkprozessen, mit denen versucht wird, kreative Lösungsvorschläge zur Befriedigung dieser Bedürfnisse zu finden.
    Die Möglichkeiten

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