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Leibniz war kein Butterkeks

Titel: Leibniz war kein Butterkeks Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Lea; Schmidt-Salomon Salomon
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Trennung von Leib und Seele, Körper und Geist, auf der unter anderem die christliche Vorstellung des »Lebens nach dem Tode« basiert. Im Unterschied zu René Descartes (1596–1650) oder Immanuel Kant (1724–1804) ging Spinoza davon aus, dass das Psychische (unsere Gedanken, Gefühle und Bedürfnisse) und das Physische (die Vorgänge im Körper) Erscheinungsformen ein und desselben natürlichen Prozesses sind, weshalb man seine Philosophie als »monistisch« (Einheitslehre) bezeichnet – im Gegensatz zur klassischen, »dualistischen« (auf zwei Prinzipien, nämlich der Trennung von Geist und Materie gründenden) Philosophie des Abendlandes.
    Im Zuge der Erforschung des Gehirns mehrten sich im letzten Drittel des 20. Jahrhunderts Belege, die für Spinozas monistische Position sprechen. Deshalb ist es nicht verwunderlich, dass Antonio Damasio (*1944), einer der führenden Neurowissenschaftler unserer Zeit, die Auseinandersetzung mit Spinoza ins Zentrum eines seiner Bücher rückte (»Der Spinoza-Effekt«).
    Albert Einstein, der Spinoza bewunderte wie kaum einen anderen Philosophen, meinte einmal, dass sich der Spinozismus nur deshalb nicht durchgesetzt habe, weil er den Menschen »nicht nur Konsequenz des Denkens, sondern auch eine ungewöhnliche Lauterkeit, Seelenstärke und – Bescheidenheit« abverlange. Es mag im ersten Moment arrogant klingen, dass Einstein davon ausging, dass er selbst über diese »ungewöhnliche Lauterkeit, Seelenstärke und – Bescheidenheit« verfügte. Doch Einstein bildete sich ganz gewiss nichts darauf ein, Spinoza verstehen zu können, denn er wusste nur zu genau, dass nur derjenige Spinoza verstehen kann, der sich nichts darauf einbildet, ihn verstanden zu haben. Wie auch könnte man stolz auf die Erkenntnis sein, dass Stolz die »größte Unkenntnis seiner selbst« ist?
    Und so sah es Einstein auch als eine »Ironie des Schicksals« an, dass ausgerechnet ihm so viel »Bewunderung und Verehrung« entgegengebracht wurde. Mit steigender Berühmtheit, klagte er augenzwinkernd, werde er selbst »immer dümmer«, was allerdings eine »ganz gewöhnliche Erscheinung« sei: »Das Missverhältnis zwischen dem, was man ist, und dem, was die anderen von einem glauben oder wenigstens sagen, ist gar zu groß. Man muss es mit Humor tragen.« Treffender hätte es Spinoza auch nicht formulieren können.
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Wie sehr können wir uns verändern?
    Ich habe in den letzten Tage mal nach Begriffen wie »freier Wille«, »Schuld« oder »Verantwortung« gegoogelt, und ich hab auch in ein paar Bücher reingeschaut, die solche Themen behandeln. Dabei ist mir klarer geworden, was mich an deinen Ausführungen gestört hat: Wenn wir, wie du sagst, wirklich nur das tun können, was wir unter den gegebenen Bedingungen tun müssen, dann muss doch niemand von uns mehr Verantwortung für das tragen, was er tut! Und wenn wir uns nicht mehr schuldig dafür fühlen müssen, was wir getan haben, so gibt es doch auch gar keinen Grund mehr dafür, unser Verhalten zu verändern, oder? Ohnehin frage ich mich, inwieweit wir uns überhaupt verändern können, wenn doch alles von Ursachen bestimmt ist …
    Oha, das sind aber viele Fragen auf einmal! Lass uns mit der Frage nach Schuld und Verantwortung beginnen, okay? Hier sollten wir, wie ich meine, zwischen dem objektiven Begriff der Verantwortung und dem subjektiven Verständnis der Schuld unterscheiden.
    Darunter kann ich mir im Moment überhaupt nichts vorstellen!
    Ich versuche es mal mit einem Beispiel: Wenn du volltrunken Auto fährst, ist das objektiv unverantwortlich, denn du gefährdest die berechtigten Interessen anderer. Wirst du dabei von der Polizei erwischt oder verursachst du gar einen Unfall, so wirst du zur Rechenschaft gezogen, du musst die Verantwortung für dein objektives Fehlverhalten übernehmen – und das ist auch gut so!
    Okay. Aber inwiefern unterscheidet sich dieses »Verantwortung-Übernehmen« vom »Schuldigsein«?
    Nun, beim Schuldbegriff kommt zur Feststellung des objektiven Fehlverhaltens noch eine subjektive Unterstellung hinzu, nämlich die Annahme, dass du in dem Moment, in dem du den Alkohol zu dir nahmst, dich auch dagegen hättest entscheiden können. Das aber ist, wie wir gesehen haben, nicht möglich! Schließlich beruhte deine Entscheidung auf einem spezifischen Hirnzustand – und zum gleichen Zeitpunkt konntest du nun einmal keinen zweiten, alternativen Hirnzustand haben. Folglich sollten wir den Begriff der

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