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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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Klopsen verarbeitet worden …
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Was können wir wissen?
    Also, ich finde das alles ziemlich verwirrend: Ich sitze hier auf einem Sofa, das auf mich »rot« und auf Charly wohl »gelb« wirkt und von dem ich nicht weiß, welche Eigenschaften es »an sich« hat. Wir wissen auch nicht, wie andere Tiere die Welt wirklich wahrnehmen. Ja, wir wissen nicht einmal, wie es ist, ein anderer Mensch zu sein. Da fragt man sich doch: Was können wir denn überhaupt wissen?
    Nun ja, wenn man bedenkt, dass wir Menschen die Höhlen erst vor einigen Tausend Jahren verlassen haben, dann ist es doch ziemlich beeindruckend, was wir in der Zwischenzeit herausgefunden haben, oder? Wir wissen heute zweifellos mehr als die Menschen früherer Generationen.
    Okay, aber ist dieses Wissen denn wirklich sicher?
    Was meinst du damit?
    Wir hatten doch festgestellt, dass wir gar nicht wissen können, wie die »Welt an sich« ist. Wenn das aber so ist: Woher wollen wir dann wissen, ob irgendeine Aussage über die Welt wahr oder falsch ist?
    » An sich « können wir das nicht wissen, » für uns « aber sehr wohl! Zwar wird es den Mond auch losgelöst von unserer Wahrnehmung geben (und dieser »Mond an sich« wird Ebbe und Flut auslösen), aber wir können halt nur über den »von uns wahrgenommenen Mond« reden. In diesem Zusammenhang fällt mir der berühmte Satz des österreichischen Philosophen Ludwig Wittgenstein ein: »Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen.«
    Oha! Und was soll das bedeuten?
    Wir sollten uns nicht anmaßen, Aussagen über Dinge zu machen, über die wir vernünftigerweise gar nicht sprechen können! Wer behauptet, einen privilegierten Zugang zur »Welt an sich« zu besitzen, und von irgendeiner »höheren Wahrheit« berichtet, die »jenseits« unserer menschlichen Erfahrung liegt, dem sollten wir mit einer gehörigen Portion Misstrauen begegnen. Sehr wahrscheinlich handelt es sich nämlich um einen Scharlatan, der uns für dumm verkaufen möchte, oder um einen Menschen, der tragischerweise in seinen eigenen Wahnvorstellungen gefangen ist.
    Weshalb bist du dir da so sicher?
    Weil uns der Zugang zur Welt, wie sie »an sich« sein mag, prinzipiell verschlossen ist. Jenseits der menschlichen Wahrnehmung gibt es nun einmal keine menschliche Wahrnehmung! Und das gilt selbstverständlich auch für all die »Propheten«, die in der Menschheitsgeschichte aufgetreten sind! Auch sie besaßen nur eine menschlich beschränkte Perspektive, wussten also über die »Welt an sich« ebenso wenig wie du und ich.
    Verstehe! Du schlägst also vor, dass wir diese jenseitige »Welt an sich« vergessen und uns stattdessen auf die »von uns Menschen wahrnehmbare Welt« konzentrieren sollten?
    Ja, zumal das für uns mit großen Vorteilen verbunden ist: Denn wenn wir unseren Erkenntnisanspruch auf die »Welt des Menschen« beschränken, fällt es uns viel leichter, zwischen wahren und falschen Aussagen zu unterscheiden.
    Warum?
    Weil diesseitige, menschliche Aussagen auch mit diesseitigen, menschlichen Methoden überprüft werden können! Mit dem »Jenseits« hingegen lässt sich jede Lüge im Diesseits rechtfertigen. Das wusste schon Friedrich Nietzsche.
    Okay. Konzentrieren wir uns also auf die »Welt des Menschen«. Wie sehen denn die Methoden aus, mit deren Hilfe wir unterscheiden können, ob eine Aussage wahr oder falsch ist?
    Erinnerst du dich? Ich hatte eben einigermaßen keck behauptet, dass ich in meiner Jugend im Unterschied zu anderen niemals den »großen Macker« gespielt habe. Du hattest mir das aus nachvollziehbaren Gründen nicht abgekauft. Und: Du hast eine Methode angegeben, mit der du den Wahrheitsgehalt meiner Aussage überprüfen könntest.
    Ich hatte gesagt, dass ich, bevor ich dir das glaube, erst mal bei Oma nachfragen müsste …
    Richtig. Auf diese Weise könntest du empirisch überprüfen, ob meine Aussage wahr oder falsch ist.
    Halt mal. Was bedeutet denn der Begriff »empirisch«?
    »Empirisch« bzw. »Empirie« stammt vom griechischen Wort »empireia«, das »Erfahrung« oder »Erfahrungswissen« meint. Und du wolltest ja in Erfahrung bringen, welche Erfahrungen Oma mit ihrem pubertären Sohn gemacht hat. Das ist durchaus eine empirische Methode – und nicht einmal die schlechteste.
    Besser wäre es aber noch, wenn ich neben Oma deine ehemaligen Schulkameraden, Freunde und vor allem deine früheren Freundinnen interviewen würde. Oma hat ja bestimmt nicht alles mitbekommen, was du so

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