Leiche in Sicht
Tisch.
«Ich will nichts verschütten», sagte er und lächelte schmierig. Mr. Pringle
hoffte, daß, wenn ihm schon der Abend verdorben war, wenigstens Elizabeth und
Matthew ihren Spaß hatten.
«Übrigens», sagte Mrs. Gill
übergangslos, das Gesicht zu einer kindischen Verschwörermiene verzogen,
«übrigens hatten wir darauf gehofft, daß wir heute abend mit Ihnen am Tisch
sitzen würden, als wir gesehen haben, wer bei Ihnen an Bord ist. Die Clarkes
sind darauf gekommen, genauer gesagt, Jack Clarke — er sitzt da drüben», sie
deutete auf einen untersetzten Mann, ein paar Tische entfernt, «er ist Shirley
Hansons Schwager. Er hat gleich gewußt, wer sie war, weil er ihren Vater
kannte.» Sie sah Mr. Pringle erwartungsvoll an. Es schien, als rechne sie
tatsächlich damit, daß er mit ihrem vagen Gerede etwas anfangen könne. Er
schwieg, es war ihm egal, was sie von ihm dachte.
«Clarke und ich arbeiten bei derselben
Firma», schaltete Mr. Gill sich ins Gespräch ein, «das heißt, jetzt nicht mehr,
er ist ja entlassen worden...»
«Er hatte natürlich nur eine sehr
untergeordnete Stellung», sagte Mrs. Gill in vertraulichem Ton. «Was sagst du,
war er doch gleich? Lagerverwalter, oder?»
«Mechaniker.»
«Mein Männe ist natürlich im
Management. Die Clarkes haben übrigens die Reise hierher von der
Abfindungssumme bezahlt, die er bei seiner Entlassung erhalten hat. Sehr
töricht von ihnen, finde ich.»
Sollte er vorgeben, daß er aufs Klo
müsse, überlegte Mr. Pringle, und sich statt dessen in die Küche flüchten und
dort weiteressen?
«Freezer International», sagte Mr. Gill
und ließ endlich die Katze aus dem Sack. «Und das Mädchen auf dem Boot ist
Leonard Hursts Tochter, stimmt’s, oder hab ich recht?»
«Also, das finde ich wirklich verdammt
ärgerlich», rief Matthew aus. Er stand neben Mr. Pringle an der Reling der Capricorn, zwei dunkle Schatten vor einem bleifarbenen Meer. Von unten drangen leise
Geräusche herauf, Elizabeth war beim Aufräumen.
Mr. Pringle nickte. «Ja. Das war der
schrecklichste Abend meines Lebens», sagte er mit Nachdruck.
«Ich meine nicht den Abend, ich meine,
daß ausgerechnet Angestellte von Freezer International an dieser Reise hier
teilnehmen müssen. Ich wollte doch, daß Liz endlich einmal alles hinter sich
lassen sollte.»
«Nun, so überraschend ist das doch nun
auch wieder nicht», sagte Mr. Pringle, ein wenig irritiert von Matthews
Reaktion. «Du hast mir doch selbst gesagt, was für ein Riesenunternehmen unser
Reiseveranstalter ist. Und schließlich sind es nur zwei Angestellte,
genaugenommen einer, Clarke ist ja inzwischen entlassen worden.»
«Ich hoffe nur, daß das bei ihm nicht
zu irgendeinem Groll geführt hat, den er dann an Liz ausläßt», sagte Matthew.
«Ich möchte nicht, daß sie auf dieser Reise durch irgend etwas aufgeregt wird.»
Mr. Pringle dachte, daß die Anwesenheit
der beiden Fairchild-Schwestern wohl wesentlich mehr dazu beitragen würde, Liz
aufzuregen als das Auftauchen eines Angestellten von Freezer International,
doch sprach er diesen Gedanken nicht aus, um Matthew, der ohnehin gereizt war,
nicht noch mehr zu ärgern. Statt dessen sagte er: «Eines möchte ich jedenfalls
klarstellen, Matthew. Ich bin nicht bereit, mich mit den Gills noch einmal an
denselben Tisch zu setzen. Was immer wir auch unternehmen, ich lege unbedingten
Wert darauf, nichts mehr mit ihnen zu tun zu haben.»
«Aber natürlich, das ist kein Problem,
Onkel», Matthew klang überrascht. «Im Gegenteil, es erleichtert uns die Wahl
unseres Partners, wenn wir ohne die Flottille in See stechen.»
«Wieso?» Mr. Pringle sah ihn verblüfft
von der Seite an.
«Nach den ersten paar Tagen segeln wir
alle in verschiedene Richtungen, um die Inselwelt zu erkunden. Die einzige
Vorschrift, an die wir uns halten müssen, ist, daß immer zwei Boote
zusammenbleiben. Das war übrigens auch einer der Gründe, warum ich den
Fairchilds vorgeschlagen habe mitzukommen.»
«Aber...» Mr. Pringle suchte nach
Worten, um Matthew möglichst taktvoll daraufhinzuweisen, daß ein solches
Arrangement möglicherweise Elizabeths Gefühle verletzen könnte.
«Na, aber sieh doch», sagte Matthew,
den Einwand seines Onkels mißverstehend, «die Fairchilds als Partner zu nehmen
ist die einzige akzeptable Möglichkeit. Ansonsten blieben doch nur noch dieser
fette junge Mann, der dich am Flughafen angequatscht hat, zusammen mit dieser
Alkoholikerin —» er zuckte die Schultern und deutete auf
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