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Leiche in Sicht

Leiche in Sicht

Titel: Leiche in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Livingston
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großzügige
Eleganz.
    «Hast du Lust, schwimmen zu gehen?»
fragte Matthew.
    «Das ist eine gute Idee.» Aber Matthew
bedauerte, sich ihm nicht anschließen zu können.
    «Ich habe leider keine Zeit. Erst
einmal will ich zusehen, daß Liz etwas zu essen bekommt, und dann habe ich
versprochen, Holz zu sammeln für das Barbecue. Es soll übrigens dort oben
steigen, glaube ich.»
    «Ach ja, richtig, das Barbecue...» Mr.
Pringle merkte selbst, daß es nicht gerade enthusiastisch klang. «Also gut,
wenn du meinst, daß es hier für mich nichts mehr zu tun gibt...»
    Der Strand war von Feriengästen
bevölkert, und er beschloß, etwas weiter hinten bei den Felsen ins Wasser zu
gehen. Aus einem der Schränke in der Plicht holte er sich Maske und Schnorchel
und legte sie sich gleich an. Die Gummiflossen unter den Arm geklemmt, tappte
er eilig auf Zehenspitzen über den heißen Beton des Kais und wäre beinahe über
eine junge Frau gestolpert, die sich zum Sonnenbaden ausgestreckt hatte. Sie
trug nichts außer einer Holzperlenkette. Das Sichtfenster von Mr. Pringles
Maske beschlug. Er mußte zusehen, daß er schnell ins Wasser kam.
    Es war viel kälter als in Sivota. Als
er die Felsen hinter sich hatte, ließ er sich, das Gesicht im Wasser, treiben
und betrachtete die Unterwasserwelt. Dicht unter der Oberfläche gab es hier
ebenfalls Felsengrate und Klippen, die über und über mit Seeigeln bedeckt
waren. Dazwischen flitzten Schwärme kleiner, grauer Fische. Er folgte ihnen,
die Flossen machten das Schwimmen völlig anstrengungslos.
    Ein leichtes Brennen zwischen den
Schulterblättern ließ es ihm ratsam erscheinen, sich doch lieber auf den Rücken
zu drehen. Er wollte sich keinen Sonnenbrand holen. Du liebe Güte! Erschreckt
stellte er fest, daß er viel weiter draußen war, als er angenommen hatte. Auf
den felsigen Teil der Küste zuzuhalten, dorthin, von wo er gekommen war,
erschien ihm zu gefährlich. Eine andere Möglichkeit war, die Mole zu
umschwimmen und vom Hafen aus an Land zu gehen. Es war der sicherste Weg — aber
auch ein ganzes Stück weiter. Und er hatte seit dem Frühstück nichts mehr
gegessen!
    Als er endlich den Hafen erreicht
hatte, war er völlig erschöpft. Langsam schwamm er von einer Ankerkette zur nächsten,
jedesmal eine Pause einlegend, bis er endlich vor sich eine Steintreppe aus dem
Wasser emporsteigen sah. Er kroch sie auf den Knien hinauf. Oben angelangt,
fand sich eine mitleidige Seele, die sich seiner erbarmte und ihn an Bord der Gapricorn brachte.
    «Sie sehen ja völlig erschossen aus»,
stellte Mr. Clarke mitfühlend fest. «Soll ich Ihnen ein Handtuch holen?» Mr.
Pringle nickte nur, er war noch viel zu sehr außer Atem, um sprechen zu können.
Außer Mr. Clarke schien niemand an Bord zu sein, überall standen die Türen
offen, um die Luft zirkulieren zu lassen. Mr. Clarke kam mit einem Handtuch
zurück, das er in der Pütz gefunden hatte. «Geht das?» Es war ein Handtuch von
Matthew, aber das war ihm nun wirklich völlig egal.
    «Danke.» Er wischte sich das Salz ab
und griff dann nach seiner Brille. Dankbar registrierte er, daß das Sonnensegel
gesetzt war, und rückte sich einen Stuhl in den Schatten. Er versuchte,
möglichst langsam zu atmen.
    «Sie sehen aber immer noch sehr k. o.
aus», sagte Mr. Clarke besorgt. «Ich glaube, etwas zu trinken würde Ihnen
guttun.» Erneut verschwand er nach unten und kam gleich darauf mit zwei
gekühlten Dosen Bier zurück. «Wenn Sie gestatten, trinke ich eins mit.» Mr.
Pringle nickte. Es war ihm völlig egal, was Mr. Clarke tat, wenn bloß endlich
der Schmerz in seiner Brust nachließe.
    «Ich hatte gehofft, Miss Hurst
anzutreffen.» Mr. Pringle war immerhin schon wieder so weit, daß er antworten
konnte.
    «Sie und Matthew werden wohl einen
Spaziergang machen. Sie hat sich heute den ganzen Tag über noch sehr elend
gefühlt... Vermutlich hat sie etwas Falsches gegessen.»
    «Ah so.» Beide Männer dachten an den
unerfreulichen Zwischenfall im Restaurant in Levkas.
    «Ich habe nämlich ihren Vater gekannt,
müssen Sie wissen», fuhr Mr. Clarke fort, «Leonard Hurst. Wir waren zusammen im
Krieg.» Mr. Pringle war einer jener Menschen, denen auf Schritt und Tritt
irgendwelche Geschichten anvertraut werden: in Waschsalons, in Zügen — wo auch
immer. Auch Mr. Clarke verspürte plötzlich den Wunsch zu reden, obwohl er ein
eher zurückhaltender Mensch war. Die Geschichte, die er erzählte, die
Geschichte einer kleinen Heldentat, hatte sich

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