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Lehtolainen, Leena

Titel: Lehtolainen, Leena Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Weiss wie die Unschuld
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vorgedrängt hatte und ganz offensichtlich eine Rede halten wollte. Pertsa, der ohnehin kein Menschen-freund war, verabscheute den Polizeipräsidenten noch mehr als ich.
    »Wie klug von den Jungs, sich abzusetzen«, seufzte Pertsa.
    In gut einem Jahr würde der Chef in Pension gehen, über seine Nachfolge wurde bereits heftig debattiert. Taskinen war einer derjenigen, die als nächster Polizeipräsident im Gespräch waren, er hatte allerdings kein Parteibuch, was seine Chancen verrin-gerte.
    »Der Polizeidienst ist ein Beruf mit ungewöhnlich hohem Risiko«, erklärte der Chef, als verrate er ein großes Geheimnis.
    »Mitunter fordert dieser Beruf sogar das Leben. Die Situation, in die Juhani Palo geraten ist, war schwierig, niemand vermag zu sagen, ob man sie anders hätte lösen können. Ein jeder von uns weiß, welch großes Opfer Hauptmeister Palo gebracht hat, und …«
    Klischees, Klischees, Klischees, signalisierte ich Pertsa, der ebenfalls angewidert das Gesicht verzog. Zum Glück fasste sich der Chef wenigstens kurz. Nach ihm sprach einer der Herren von der Provinzialpolizei, der im Wesentlichen dasselbe sagte, sich nur etwas geschliffener ausdrückte. Ich fragte mich, was die Angehörigen empfanden, denen gewissermaßen die Trauer gestohlen wurde. Palo erschien hier nicht als Ehemann, Vater oder Freund, er war nur ein Name auf der Liste der im Dienst ums Leben gekommenen Polizisten. Taskinen war immer noch nicht an der Reihe, jetzt stand ein junger Mann auf, stellte sich als Palos Sohn vor, dankte uns mit vor Aufregung zitternder Stimme und lud uns zum kalten Büfett ein. Die hohen Herren zogen sich in Richtung Garderobe zurück, der offizielle Teil war offenbar erledigt. Palos jüngste Tochter zog ihre Mutter zum Büfett und erklärte mit heller Stimme, sie wolle Saft und Kuchen.
    Da fiel mir ein, dass sich die Gynäkologin, die Elina gestern untersuchen sollte, noch nicht gemeldet hatte.
    »Hast du dein Handy dabei?«, fragte ich Pertsa. Ich hatte mein eigenes im Büro gelassen, aus Angst, es würde mitten im Gottesdienst piepsen, weil ich vergessen hatte, es auszuschalten.
    Pertsa reichte mir sein Mobiltelefon, erstaunlicherweise ohne Fragen zu stellen, und ich ging ins Foyer. Ich hatte Pech, die Ärztin war nicht zu erreichen. Nach kurzem Nachdenken hinterließ ich eine Bitte um Rückruf und gab neben Pertsas Handynummer auch meinen Dienstanschluss an. Ich würde ohnehin im Büro vorbeischauen, bevor ich in die Klinik fuhr.
    Die Angehörigen hatten sich mittlerweile am Büfett versorgt, nun waren die anderen Gäste an der Reihe. Pihko und Puupponen drängten zu den bunten Platten, während ich kein bisschen Hunger hatte. Als ich am Tisch von Palos Familie vorbeiging, hielt mich seine Witwe an. Ich suchte nach passenden Worten, doch sie kam mir zuvor.
    »Sie sind also die andere Polizistin, hinter der Halttunen her war?«
    Ich nickte und zwang mich, ihrem traurigen, anklagenden Blick standzuhalten.
    »Hoffentlich haben Sie auch künftig so viel Glück.« Ihre Stimme war ausdruckslos, aber laut. Eine etwa fünfzigjährige Frau, offenbar Palos erste, stand auf und kam auf uns zu.
    »Schon gut, Eila, ich mache keine Szene«, sagte Palos dritte Frau zu ihr. »Aber heucheln will ich auch nicht. Natürlich wäre es mir lieber gewesen, dieser Halttunen hätte sie erwischt.«
    Darauf wusste ich nichts zu sagen, sie erwartete wohl auch keine Antwort. Ich nickte nur, lächelte gezwungen, schluckte die Tränen herunter und ging weiter. Zum Glück tauchte Taskinen neben mir auf und fragte, ob sein Schlips gerade saß, denn nun war es Zeit für seine Rede. Ich strich die tadellos sitzende Krawatte glatt, ein Vorwand für die flüchtige Berührung, die wir beide in diesem Moment brauchten. Dann schlüpfte ich zu Pertsa und gab ihm sein Handy zurück.
    »Ich bin der unmittelbare Vorgesetzte von Juhani Palo, Kriminalrat Taskinen vom Dezernat für Gewaltdelikte und Gewohnheitskriminalität. Bisher haben wir uns in unserer Abteilung immer getraut, zur Arbeit zu kommen, selbst wenn wir uns nicht ganz wohl fühlten. Ob es sich um eine beginnende Grippe, um selbst verschuldeten Kopfschmerz oder um verhärtete Schultern nach dem Schießtraining handelte, es gab einen, der garantiert das richtige Medikament hatte.«
    Taskinens Einleitung unterschied sich so radikal von den bisherigen Reden, dass die speisende Trauergesellschaft still wurde. »Natürlich haben wir oft über Palos Privatapotheke gelacht. Aber erst gestern hätte

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