Lehrer-Schueler-Konferenz
ihre Führungsposition erreicht hätten. Zur Rationalisierung ihres Machtgebrauchs treten altbekannte Sätze auf wie zum Beispiel:
» Vater weià das am besten.«
» Lehrer haben mehr Erfahrung.«
» Die Menge ist unwissend.«
» Schüler sind unreif.«
» Es ist nur zu ihrem Besten.«
Dwight Allen, früherer Direktor der Erziehungswissenschaftlichen Fakultät an der Massachusetts-Universität, schreibt über die » angeborene Dummheit« von Kindern:
Es ist ein Mythos, dass Kinder dumm seien, bis ein Lehrer kommt und sie klug macht. Dieser Mythos ist ebenso unsinnig wie der von der Erbsünde. Wir sehen unsere Kinder als Miniaturteufel, deren Charaktere erst einmal diszipliniert und kontrolliert werden müssen.
Wahrscheinlich gelingt allen Menschen in Macht- und Autoritätspositionen eine Rationalisierung ihres Verhaltens, weil sie ihre » Untergebenen« geringschätzen. So charakterisierte man Schwarze als rassisch zu minderwertig, um an politischen Wahlen teilzunehmen. Frauen schrieb man Irrationalität und Emotionalität zu. Die Masse des Volkes soll zu dumm sein, um bei der Regierung unseres Landes mitsprechen zu können. Dies sind nur einige Beispiele von vielen.
» Schüler müssen ihre Grenzen spüren «
Viele Erwachsene sind davon überzeugt, dass Kinder sich ohne Beschränkungen und Grenzen unsicher und unglücklich fühlen, dass sie Erwachsene wollen, die ihr Verhalten einschränken, indem sie ihnen Grenzen setzen.
Es liegt ein Kern Wahrheit in dieser Ãberzeugung. Kinder müssen tatsächlich wissen, wie weit sie gehen können, bevor ihr Verhalten unannehmbar wird. Nur dann können sie beschlieÃen, auf dieses Verhalten zu verzichten. Unklare Grenzen erzeugen in ihnen ein Gefühl der Angst und Unsicherheit.
Es ist jedoch eine Sache, wenn ein Schüler die Grenzen der Annahme seitens seines Lehrers wissen will, und eine vollkommen andere Sache, wenn man behauptet, das Kind fordere und brauche es von seinem Lehrer, dass er diese Grenzen einseitig, willkürlich, ohne des Schülers Anregung und Teilnahme setze.
Anstelle der voreiligen Behauptung, dass Kinder Beschränkungen für ihr Verhalten wollen, beschreiben wir nachfolgend ein wesentlich vernünftigeres Prinzip: Schüler wollen und brauchen von ihren Lehrkräften die Information, die ihnen die Empfindungen der Lehrer in Bezug auf ihr Verhalten verdeutlicht, damit sie aus eigener Kraft ein für den Pädagogen eventuell unannehmbares Verhalten modifizieren können. Schüler wollen jedoch nicht, dass der Lehrer versucht, ihrem Verhalten Beschränkungen aufzuerlegen oder es zu ändern, indem er Macht gebraucht oder deren Gebrauch androht.
Kurz gesagt, Kinder wollen ihr Verhalten selbst beschränken, wenn ihnen klar wird, dass ihr Verhalten beschränkt oder modifiziert werden muss. Ebenso wie Erwachsene ziehen Schüler es vor, ihr Verhalten selbst zu kontrollieren.
Der Mythos von der Verantwortung, » Kulturgüter zu vermitteln «
Eine andere Rechtfertigung für den Gebrauch von Macht gründet auf der allgemeinen Ansicht, Lehrer (und andere Erwachsene) hätten die moralische Verpflichtung, den Schülern Werte und Normen der Gesellschaft beizubringen (oder sogar aufzuzwingen).
Eines der verwirrendsten Dilemmas für Pädagogen resultiert aus der ihnen von der Gesellschaft zugewiesenen Rolle, » Kulturträger« zu sein. In einem Zeitalter ständiger Veränderungen und unklarer Richtlinien ist diese Rolle sehr problematisch, da niemand wirklich weiÃ, was » Kultur« eigentlich ist.
Nach Meinung der meisten Anthropologen existiert zum Beispiel gar keine amerikanische Kultur, sondern nur eine groÃe Anzahl sich ständig verändernder Subkulturen. Dies macht die Vermittlung » allgemein anerkannter Werte« so besonders schwierig.
Zusätzlich tauchen sofort folgende Fragen auf: Wer ist » die Gesellschaft«? Was sind erwünschte Verhaltensweisen? Wer schreibt sie vor? Was passiert, wenn die Gesellschaft unrecht hat?
Ungeachtet dieser Einwände gilt, dass der Gebrauch von Macht zur Durchsetzung allgemein anerkannter Verhaltensweisen wieder dieselben Verarbeitungsmechanismen auf den Plan ruft wie in allen anderen Fällen von Machtanwendung. Diese Regel hat universale Gültigkeit: Macht hat keinen wirklichen Einfluss auf menschliches Verhalten. Dem Zwang eines
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