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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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nicht
imstande, heute morgen aufzustehen. Mr. Pringle nickte, obwohl er sich selbst
nicht gerade frisch fühlte. Auch Matthew sah müde aus.
    «Wenn du denkst, daß wir das schaffen.»
    «Ich habe mit Patrick gesprochen. Wir
werden die meiste Zeit achterlichen Wind haben. Mr. Pringle hatte diese
beruhigende Zusicherung schon zu oft gehört, um ihr noch Glauben zu schenken,
aber er wußte auch nicht, was er sonst hätte vorschlagen können. Matthew
brachte Liz eine Tasse heißen Tee hinunter, dann kam er an Deck und rief Mr.
Pringle zu, den Anker zu lichten. Sie folgten den anderen Booten die enge
Fahrrinne des Kanals hinunter, dann, sobald sie die offene See erreicht hatten,
begann die Flottille sich zu verteilen. Die Zodiac , die eine größere
Segelfläche besaß, segelte mit Kurs auf Anti-Paxos, um den Wind voll
auszunutzen, doch den übrigen Booten hatte Patrick geraten, möglichst dicht
zusammenzubleiben.
    Der Wind frischte bald auf, wie sie es
von den Vortagen schon kannten. Matthew kam, vorsichtig balancierend, aus der
Vorpiek zurück, um auszurichten, daß Liz auf ihr Mittagessen verzichte. Mr.
Pringle erstaunte das nicht weiter, die Bewegungen der Yacht luden nicht gerade
zum Essen ein.
    «In Parga soll es viele Möglichkeiten
für Wassersport geben», sagte Matthew. «Man kann schnorcheln, windsurfen und,
wenn man will, sogar das ‹Paracending› ausprobieren.»
    «Was ist denn das?»
    «Ach, das schaust du dir besser selber
an. Es kostet nur ein paar Pfund und soll sich wirklich lohnen. Wenn wir
einigermaßen rechtzeitig ankommen, findet heute abend auch noch das Barbecue
statt.» Mr. Pringle schluckte. Er hielt es für das beste, solange sie sich noch
auf dem Wasser befanden, jeden Gedanken daran zu unterdrücken.
    Sich neben ihn hockend, erzählte
Matthew ihm, was er bei der Unterweisung heute morgen über ihr Tagesziel
erfahren hatte. Parga war ein großer, an einer weiten Bucht gelegener
Festlandhafen mit einem kleinen, sehr geschützt liegenden Yachthafen etwas
abseits. Die Stadt befand sich auf der entgegengesetzten Seite der Bucht, aber
es gab genügend Kai’ks, die sie übersetzen würden. «Es soll ein ausgesprochen
friedlicher Ankergrund sein.» Sie mußten ihn nur erst finden, dachte Mr.
Pringle.
    «Welchen Kurs steuerst du?»
    «Drei-vier-fünf.»
    «Versuch es mal eine Weile mit
drei-fünf-fünf», sagte Matthew. Mr. Pringles Ansicht nach standen die Chancen,
Parga zu erreichen, fünfzig zu fünfzig. Höchstens.
    «Was ist denn das hier?» Matthew stand
im Luk. Mr. Pringles Geschenkpäckchen in der erhobenen Hand.
    «Ein Kleid für Elizabeth. Ich habe es
in Levkas gekauft.»
    «Was für eine tolle Idee — warum bin
ich da nicht selbst draufgekommen? Sie wird sich bestimmt freuen. Welche Farbe
hat es?» Der Gedanke an Champignons war Mr. Pringle im Augenblick so
unerträglich, als handele es sich um Knollenblätterpilze.
    «Bräunlich. Aber kannst du mal bitte
einen Moment übernehmen? Ich muß zur Pütz.» Unter Deck war jeder Schritt
gefährlich. An den Haltegriffen entlang tastete er sich vorwärts. Die
Seitenfenster rechts von ihm lagen unterhalb des Wasserspiegels, durch die
Fenster auf der anderen Seite erblickte er zerklüftete Felsen. Er schickte ein
Stoßgebet zum Himmel, daß Matthew ihnen nicht zu nahe kommen möge. Plötzlich
hörte er einen Ausruf. Er eilte zurück zur Plicht.
    «Wir sind gleich da — sieh nur!» So
sehr er sich auch anstrengte, die ihm vorher von Matthew beschriebene Bucht
vermochte Mr. Pringle beim besten Willen nicht auszumachen. Doch es beruhigte
ihn zu sehen, daß vor ihnen zwei andere Boote der Flottille in dieselbe
Richtung segelten.
    Sie erreichten ohne weitere
Zwischenfälle ihren Ankerplatz, und er erlebte dasselbe wie in Yarmouth. Damals
wie jetzt waren das Brausen des Windes und die gischterfüllte Luft von einem
Moment zum anderen abgelöst worden durch friedliche Stille. Wie damals atmete
er auch jetzt erleichtert auf. Das Land legte sich wie ein Arm um die Bucht. Er
konnte zwei schmale Stege erkennen, der eine verschwand in einem Wäldchen, der
zweite führte zum Strand hinunter. In einiger Entfernung lagen ein Restaurant
und eine Anzahl strohgedeckter Hütten. Überreste eines seither aufgegebenen
Feriendorfes. Ein Stück dahinter lag die Stadt Parga. Er griff zum Fernglas, um
einen ersten Blick darauf zu werfen. Parga entsprach in seiner Architektur den
übrigen griechischen Festlandstädten, es besaß Stil und eine

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