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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Zeit zu sterben
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verheiratet. Ich bin eben nie dem Richtigen begegnet», sagte ich leichthin. Das war gelogen, ich war vielen begegnet, die mir gefallen hätten. Einem noch im Gymnasium, dem Zweiten beim Studium, dem Dritten in meiner ersten Arbeitsstelle. Leider hatte mich keiner für die Richtige gehalten, vermutlich hatten sie mich gar nicht als Frau wahrgenommen.
    Ich wiederum legte keinen Wert auf die Nachbarjungen, die immer noch im heimatlichen Dorf hockten, oder auf die Kunden im Sozialamt, die mich zum Kaffee oder zum Tanzen einluden, nachdem sie die Sozialhilfe quittiert hatten. Auf Tarmos dritter Hochzeit hatte mir ein Freund meines jüngeren Bruders, der zum zweiten Mal auf Brautschau war, schöne Augen gemacht, aber ich war davongelaufen.
    Über Tiinas Gesicht glitt ein belustigtes Lächeln. Mach mir doch nichts vor, schien sie zu denken, eine, die so aussieht, will keiner haben. Plötzlich versetzte mich ihre selbstsichere Schönheit in Wut. Sie musste allmählich lernen, dass ein attraktives Äußeres sie nicht vor allem schützte. Im nächsten Moment be-reute ich meinen Gedanken: Es war nicht Tiina, die etwas zu lernen hatte, sondern der Mann, der sie schlug.
    «Ist Pasi in einem gewalttätigen Elternhaus aufgewachsen?»
    Ich hielt Tiina das Tor zum Schutzhafen auf und schloss hinter mir ab. Einige unserer Klientinnen empfanden die Schlösser und Videokameras als bedrückend, aber sie boten Schutz gegen drohende und neugierige Ehemänner.
    «Na ja, sein Vater … Mein Schwiegervater ist Unternehmer, da hat er eben manchmal schwere Zeiten. Dann trinkt er zwei Flaschen Schnaps, und meine Schwiegermutter hat die Folgen zu tragen.»
    «Es ist gut, wenn ihr die Spirale durchbrecht, bevor ihr Kinder bekommt», sagte ich, wie ich es gelernt hatte, und schloss die Haustür auf. Ich ließ Tiina mit ihren Einkäufen allein und erkundigte mich, ob Anrufe für mich gekommen waren. Nichts. Was für eine Miene hätte Tiina wohl aufgesetzt, wenn ich ihr erzählt hätte, dass das einzige Wesen, das mir wirklich am Herzen lag und das mich brauchte, ein einäugiger Kater war? Wahrscheinlich wäre es ihr schwer gefallen, ihre mitleidige Belustigung zu verbergen, ihre Zufriedenheit, trotz allem besser dran zu sein als ich.
    Falsche Einstellung, hätte Pauli bestimmt gesagt. Es war nicht unsere Aufgabe, uns in den Klientinnen zu spiegeln oder uns gar mit ihnen zu identifizieren. Als Therapeutinnen sollten wir neutrale Resonanzböden für die Gefühle und Bedürfnisse der Klientinnen sein und unsere eigenen Empfindungen ausschal-ten.
    Ich rief meinen Anrufbeantworter an, aber es hatte immer noch niemand eine Nachricht hinterlassen. Die Lokalzeitungen erschienen erst am Samstag. Ob ich es mit einer Anzeige in der überregionalen Tageszeitung versuchen sollte? Ich schrak auf, als Maisa ins Zimmer kam.
    «Die Polizei hat angerufen», sagte sie. Ein eisiger, erdrückender Schreck befiel mich.
    «Ist er tot?»
    «Wer? Wieso?»
    «Sulo!»
    «Wer ist Sulo? Der Mann einer Klientin?»
    «Nein … Schon gut, vergiss es.»
    «Pasi Leiwo hat seine Frau als vermisst gemeldet. Seine Geschichte klang so verworren, dass Kriminalhauptmeister Koivu es für besser hielt, ein bisschen nachzuforschen. Für einen Mann scheint er ganz vernünftig zu sein. Er ist gern bereit, eine Anzeige wegen Körperverletzung aufzunehmen.»
    «Ich glaube, das wird Tiina nicht mitmachen. Sie ist sehr besorgt um ihren guten Ruf beim Arbeitgeber.»
    «Aha, einer dieser Fälle», seufzte Maisa. Mit unseren insgesamt zehn Jahren Frauenhauserfahrung konnten wir die Frauen, die weiter mit einem gewalttätigen Mann lebten, in ein paar Grundtypen einteilen. Solche wie Tiina, die sich davor fürchte-ten, von anderen Menschen verachtet und für erfolglos gehalten zu werden, waren eher selten. Mütter, die glaubten, sich von ihren eigenen Kindern alles gefallen lassen zu müssen, waren besonders schwierige Fälle, vor allem, weil die erwachsenen Söhne ihre Brutalität oft damit entschuldigten, dass sie eine schlechte Mutter hatten. Auch Anja Jokinens Sohn betätigte sich als Amateurpsychologe und schaffte es, seiner Mutter Schuldgefühle einzureden: Du hast mich zum alkoholsüchtigen Schlä-
    ger erzogen, also gib mir gefälligst Geld, oder ich schlage zu.
    Frauen wie Sirpa Väätäinen wagten aus begründeter Angst um ihr Leben und um ihre Kinder nicht, sich von ihrem Mann zu trennen. Oft genug waren sie zu gelähmt, um eigene Entscheidungen zu treffen. Zu dieser Kategorie gehörten die

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